Ich liebe mich
dankbar gewesen wäre.
»Du hast ein sehr modisches Jahr, Papi. Zuerst Jodler, jetzt Playboy.«
Hilde wunderte sich. Im Dirndl. Und im Interesse der Firma. Der Chef im Blazer, sommerlich-sportlich, das konnte nur daher rühren, daß er sich wieder besser fühlte.
Babettes Wirtin, die ihm auf zweimaliges Klingeln öffnete, blieb unbeirrt mürrisch. Sie vermietete drei Zimmer. Klein, rund, durch eine Wickelschürze röhrenhaft, gehörte sie zu jenen Altvermieterinnen, die versäumte Jugendsünden damit kompensieren, daß sie ihre Mieterinnen nach Kräften davor bewahren. In der dunklen Diele roch es wie im Treppenhaus: nach Wirsing. Nur intensiver. Babette erschien, stellte ihn, ohne seinen Namen zu nennen, als ihren Onkel vor, sagte familiär >Bitte, komm rein<, dankte der Wirtin, ihm aufgemacht zu haben, und schloß behutsam die Tür.
Ohne Umschweife kam er zur Sache, sagte, was er sich überlegt hatte, betont geschäftsmäßig, mit dem Hinweis, nicht viel Zeit zu haben. Noch ehe Babette sich äußern konnte, klopfte die Wirtin und rief sie ans Telefon. Ärgerlich nahm er das Zimmer wahr, für das er aufkam, ohne es bisher gesehen zu haben. Es war nicht gerecht, daß Möbel dieser Art die Bombennächte überdauert hatten. In einem solchen Zimmer mußte ein Filmangebot wie der Blitz einschlagen. Es waren die Umstände. Glücklicherweise. Babette kam zurück, abgelenkt, er begann von vorne. Als er fragte, was sie ihm zu erwidern habe, klopfte die Wirtin. Telefon. Diesmal dauerte es länger. Er hatte Zeit, sich albern vorzukommen. Darauf wiederholte sich ihr Dialog mit umgekehrter Rollenverteilung: Sie rekapitulierte, er war abgelenkt. Nur die Wirtin blieb bei ihrem Text.
»Fräulein Babette, Telefon!«
Diesmal nutzte er die Wartezeit, um sich aufzuladen, seinen Vorschlag knapper zu fassen, telefonsicher. Umsonst. Babette hatte einen erstaunlich großen Bekanntenkreis in der kurzen Zeit. Ob sich diese Telefoniererei nicht verschieben lasse? fragte er. Er habe doch, wie gesagt, wenig Zeit. Man könne sich verleugnen lassen. Oder seien ihr am Ende die Anrufe wichtiger als sein Vorschlag?
»Meine Kollegen helfen mir eine Arbeit suchen, eventuell auch ein hübscheres Zimmer. Sie sind alle rührend. Da muß ich erreichbar sein. Ist es nicht schön, daß ich so gute Freunde habe?«
Diesmal klopfte die Wirtin nicht.
»So, der wird dem Herrn Onkel guttun! Bei Familienbesuch gibt’s bei mir prinzipiell Kaffee. Die Herren Freun-derln wenn kommen — da gibt’s natürlich nichts. Da wird nur drauf geachtet, daß sie nicht zu lang bleiben.«
War es ein Wink? Ein beruhigender Hinweis für den sorgenden Onkel? Er wußte es nicht und nickte entsprechend oft. Die Wirtin verstand ihre Bemerkung als wohlberechnete, in Jahren des Vermietens erprobte Aufmerksamkeit, um freundlich gesonnene Anverwandte bereit zu haben, an die sie sich wenden konnte, wenn ihre jugendlichen Mieter den Zins schuldig blieben. Umständlich erklärte sie ihre Freude, daß nach der Frau Tante, die sie ja schon kenne, nun auch der Herr Onkel, der Gatte dieser stattlichen und charmanten Dame, den Weg hierher gefunden habe.
Er nahm die Tasse, ein Vier-Farben-Schmuckstück, und nickte zu allem. Bis sie ging. Babette wartete seine Frage nicht erst ab.
»Herrenbesuche mag sie gar nicht. Das betrifft vor allem die beiden andern Mädchen, die hier wohnen.«
Er glaubte ihr gerne, machte Vorschläge, wie die Filmarbeit zu umgehen sei. Aber sie widerstand seinem Beschützerdrang und dies um so entschiedener, je verlockender sein Angebot ausfiel.
»Es ist wirklich schön von Ihnen, daß Sie mir die Filmgage quasi schenken wollen, aber ich muß die Rolle spielen. Ich hätte immer ein Schuldgefühl Ihnen gegenüber. Kennen Sie das? Es ist scheußlich! Und ich brauche noch manches, Kleider vor allem. Die andern Mädchen sind so schick! Wenn ich einmal auf der Leinwand war, bin ich als Fotomodell so gut wie gemacht. Und das ist der einzige Job, der für mich in Frage kommt. Bis ich meine Dolmetscherprüfung gemacht habe.«
Er beschwor sie, seinen Rat ernst zu nehmen, die Anfechtungen seien größer, als sie ahne. Gewiß, es stehe ihm nicht zu, über sie zu verfügen, aber schließlich sei er von ihrer Tante zu Rate gezogen worden, habe eine Verpflichtung übernommen und müsse nun zu seinem Wort stehen, was er, mit Freuden übrigens, auch tue.
Babette rechnet schon wieder, unüberhörbar diesmal, zählt, auf und ab gehend, unvermeidliche Anschaffungen auf, wie
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