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Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Ich liebe dich, aber nicht heute: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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hatte irgendetwas mit den drei männlichen Triebfedern Sex, Macht und Gier zu tun. Sie fand die Toilette, wusch sich aber nur die Hände. Dafür sah sie sich lange im Spiegel an. Das war sie, Liane. Doch was wollte sie? Dort oben saß ihr Mann, offensichtlich verliebt in Cindy. Und daneben Oliver, der sich offensichtlich gerade in sie verliebte. Und sie selbst? Was fühlte sie? War sie sauer oder traurig oder aufgebracht? Nichts davon, stellte sie fest. Nichts von all dem. Sie spürte eine Gleichgültigkeit, die ihr Angst machte. Diese Gleichgültigkeit umgab sie wie ein alter Mantel aus Müdigkeit, Sinnlosigkeit und Lustlosigkeit. Was war nur los mit ihr? Sie dachte an Jochen und an ihr lustvolles Abenteuer mit ihm. Aber hier, in dem gekachelten Raum und dem grellen Licht, stellte sich kein erotisches Bild ein, die Gedanken hinterließen eher einen faden Nachgeschmack. Hatte sie ein Problem, weil Cindy sie offensichtlich ausstach, schlagfertige, freche Kommentare auf den Lippen hatte – und dazu einen jungen, makellosen Körper? Maß sie sich insgeheim mit Cindys Vorzügen und kam sich abgemeldet vor?
    Nein, entschied sie, dazu musste erst mal feststehen, dass Marius diese Frau wirklich liebte!
    In diesem Moment fiel Liane der Satz wieder ein: Der Sexualtrieb findet immer einen Weg am Gewissen vorbei. Ja, genau, das hatte sie damals in Bezug auf Silvio Berlusconi gelesen, und das hatte was! Sie wiederholte den Satz und spürte, wie ihre gute Laune unerklärlicherweise zurückkehrte. Dabei traf der Satz ja auf keinen von ihnen zu. Zumindest nicht in dieser Konstellation. Liane lächelte ihrem Spiegelbild zu, zeichnete mit dem feuchten Zeigefinger kurz ihre Augenbrauen nach, fuhr sich mit zehn Fingern durch die Haare und fand, dass sie ganz gut aussah. Jedenfalls gut genug für die Welt, in der sie lebte. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging sie zurück ins Restaurant. Der Kreis um den Fernsehapparat hatte sich gelichtet, es liefen Nachrichten. Liane blieb kurz stehen, weil Barack Obama im Bild war, aber der spanische Dolmetscher übertönte den amerikanischen Originalton, und Liane konnte nichts verstehen.
    Sie wollte schon weitergehen, als die Nachrichtensprecherin mit einem leicht ironischen Gesichtsausdruck den nächsten Beitrag ankündigte und Liane den Namen Alexej Komarow hörte. Alexej Komarow? Sie ging einige Schritte näher an den Bildschirm heran. Ein Foto wurde gezeigt. Zwei Männer in einer leidenschaftlichen Umarmung. Liane kannte die Aufnahme. Und gleich darauf das zweite, nicht weniger kompromittierende Foto. Von Andrej Komarow sah man alles, auch die offene Hose, das Gesicht seines Partners dagegen war geschwärzt worden. Liane stand wie erstarrt, und ihr Herz hämmerte wie wild. Woher kamen diese Fotos jetzt? Hatte Riley … war ihm vielleicht sogar etwas zugestoßen? Sie versuchte mit aller Macht zu begreifen, was die Nachrichtensprecherin zu diesen Bildern sagte, aber sie hatte nur Französisch gelernt und verstand nichts außer einzelnen Wörtern. Gleich danach kam ein Bericht zu Waldbränden in Australien, und Liane griff nach ihrem Handy, das in der tiefen Rocktasche ihres neuen Kleids steckte. Riley! Sie musste ihn erreichen! Aber sie landete nur auf seiner Mailbox. Liane entschied sich für eine SMS : »Ruf mich bitte sofort an!« Sie wartete, bis die SMS gesendet war, und ging zurück an den Tisch. Ihr Puls schlug noch immer heftig, und diese Fotos in den spanischen Nachrichten ließen das Liebesärgernis am Tisch nun wie eine Bagatelle aussehen.
    »Du siehst so unternehmungslustig aus«, begrüßte Oliver sie. »Wie Aphrodite im Wind«, fügte er mit einem wohlwollenden Lächeln hinzu.
    Genau, dachte Liane, ich fühle mich ziemlich durch den Wind, und bedankte sich mit einem angedeuteten Kuss. Der Aperitif stand schon da, die Männer hatten sich ein Pils bestellt, für die Damen gab es ein Glas Champagner. Liane hätte ein Pils vorgezogen, aber da sie bei der Bestellung nicht dabei gewesen war, sagte sie nichts, sondern freute sich artig.
    »Auf den wunderschönen Abend.« Marius hob das Glas.
    »Und auf die folgende Nacht«, fügte Cindy hinzu.
    »Auf unsere traumschöne Bekanntschaft«, ergänzte Oliver und sah dabei Liane in die Augen.
    »Auf die Liebe!« Liane nickte und dachte dabei unentwegt an Riley. Oliver legte ihr die spanische Speisekarte vor und übersetzte, was er für sie zusammengestellt hatte. Liane hörte aber kaum zu, sondern wartete auf ein Brummen ihres Handys, das

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