Ich leg dir die Welt zu Fuessen
bedeutete das? Ängstlich darauf bedacht, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, setzte sie energisch hinzu: „Wenn du nichts dagegen hast, ziehe ich mich jetzt an. Und dann reden wir über den eigentlichen Grund meines Kommens.“
„Schickst du mich etwa vor die Tür?“
„Aber natürlich.“
„Ich würde nichts sehen, was ich nicht schon gesehen hätte …“ Und liebend gern wiedersehen würde. Doch er fügte sich ihrem Willen, auch wenn er sich dabei wie ein Verlierer vorkam. „Dort ist das Bad. Du kannst duschen oder ein Bad nehmen, wenn du willst. Ich werde dich nicht stören.“
Als sie einige Zeit später aus dem Schlafzimmer kam, hatte er Kaffee zum Wachwerden aufgebrüht. Er saß auf einem der Ledersofas, verzog aber keine Miene, als Lizzy mit Bedacht den gegenüberstehenden Sessel wählte.
Ihr frisch gewaschenes Haar, das sich in feuchten Locken um ihr Gesicht ringelte, verströmte den sauberen Duft seines Zedernholzshampoos. Sie schien keine Probleme damit zu haben, sich ihm völlig ungeschminkt zu präsentieren. Ihre Frische und Natürlichkeit wirkten so anziehend, dass Louis kaum den Blick von ihr abwenden konnte.
„Also nochmals vielen Dank, dass du meine Mutter angerufen hast. Ich fürchte, sie hat nicht besonders freundlich auf dich reagiert …“
„Sie war genau wie du der Meinung, dass es meine Schuld sei, dass Nicholas und Rose sich getrennt haben. Ich habe inzwischen mit Nicholas telefoniert.“
„Und?“
„Er musste Hals über Kopf nach London zurück, weil es in einem Gebäude, dessen Bausubstanz er geprüft hatte, einen Unfall gegeben hatte. Wie sich herausstellte, traf ihn keinerlei Schuld, denn der Verunglückte hatte grob fahrlässig gehandelt. Aber er wollte sich vergewissern, dass der Mann gut versorgt ist.“
Lizzys Groll auf Nicholas schwand. „Und Jessica?“
„Jessica manipuliert die Wahrheit, wie es ihr gerade passt“, meinte er ärgerlich. „Aber ich habe deine Mutter nicht wegen Nicholas, sondern wegen Freddy angerufen.“
„Ja, ich weiß. Sie klang nicht mehr ganz so panisch, als ich das letzte Mal mit ihr sprach.“
„Das war der Zweck der Übung. Übrigens, Nicholas hat sich inzwischen mit Rose ausgesprochen. Jessica hatte ihm erzählt, Rose habe ihr anvertraut, sie wolle sich von ihm trennen, wisse aber nicht, wie. Nicholas, rücksichtsvoll wie immer, beschloss, ihr Zeit zum Nachdenken zu geben. Deshalb stürzte er sich in England erst einmal in die Arbeit. Er hoffte, Rose würde ihn irgendwann anrufen. Was sie natürlich nicht tat, weil sie ja glaubte, er hätte sie fallen gelassen.“
„Und das alles wegen Jessica. Warum tut sie das?“
„Sie verfolgt ihre eigenen Pläne.“
„In denen du eine zentrale Rolle spielst.“ Lizzys Wangen röteten sich, ihre Augen blitzten. „Warum tust du der armen Frau nicht endlich den Gefallen und heiratest sie? Sie passt doch perfekt in dein Raster.“
Louis, der sie aufmerksam beobachtete, erwiderte ruhig: „Weil ich inzwischen ernsthaft daran zu zweifeln beginne, dass dieses Raster so sinnvoll ist.“
Lizzy nahm sich fest vor, nicht schwach zu werden. Falls Rose und Nicholas tatsächlich heirateten, würde Louis von nun an mehr oder weniger zu ihrem Leben gehören. Bei jedem Familienfest liefe er ihr über den Weg, was immer er tat und mit wem er zusammen war, es würde ihr zwangsläufig zu Ohren kommen.
In einer Schreckensvision sah sie sich selbst als verhärmte alte Jungfer, die ohnmächtig zusehen musste, wie der großartige Louis eine standesgemäße Frau heiratete und eine Schar wohlgeratener Kinder zeugte. Louis würde ihr ganzes Leben lang wie ein Gespenst im Hintergrund lauern und sie auf ewig daran erinnern, wie dumm und unüberlegt sie gehandelt hatte.
Sie durfte sich also nicht davon erweichen lassen, dass er jetzt andeutete, seine Kriterien hätten sich gelockert. Kein bisschen.
„Ach wirklich? Nun, das ist deine Sache. Aber du scheinst ihr sehr wichtig zu sein, wenn sie bereit ist, andere ins Unglück zu stürzen, um dich zu bekommen. Dachte sie, du würdest sie lieber mögen, wenn Rose aus dem Weg wäre?“
„Sie hoffte, bessere Chancen bei mir zu haben, wenn Nicholas nicht Rose, sondern meine Schwester heiraten würde. Anscheinend hat sie sich da irgendwelche Illusionen gemacht, aber glaub mir, von denen habe ich sie gründlich kuriert.“
Lizzy stellte sich bildhaft vor, wie Louis die zeternde Jessica an ihrem langen Blondhaar aus dem Reich der Illusionen hinaus in die raue
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