"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
Wetterphänomene erweist sich eine Tartanbahn bestimmt als konstantere und sauberere Laufunterlage. Aber hier haben die Helfer wieder unmittelbar reagiert und umgehend eine Pumpe herangeschafft, um die Wassermassen von der Bahn zu zaubern. Daneben wurde zusätzlich mit Besen und Eimern gearbeitet, um die Bahn wieder gut passierbar zu machen.
Die Arbeit der Physiotherapeuten Mike und Leif war gar nicht mehr mit Worten zu beschreiben. Ihre Arbeit lediglich als großartig zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung. Sie standen den Läufern Tag und Nacht mit vollem Einsatz zur Verfügung, nicht nur mit ihren Händen, ihrem professionellen Können, sondern auch mit immer wieder neuen, spontanen Ideen und vor allem viel Empathie. Sie haben uns unglaublich viel Wohlbefinden bereitet mit ihrem Reha- Pen aus Edelstahl, den Muskelauflockerungen und der Begünstigung des Lympheabflusses. In unseren Pausen hatte ich das Gefühl, endlich einmal im lange verdienten Wellness-Urlaub zu sein – und das bei einem Sechs-Tagelauf!
Einmal hat Leif abends meine Beine massiert, während ein Lehrling mir gleichzeitig eine Fußreflexzonenmassage gegeben hat. Herrlich! Sogar gegen die Blasen hatte Leif eine besondere Methode. Einen Baumwollbindfaden mit Knoten an beiden Enden hat er als Drainage durch eine besonders große gelegt. Dadurch konnte die Flüssigkeit ablaufen, die Haut aber nicht wieder zuwachsen. Zur Säureregulierung haben die beiden uns immer regelmäßig Basica an die Strecke gebracht. Bei zu großer Hitze, einmal wurden sogar über 50° C auf der Bahn gemessen, hat Leif mich in einem kalten basischen Bad so stark heruntergekühlt, dass ich danach vollkommen frisch wieder auf die Bahn konnte. Vorher hatte ich eine Stunde im abgedunkelten Raum ohne jegliche Bewegung unerträglich geschwitzt.
Mike und Leif ist es sogar gelungen, meine chronischen Schmerzen am Fuß zu heilen. Ein Orthopäde sowie ein Radiologe hatten zuvor unisono behauptet, dass man bei Überlastungsschäden im Fuß nichts machen könne, außer eben weniger zu laufen. Diese Info hat Mike kopfschüttelnd aufgenommen und den Fuß sofort behandelt. Schon nach der ersten Behandlung war eine sofortige Linderung zu spüren. Unter der enormen Belastung haben die beiden es durch wiederholte Anwendungen geschafft, die Schmerzen endgültig wie überflüssigen Ballast zu entsorgen. Sie sind bis heute nicht wiedergekehrt.
Das folgende Phänomen war wohl das Interessante an diesem Lauf. Man schaltet irgendwann wahrscheinlich wie in Meditation so ab, dass man selbst das Offensichtliche seines Tuns, nämlich das stupide Kreisen auf der Aschenbahn gar nicht mehr als solches wahrnimmt. Jeder hatte seine Mechanismen gefunden, um vom Kopfher die „immer währende Runde“ zu bewältigen. Ich habe mich immer wieder auf die volle Stunde gefreut, um dann bald wieder den Fortschritt an der Zeitnehmertafel dokumentiert zu sehen. Danach habe ich mich gezwungen, die Uhr nicht mehr so richtig zu beachten bis zwanzig nach. Dann konnte ich schon wieder sagen: „Na also, ein Drittel der Stunde ist schon wieder um! Kurz darauf war auch die Hälfte schon wieder geschafft. Bei vierzig folgte nur noch das letzte Drittel, bei 45 wurde es lockerer, da das Ende ja schon in Sicht war. Bei 50 war die Freude groß, fast wieder eine Stunde bewältigt zu haben. Und kurz darauf war es schon wieder 12 nach und dann 20 wieder nicht weit. Dieses Spiel, ich weiß nicht, wie oft ich es im Geiste gespielt habe.
Nach sechs vollen Stunden jeweils waren die Richtungswechsel immer von besonderer Begeisterung gekrönt. Die Helfer haben sich am Wendepunkt aufgestellt und alle Läufer mit Abklatschen in die neue Richtung verabschiedet. Welche Freude im monotonen Bahngeschehen, alle entgegenkommenden Mitläufer durch Abklatschen zu begrüßen und immer wieder erneut zu würdigen.
Am Mittwochabend kam eine große Laufgruppe aus Hamm, die „Radbod-Runners“, zur Unterstützung vorbei. Sie schienen großen Respekt vor unseren Leistungen zu haben und liefen zeitweilig mit auf der Bahn und machten La-ola-Wellen am Bahnrand. Dadurch konnten wir alle aufgrund des größeren Spaßfaktors schneller rennen oder zumindest leichter vorankommen. Gerne hätten wir sie zwischendrin nochmals begrüßt. Aber sie nahmen erst wieder an der Siegerehrung teil.
Schon oft hatte ich gelesen, dass sich bei Mehrtagesläufen am dritten Tag der alles entscheidende psychologische Knackpunkt einstellt. Bei mir kam er am Ende der vierten
Weitere Kostenlose Bücher