Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone
bist doch gar nicht dick.« – Und treibt sie trotzdem zum Wahnsinn. Nach einer Woche Diät hat er ab- und sie zugenommen.
Der umgekehrte Fall kommt zwar selten vor, ausgeschlossen ist er aber nicht. Dann will er leichter werden, während sie am liebsten vor Schaufensterscheiben auf und ab tänzelt, um zu verkünden: »Ich will so bleiben, wie ich bin.« Auch keine einfache Ausgangssituation. Den männertypischen »Du bist doch gar nicht dick«-Spruch muss sie sich nicht abringen. Denn wenn er wirklich will, wird er dafür auch seine Gründe haben. Herrscht darüber Einigkeit, sinkt das Konfliktpotenzial ungemein. Sie isst weiter wie bisher, versteckt Süßigkeiten, Knabberkram, Colaflaschen und Alkohol so gut (zum Beispiel im Beauty Case), dass er das Lager nie findet und ihr immer glaubt, wenn sie erklärt: »Wir haben nichts im Haus.« – Ansonsten isst er wie sie, und alles wird von allein gut.
Schwieriger wird‘s, wenn er meint, dass sie ihre Maße ein bisschen an die hundert ungetragenen, leider »derzeit einen Hauch zu engen« Hosen im Schrank anpassen könnte, statt Hosen durch Neukauf an ihre Maße anzupassen.
Andreas hat das mal versucht. Er ist wirklich ein ganz Lieber und würde niemals mit der Tür ins Haus fallen. Er hat lange, lange darüber nachgedacht, wie er einfühlsam, aber doch eindeutig zum Ausdruck bringen könnte, dass die Grenzen des Wachstums erreicht sind. Schließlich entschied er sich (zumindest in der Formulierung) für den Plural: »Wir zwei,
wir könnten doch mal gemeinsam ...« Das, so war er sich sicher, würde harmlos daherkommen. Sich selbst einbeziehen – so was nimmt die Dramatik.
»Schatz« , druckste er, »wir gehen ja jetzt beide munter auf die vierzig zu. Also ich noch mehr als du. Wir können ja nicht ewig so weitermachen.«
Sabine war verwundert: »Warum denn jetzt auf einmal? Wir hatten doch drüber gesprochen, dass wir noch warten wollen.«
»Ja klar, hatten wir« , gab Andreas sofort zu. »Aber irgendwann müssen wir ja mal. Den perfekten Zeitpunkt, den gibt es doch nicht.«
Sabines Gesicht wurde zum Fragezeichen: »Hmm? Sonst wolltest du doch immer erst später.«
»Aber vielleicht würde es unserer Beziehung gerade jetzt guttun« , hauchte Andreas und zitterte innerlich: War er zu weit gegangen?
Jetzt war es Sabine, die zu zittern begann: Wollte Andreas die Beziehung infrage stellen? Nur wegen dieser einen Sache? Sie änderte schnell die Strategie. Opfer statt Angreifer: »Vielleicht hast du recht. Aber wie soll ich das bloß schaffen? So ohne Hilfe« , piepste sie und presste an der Tränendrüse herum.
Das rührte Andreas. Sie wollte also doch. »Ich wäre ja immer für dich da, ich würde mir dann auch mal tagsüber frei nehmen, uns was kochen und so« , tröstete er. »Und wenn’s mal eng wird, könnten wir zusätzlich noch jemanden bezahlen. Wir wissen doch beide, dass es nicht leicht wird.«
Zu Andreas’ Verwunderung nickte sie. »Dann lass es uns versuchen. Ich mache nächste Woche einen Termin beim Arzt.« Es flossen ein paar Tränen der Rührung. Dann rief Sabine ihre Mutter an. Er hörte nur Satzfetzen: »Ja, wir versuchen das jetzt … er will tatsächlich … sogar Elternzeit nehmen … und eine Kinderfrau bezahlen, wenn ich wieder arbeiten gehe.«
Okay, so kann’s gehen. Ehediäten haben Reiz und Risiken. Bei einem anderen meiner Kumpel endete das Unternehmen mit drei Kindern und fünfzehn Kilo hinzugewonnenem Gewicht – auf seiner Seite.
Bei Isi und Torben war der Start einfacher und weniger folgenschwer. Da herrschte von Anfang an Einigkeit: Zwanzig Familien-Kilos sollten weg. Zehn bei ihm, zehn bei ihr. Theoretisch. – Ich muss dazu sagen, dass Isi in ihrem Leben schon gefühlte fünfzig Diäten gemacht hat; Torben aber noch ein Greenhorn auf diesem Gebiet ist. Also schrieb Isi die Diätpläne. Profis vor.
Schon beim ersten gemeinsamen Mahl kam es zu grundlegenden Missverständnissen, als Isi routiniert eine ganz normale Diätmahlzeit servierte: Einen Teller mit einem von üppigen Salatblättern umgebenen Pilz.
Torben musterte das kleine Kunstwerk skeptisch und wusste nicht so recht, ob das nun eine Tisch-Deko war oder was zum Kauen. Dann malmte er aber doch tapfer auf den Vitaminen herum – schließlich ist ein bisschen Grünzeug vorweg gesund. Isi hatte ihm schon früher mal erklärt, dass so eine Maßnahme den Insulinspiegel niedrig hält, was wiederum schlank macht.
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