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Ich liebe dich nicht, aber ich möchte es mal können

Titel: Ich liebe dich nicht, aber ich möchte es mal können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Korber
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Kindern über den Expartner, auch wenn Frust und Enttäuschung einen gerade auffressen, und begrüßt sich mit Anstand an der Tür, wenn man die Kinder abholt, selbst wenn man es nicht schafft, dem anderen dabei in die Augen zu sehen. Ansonsten aber versucht man, einander aus dem Weg zu gehen. Distanz hilft. Es dauert ohnehin lange genug, bis alle Wunden heilen, die Wut erlahmt und man im Kopf frei davon wird, sich mit dem gescheiterten Lebensentwurf und allen Fragen, die man in Verbindung damit wälzt, wieder und wieder auseinanderzusetzen.
    Hat man einen Autisten in der Familie, ist das alles nicht ganz so einfach. Simon etwa ließ sich in der ersten Zeit von seinem Vater nur im Rahmen des als sicher erfahrenen neuen Zuhauses betreuen, also bei mir. In unserem früheren, nunmehr leer geräumten Haus mit seinen hallenden Zimmern, wo nur noch in zwei Räumen Möbel standen, hielt er es nicht gut aus, anfangs gar nicht, über Monate hinweg nicht über Nacht. Wollte ich also einmal freie Zeit, und das wollte ich allerdings – einfach mal durchatmen, schlafen, eventuell sogar ausgehen? –, dann musste ich akzeptieren, dass sein Vater sich in dieser Zeit in meiner Wohnung aufhielt.
    Das war auch für ihn sicher nicht einfach, für mich war es schlicht unerträglich, wie ein ständiger Hautausschlag, die Zerstörung meiner Zuflucht. Kein Zimmer war vor den beiden sicher. Auf dem Umweg über unser Kind wohnte mein Exmann quasi bei mir. Dass er seine Wäsche in meiner Maschine wusch, hatte ich ihm angeboten, es schien mir vernünftig. Dass er sich am Kühlschrank bediente, nahm ich zähneknirschend hin. Dass wir an manchen Abenden wie in kaum vergangenen Zeiten schon wieder alle gemeinsam vor dem Fernseher hockten – gab es eine Alternative? Gleichzeitig war ich ständig damit beschäftigt, zu grübeln, ob die aktuell stattfindende Grenzüberschreitung, oder das, was ich als solche empfand, nun quälerische Absicht war oder nur gedankenlos oder ob es einfach nicht anders ging.
    Wenn ich das nicht erleben wollte, musste ich ausgehen, auch wenn mir gerade nicht danach war und ich eigentlich nur gern auf dem Sofa gelegen hätte. Ich beendete diesen Zustand, sobald Simons Befindlichkeit es irgendwie erlaubte. Von da an brachte ich ihn für die freien Abende und den Samstag zu seinem Vater, den ich bat, nicht mehr über meine Schwelle zu treten, wie ich auch nie über seine trat.
    Damit blieben als Hürde auf dem Weg, den Kopf freizubekommen für so etwas wie einen Neuanfang, nur noch die sechs Bring- und Abholtermine pro Woche. Bei denen ich vor der alten Haustür den Flaschenmüll überquellen sah von leeren Pfirsichsekt-Flaschen. Und dann natürlich die Nachbarn. »Ach Tessy, du Arme«, kam es auf mich zugeschossen, kaum dass ich auf der Straße stand, um mir mit dem nächsten Atemzug ungefragt mitzuteilen: »Was soll ich sagen, schon die dritte. Und alle sehen gut aus.« Danke vielmals.
    Schien ganz so, als hätte er sein verwundetes Ego erfolgreich gekittet. Was sollte ich mit meinem tun? Nach Sekt war mir zwar nicht zumute, schon gar nicht mit Pfirsichgeschmack, verliebt jedoch hätte ich mich gerne einmal wieder.
    Allerdings stellte sich die Frage, in wen. Zwar hielt ich Ausschau, ich schätze mal, kein männliches Wesen, das meinen Weg kreuzte, entging mir in dieser Phase, und schon dafür hasste ich mich, für dieses Suchen, die verdammte Bedürftigkeit. Aber das Schauen allein brachte keine Ergebnisse. Alle rieten mir, ich solle mir Zeit lassen. Sie hatten ja so recht. Ich wusste, dass sie recht hatten mit ihren guten Ratschlägen, die da lauteten: Erst mal zu sich kommen, die Wunden lecken, nicht den Erstbesten zur Selbstbestätigung nehmen, der eigene Wert bemaß sich ja bekanntlich nicht nach dem Interesse der Männerwelt, nicht wahr? Lieber die eigene Mitte wiederfinden, an sich arbeiten, o ja, und vor allem: nicht in einen Wettbewerb mit dem Ex treten.
    Nein, nein, sagte ich laut, das täte ich nie. Niemals, ich doch nicht. Das war ja klar. Das wäre ja am allerlächerlichsten. Ich fand sehr vernünftig, was meine Freundinnen mir erklärten, nein, mehr als das, es war wahr. Aber es half leider nichts. Ich war so dumm und ging ins Netz.
    Tendenziell glaubte ich zwar eher, dass man richtige Männer im richtigen Leben fand, nicht im virtuellen. Nur: Ein richtiges Leben hatte ich ja in

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