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Ich liebe mich

Ich liebe mich

Titel: Ich liebe mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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hast?«
    Babette zieht die Schultern hoch, daß die beiden Viertelbögen am Halsansatz sich verziehen wie zu einem Grinsen. »Ich bin nur ehrlich.«
    Er muß sich einen Cognac gönnen.
    »Das schätze ich ja an dir, mein Kleines. Aber versetze dich mal in meine Lage: Da sehnt man sich zeit seines Lebens nach einem Geschöpf, von dem man immer geträumt hat. Und eines Tages begegnet man ihm, kann nicht fassen, daß es dasteht in Fleisch und Blut. Zögernd öffnet man sein Herz — sag jetzt nicht, ich sei sentimental —, findet den Glauben an die Menschheit wieder...«
    »Du bist sentimental!«
    »Gut. Dann bin ich eben sentimental. Ich rede nicht nur, wie ich fühle, ich handle auch danach, richte dir eine Wohnung ein, kaufe dir Kleider, versorge dich mit allem, was du brauchst, gebe dir Sicherheit...«
    »Und wenn deine Frau dahinterkommt? Schöne Sicherheit!« Ein Lächeln gelingt ihm. Zweifel zerstreuen — das kann er. »Aber Kleines! Hab doch Vertrauen! In diesem Fall würde ich selbstverständlich...«
    Babette wehrt ab. Mit beiden Händen.
    »Ich will nichts hören! Behalte deinen Charakter für dich. Was ich von dir habe, kannst du alles mitnehmen. Sofort! Samt dem Auto!«
    »Kleines, bitte! Nicht diesen Ton. Jetzt haben wir uns so nett unter...«
    »Den Kram kann ich jederzeit wieder haben!«
    Sie trinkt, er geht auf und ab, das Zimmer wird wieder enger. »Also doch dieser... dieser Bob?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Ein anderer?«
    Sie gibt keine Antwort.
    »Oder sind es mehrere?«
    Sie gibt keine Antwort. Er muß sich setzen, stützt den Kopf in die Hände, leidet überdeutlich. Sie geht aus dem Zimmer. Er fleht ihr nach:
    »Wo willst du hin? Kleines, bleib!«
    Sie sind im Badezimmer angekommen. Rauchend sitzt Babette auf dem Rand der Wanne.
    »Was willst du? Lauf mir nicht nach! Ich mag das nicht.«
    »Mein Gott, ich liebe dich! Ist das ein Verbrechen?«
    »Du gehst mir auf die Nerven.«
    Zurück. Im Gänsemarsch.
    »Hätt ich sonst getan, was ich für dich getan habe?«
    »Du hast getan, was Männer deines Alters tun, wenn sie ein Mädchen haben wollen. Ich war einverstanden. Du warst nett, großzügig, was dir nicht schwerfiel, und verheiratet, was auch seine Reize hat. Ich modite dich.«
    »Und jetzt?«
    »Was willst du hören?«
    »Kleines, warum willst du alles zerstören? Es war mehr, sehr viel mehr. Was habe ich für dich...«
    »Fang nicht wieder an, aufzuzählen. Die meisten Männer sind so dumm, daß man wirklich nur mit ihnen schlafen kann!«
    Affekt tröstet er sich. Affekt. Sie meint es nicht so, kann nicht beurteilen, was sie da sagt. Es ist so schwer, sich dieser Jugend verständlich zu machen. Er versucht es in väterlichem Ton.
    »Rauch nicht so viel!«
    »Ich tue was ich will.«
    »Du bist so verändert! Und ich hatte geglaubt, du würdest mich lieben, wie ich dich liebe. Was war ich für ein Narr.«
    »Du bist gar kein Narr, du bist ganz schön gerissen. Deine Frau hast du doch auch mal geliebt, oder?«
    »Das ist etwas völlig anderes...«
    »Natürlich! Was du, was deine Generation für Liebe hält, ist ein einziger Selbstbetrug! Wie kann sie sonst aufhören, nach allen Schwüren? Von einem Tag auf den andern! Der Sexus bleibt euch doch auch. Bei andern! Aber Treue erwarten, wo’s hint und vorn nicht stimmt...«
    »Kleines, ich... ich bin entsetzt!«
    »Das ist nicht genug. Solang dir dazu nicht mehr einfällt, bist du nur ein ganz gewöhnlicher Ehebrecher.«
    Ähnliches hat ihm der Doktor gesagt. Im Scherz. Er fühlt, daß er irgend etwas wahren muß: Ehre, Autorität, Männlichkeit, Stolz... Und zwar gleich. Es geht darum, den ungeheuerlichen Vorwurf zu widerlegen, was er umgehend auch tut, indem er sich anschickt, seine Richtigkeit zu bestätigen.
    Reglos liegt Babette auf dem ungemachten Bett, läßt über sich ergehen, was er zu bieten hat, zählt die Lichtfelder, die Jalousie und Straßenbeleuchtung an die Dedte werfen, hört nicht seine Klagen, Schwüre und was sonst ihm sein Zustand auf die Lippen drängt. Kein Arm umfängt seinen Nacken, keine Hand krallt sich in sein Haar — nichts.
    Er merkt es nicht, küßt was er trifft, die beiden Viertelbögen am Halsansatz, er hat sie wieder, jetzt hat er sie, er. Babette hat die Lichtfelder gezählt.
    »Fertig? Dann geh’ jetzt endlich!«

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