"Ich laufe, um zu laufen ...": Eine Frauen-Laufen-Anthologie (German Edition)
mehr, er knurrt mittlerweile beharrlich. Schildkröte gab mir den Tipp, unterwegs etwas Festes zu essen. Das war Neuland für mich, vom Marathon kenne ich das nicht. Meinem robusten Magen vertrauend griff ich zum Wiener Würstchen (neben Schleim, Zitrone mit Salz und diversen Getränken). Ich habe es langsam gekaut und nicht geschlungen, es blieb drin, verhinderte das weitere Zusammenschlagen der Magenwände und es hat mich nicht belastet. Das mit der Zitrone und dem Salz war ein Tipp, den ich mal gelesen hatte. Mein Fuß krampfte inzwischen und so hab ich dieses Wundermittel probiert. Neben meiner Bestellung beim Universum (kennt einer H.P. Kerkelings „Ich bin dann mal weg“?) hat es mich vor Krämpfen bewahrt. Dann nehmen wir mal die zweite der nicht mehr gleichgroßen Hälften in Angriff. Alles Paletti, es kann losgehen. Es wird spannend. Wie wird es nach 45 Kilometern? Mein nächstens Ziel sind die Kilometer 54,7 am Grenzadler, der Entscheidungsstelle über Aussteigen oder Weitermachen. Die häufige Frequenz der Verpflegungsstellen ist angenehm, immer eine kleine Etappe geschafft und das nächste Nahziel in Reichweite zu haben.
Nach der Neuen Ausspanne (40,8km) ging es richtig hoch auf die Schmalkalder Loibe (860 HM). Das war ein heftiger Anstieg, den ich zunächst noch mit dem Futter und den Getränken beschäftigt, hochwanderte. Dann ging es wieder leicht bergab. Inzwischen war der Marathon geschafft und es kamen ja nur noch 30 Kilometer bis zum Ziel.
Der Weg nach dem Marathon
Am Gustav-Freitag-Stein wurde schnell was getrunken und weiter ging’s. Und dann ging es auch schon bergab zum Grenzadler (54,7km/820HM). Hier war großes Tamtam und das Ziel der Wanderer. Zelte, Masseure, jegliche Art von Speis und Trank, Musik (aber kein Tanz)… Ich bin NICHT ausgestiegen. Das war auch nie meine Absicht, und es lief ja GUT! Keine Blasen, keine Krämpfe, keine harten Muskeln (außer im linken Bizeps!), mental noch gut motiviert hatte ich meinen energieoptimalen Rhythmus bei ca. acht km/h gefunden. Die Beine liefen und liefen. Unterhaltsam war’s ja auch mit den vielen netten Läufern, also, auf, auf.
„Die 18 Kilometer schaffe ich doch, das ist ja nicht mal ein Halber!“ Inzwischen waren 6:34 h vergangen. Sogar eine Zeit unter neun Stunden war noch möglich! Aber erstmal waren noch 6 Kilometer anstrengendes Profil bergauf zu laufen bis auf den Großen Beerberg, dem höchsten Punkt der Strecke. Von da an geht es nur noch bergab (weitestgehend). Zunächst ging es über einen Hügel und eine Brücke zum Rondell (56,8km/800HM), wo es wieder Getränke gab. Ich blieb inzwischen bei Wasser, geschüttelt – nicht gerührt. Dann kam der Anstieg auf den Beerberg. Kurz vor dem Gipfel konnten wir uns an der Suhler Ausspanne (60,2km/910 HM) noch einmal mit Getränkenstärken, ehe wir den letzten Anstieg nahmen. Die 974 Meter als höchster Punkt waren kurz danach erreicht. Dieser Punkt war bis auf das Schild aber eher unspektakulär, kein Panorama oder so. Wo ist Blänkners Aussicht?
Ich sehe auf die Uhr und liebäugele weiter mit den 9 Stunden. Von da an ging’s bergab. Und wie es bergab ging! Das tat meinen armen Oberschenkeln nun aber doch weh, die wurden langsam, aber sicher, fest. Bergab ist eh nicht so mein Ding, das geht ganz schön an die Substanz, zumal wenn die Kräfte nachlassen und das mit dem Abfedern nicht mehr so klappt. Ich sehnte jetzt allmählich das Ziel herbei. Obwohl, dass ich überhaupt so weit ohne größere Probleme komme, habe ich mir anfänglich nicht wirklich vorstellen können. Also, wer weiß, was noch möglich ist? Nach der Schmücke (64km) ging es von 910m auf 810m runter. Zuvor gab es jedoch noch mal was zu essen. Darauf habe ich erstmalig nicht mehr zugegriffen – ich hatte ja noch mein Powergel für die letzten Meter. Das sollte an der letzten Getränkestelle für den Endspurt sorgen. Bis zum Kreuzwegegetränkepunkt (68,2km/810HM) wurde es vorübergehend nochmals etwas flacher und nun kam die Wunderwaffe nebst Wasser (2 Becher) zum Einsatz.
Ziel, ich komme!
Das letzte Stück, 8:10 h waren vergangen, und immer noch die neun Stundeh in Reichweite. Liebes Universum, lass jetzt bloß nichts mehr passieren! Es kam ein sehr steiles Stück (auahaua, meine Beine), da hieß es Zähne zusammenbeißen! Auf der anschließenden flacheren Strecke begann das Gel seine Wirkung zu entfalten, es lief wieder flüssiger. Wo verdammt war Kilometer 70? Das muss so an dem Liftgewesen sein – aber das
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