Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Liane wissen, während sie auf einem steinigen Fußweg neben ihm herlief, »hast du dich abgewendet?«
»Im Moment wende ich mich dir zu.« Er lächelte, aber sein Lächeln war freudlos. Er hat schon gemerkt, dass ich nicht die Richtige bin, dachte Liane, enthielt sich aber eines Kommentars. Außerdem war es viel zu schön hier, um über traurige Dinge zu sprechen. Sie hatte den Grund, weshalb sie hier war, auch in ihr letztes Gehirnstüblein verdrängt: Riley, der Einbruch, die Unsicherheit, ob die Täter wiederkommen würden, ob sie sie vielleicht sogar hier im Paradies aufstöbern würden.
»Das ist er also, der geheimnisvolle Felsen!«
Sie blieb stehen und schaute aufs Meer. Von hier aus sah sie den steinernen Wehrturm, der irgendwie unheimlich aussah, und dahinter die sagenumwobene Insel mit ihren steil abfallenden Felswänden. Die Sonne tauchte die Insel in goldenes Licht. Liane spürte, dass dieser Felsen mitten im Meer etwas Besonderes an sich hatte. Kein Wunder, dass sich so viele Geschichten um ihn rankten und er Ibizas Wahrzeichen war.
Oliver drehte sich nach ihr um und kam die wenigen Schritte zu ihr zurück. »Dein Gesicht sieht in diesem Licht phantastisch aus«, sagte er leise. »Weich und versonnen, ein Schimmer Abendlicht auf deiner Haut, schöner, als es von Rouge je sein könnte.«
Er stand so dicht vor ihr, dass sie die Stärke seines neuen Hemdes riechen konnte.
»Darf ich dich küssen?«
Hatte ein Mann sie das jemals gefragt? Die meisten taten es einfach. Er wartete ab, und sie reckte sich ihm entgegen. Ja oder nein, dachte sie, was soll’s, dieser Moment ist unwiederbringlich, die Sekunden des Lebens laufen mir davon, wenn ich nicht aufpasse.
Er schloss sie in die Arme und küsste sie weich und gefühlvoll, völlig anders, als sie es erwartet hätte. Bevor der Kuss mehr werden konnte als ein Kuss, löste Oliver seine Lippen, gab ihr nur noch kurz einen Kuss auf die Stirn. Er blieb neben ihr stehen, einen Arm um ihre Schulter gelegt, und blickte zum Felsen hinüber. »Stell dir vor, was dieser Felsen schon alles gesehen hat und welche Phantasien er ausgelöst hat. Märchen und Mythen, Sagen und Gespenstergeschichten, und sogar auf ein CD -Cover von Mike Oldfield hat er es geschafft. Manchmal denkt man, er müsse aufstehen und sich schütteln.«
Liane musste lachen. »Ja, aber vielleicht ist er ja wirklich ein Fels, der eine magische Anziehungskraft hat, weil er tatsächlich vom Himmel gefallen ist.«
»So wie das Christkind zum Fenster hereinkommt.«
»So ungefähr …«
Er drückte ihr noch einen Kuss auf die Stirn. »Schade, Liane, dass du dich nicht in mich verliebst. Ich könnte mich problemlos in dich verlieben.«
Liane sah ihm in die Augen. »Du wirst es nicht glauben, aber vor wenigen Tagen noch war mein großer Vorsatz, mich wieder einmal so richtig zu verlieben.«
»Und was ist daraus geworden?«
Mit einem leichten Seufzer schüttelte sie den Kopf. »Ich kann es nicht. Es ist nicht zu fassen. Irgendetwas hindert mich daran. Dabei wäre es doch wunderschön. Jetzt, mit dir …«
»Du bist nicht frei. Oder du machst dich nicht frei. Oder beides. Vielleicht hast du aber einfach noch nicht den Richtigen getroffen.«
»Ich weiß es auch nicht.«
Hand in Hand gingen sie weiter. Liane dachte an Marius, der heiß verliebt war. Ausgerechnet in Cindy. Hinderte sie das daran, sich selbst zu verlieben? War sie am Ende sogar eifersüchtig? Und warum hatte sie Marius aus einem Impuls heraus nach Atlantis bestellt? Wollte sie den beiden eins auswischen und ihnen ihre eigene große Chance vorstellen, den Privatier Oliver? Vier Turteltäubchen auf Augenhöhe? Aber sie kannte sich besser, und sie wusste, dass da noch etwas anderes war, etwas, das selten zum Ausbruch kam, aber trotzdem da war: ihr Jähzorn und ihre Zerstörungswut. Wahrscheinlich wäre sie sogar dazu in der Lage, Cindy von einer Klippe zu stoßen.
»Brauchst du noch Zeit?«, wollte Oliver wissen.
»Nein, ich brauche die richtigen Gefühle«, sagte sie und bedauerte sofort, es so schroff gesagt zu haben.
Seine Hand zuckte leicht in ihrer. »Du weißt aber schon«, sagte er beiläufig, »dass Es Vedrà auch Verführungskraft haben soll, weil angeblich Tanit, die karthagische Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin, in dem Felsen lebt?«
»Ich lasse es darauf ankommen«, meinte Liane versöhnlich, und weil der Weg immer steiler bergab ging, fügte sie hinzu: »Weißt du denn, wo dieses Atlantis genau liegt?«
»Die
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