Ich liebe mich... Sabrina (German Edition)
Mama und Paps waren ängstlich und wir mussten versprechen, den Versuch sofort abzubrechen, falls es nicht gelang, das Leben in Claudis Wohnung zu organisieren. Am Tag des Umzugs packten wir unsere Sachen und luden sie in Paps Auto. Wir hatten wirklich Mühe, alles unterzubringen, schließlich wollten wir nicht zweimal fahren. Paps fuhr uns mit seinem Wagen nach Bad Harzburg. Blackie blieb aus Sicherheitsgründen auf dem Grundstück in Goslar, weil Claudi keine Garage hatte.
Mama und ich hatten vor einigen Tagen die Wohnung auf Vordermann gebracht und den Eisschrank frisch gefüllt. Die Fenster waren geputzt und das Bild an der Wand von Bonny, ihrem Wallach, hatten wir in eine Schublade gelegt, um nicht gleich alte Wunden aufzureißen. Als wir die Tür aufschlossen, standen ein wunderschöner Blumenstrauß und eine selbstgebackene Marzipan-Nuss-Torte der Nachbarin auf dem Tisch. Ihre Etagenmitbewohnerin, Gisela Herebrandt, hatte einen Schlüssel. Von Mama hatte sie erfahren, wann Claudi heimkehren würde.
Claudi war gerührt und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Papa brachte einige Taschen aus seinem Auto herauf. Claudi ging von einem Raum zum andern, beide Fäuste selig auf ihrer Brust verschränkt. »Kinder, das ist wie der Beginn eines neuen Lebens!«, rief sie aus und sah uns alle dankbar an.
Wir übten in den nächsten Wochen, ihren Tagesablauf zu organisieren. Ich hatte keinen Zweifel mehr, dass Claudi wieder fast die alte werden würde. Ich bewunderte ihre Tapferkeit und ihren eisernen Willen. Sie hatte sich nicht unterkriegen lassen. Ihre Chefin hatte mit ihr gesprochen und sie waren übereingekommen, dass Claudi ab Anfang Januar wieder stundenweise arbeiten würde.
Anfang November traute ich mich dann, sie sich selbst zu überlassen und fuhr heim zu Peter. Er war an allen Wochenenden nach Goslar gekommen.
Alles schien gut.
Wer mir trotz alledem Sorgen bereitete, war Conny. Sie hatte sich in der Zwischenzeit nicht bei mir gemeldet und die beiden Male, in denen ich sie auf der Arbeit angerufen hatte, war sie kurz angebunden gewesen und hatte mir den Eindruck vermittelt, als ob sie gerade nicht sprechen konnte. Irgendetwas war nicht in Ordnung, das spürte ich genau.
Als ich aus Goslar zurück war, rief ich sie an, um mich mit ihr zu einem Spaziergang zu verabreden. Sie willigte ein. Mitte November trafen wir uns dann an einem Samstagmorgen am Anfang des Waldweges auf dem wir früher schon manchmal gemeinsam gejoggt waren.
Das Wetter war herbstlich frisch und der herrschende Wind zerrte die letzten Blätter von den Bäumen. Conny sah schlecht aus, sie hatte dunkle Ränder unter den Augen. Bei unserer Begrüßung war sie ungewöhnlich distanziert, fast als träfe sie eine Fremde. Sie trug einen hellbeigen, langen Kaschmirmantel, mit dem sie sehr elegant aussah, hier im Wald jedoch eigentümlich deplatziert wirkte. Ich hatte mir in Anbetracht des ungemütlichen Herbstwetters eine sportliche Steppjacke mit Schal und Stiefel angezogen. Wir marschierten los. »Du siehst ja richtig elegant aus, wow!«, versuchte ich, ein Gespräch in Gang zu bringen.
»Findest du?«, dabei bedachte sie mein Outfit mit einem abfälligen Blick. »Wundert mich, dass du nicht in Leder gekommen bist, da stehst du doch jetzt drauf, oder?«
Ich schluckte. Daher also wehte der Wind, wusste ich's doch! »Was soll das denn jetzt, Conny, habe ich dir etwas getan?«
Sie blieb stehen, allzu weit waren wir noch nicht gekommen. »Mir vielleicht nicht, aber hast du mal darüber nachgedacht was du mit Peti machst? Schämst du dich gar nicht?«
Ich war baff. »Was mache ich denn mit Peter?«, wollte ich wissen.
»Ach, tu doch nicht so - zum Affen machst du ihn! Ich habe ihn in Köln mit einem Trike üben sehen und hatte ihn zunächst gar nicht erkannt. Das kann doch überhaupt nicht wahr sein, dass ein Mann wie Peti so etwas mit sich machen lässt!«, fuhr sie mich an. »Nur weil du Hormonschübe hast und einen auf gelangweilte Ehe-Mieze machst, zwingst du Peti zu solchen Lächerlichkeiten. Er liebt dich dummerweise und genau das scheint sein Untergang zu werden!« Die letzten Sätze hatte sie mir so gehässig an den Kopf geworfen, dass ich nicht wusste, wie mir geschah!
Ich ärgerte mich in dem Moment über mich selbst, dass ich mich nicht besser beherrschen konnte und in wildem Zorn jäh aufbrauste: »Was bildest du dir eigentlich ein?«, schrie ich sie an.
Weitere Kostenlose Bücher