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Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Titel: Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Performance
    Warum sitzen bei Anzugträgern so oft Fleischberge unterm teuren Jackett? Klar, die stehen immer unter Druck, und das macht Kohldampf. Stressfress gehört offenbar zur Karriere wie Business-Sprech
     
    Mein Freund Markus, der Manager, ist wirklich ein netter und erfolgreicher Kerl. Wir haben schon gemeinsam gelacht, bis uns die Luft wegblieb. Ich bin mit ihm groß und stark geworden. Wir sind zusammen durch dick und dünn gegangen, und dabei ist an ihm ein bisschen mehr Dickes haften geblieben. Anfangs weniger, dann etwas mehr, mittlerweile kleine Berge. Früher nannte man Männer wie Markus netterweise »stattlich«. »Leicht angedickt« wäre heute schmeichelhaft für ihn. Ich bemühe mich zwar stets, wenn ich ihn treffe, seine gleichmäßig überproportionierten Wölbungen einfach zu übersehen, doch das ist kaum möglich – selbst wenn ich nach außen schielen könnte.
    Zum Glück grämt Markus sich nicht, er steht dazu. Er ist in erster Linie Businessmann und kein Bodystreber. Wenn er sich bei mir meldet, beschönigt er nichts: »Hi Patric, ich bin’s mal wieder, dein Langzeitprojekt.« Würde Markus nicht pauschal sich selbst, sondern die Qualitätsoffensive an seinem Körper zum »Langzeitprojekt« machen, sähe er anders aus. Sein Geschäftssinn ist nämlich ausgeprägter als sein persönliches Health-Management. Karrieretechnisch ist er ganz oben. Er beschreibt sein Job-Leben als »eine durchgehende Success-Story. Um beruflich immer up to date zu sein, muss man privat eben auch mal low level fahren«. Und deshalb sei er eben optisch kein echter Resulter.
    Mal ein Pfündchen abnehmen? Das ist ihm bisher noch nicht gelungen. Und ich will ihn nicht zu etwas drängen, zu dem er offenbar noch nicht bereit ist. Würde ich ihm reinreden und ihn mit dem immer gleichen Gesund-Zeug langweilen, würde er mich einen »Problem-Dropper« schimpfen. Die mag er gar nicht. Problem-Dropper sind im Business-Sprech diese Leutchen, die immer alles negativ und eng sehen und ihren Gürtel auch so schnallen. – Nee, die sind definitiv nicht Markus’ Fall.
    Ich hab mir extra für Markus also mal was anderes überlegt als den üblichen »Achte auf mehr Eiweiß und weniger Kohlenhydrate«-Spruch. Mein Plan: Eine Kick-off-Veranstaltung in Sachen Problemzonen-Optimierung.
Ich habe ihm in Aussicht gestellt, dass er damit, wenn er will, seine komplette Performance upgraden kann. Hat er aber sofort gecancelt. »Da müsste ich mich ja völlig neu aufgleisen. Meinen ganzen Workflow umstellen. Ein paar echte Cuts machen. Fruit-Shopping in den E-Timer implantieren und das ganze Backoffice changen. Nee, nee, nee – ist für mich echt ein No-go.«
     
    Falls Sie noch nicht von selbst drauf gekommen sind: Markus gehört zu den klassischen Stressfressern unter den Anzugträgern. Solange Druck & Co. seine treuen Begleiter sind, wird sich daran auch nichts ändern. Der Stress weht ständig um ihn herum. Er ist so was wie ein Statussymbol für ihn. »Muss man einfach haben, wenn man bei den High Potenzials unter den Karrieretieren mithalten will«, sagt er. Erfolg habe eben seinen Preis. Zum Beispiel das Verlangen nach kleinen Drogen aus Fett und Zucker zwischendurch, um den Erträglichkeits-Pegel zu halten: »Nehmen sie doch alle da oben, wo die Luft dünn ist.«
    Bei Markus geht das schon früh morgens los. Er mag’s praktisch und lässt das Frühstück gerne ausfallen. Das ist ein Zeitgewinn, also ein Pluspunkt im Time-Management. Außerdem fühlt er sich dann gut: »Patric, stell dir mal vor, ich habe das mit dem Hungern heute morgen locker geschafft, ist mir gar nichtschwer gefallen.« Mit mir spricht Markus deutsch … äh, sorry: Mit mir verwendet er Deutsch-Sprech.
    Spätestens um halb elf spürt Markus dann ein dickes, fettes Loch im Bauch (»Irgendwie un-limited!«), eines von denen, die jeden Zugriff rechtfertigen. Jetzt muss sofort was her, sonst kann der Mann nicht mehr denken (»Mein Thinktank ist dann total am Limit!«) – und das wäre wohl das Ende seiner Firma. Der gezuckerte Kaffee, der um acht Uhr noch streamlinte, geht jetzt ins Leere. Bewirkt nichts anderes mehr als Herzhibbeln.
    In solchen Fällen trifft Markus seine fünf Freunde: Twix, Snickers, Mars, Milky Way und Bounty. Die wohnen in der Schreibtischschublade ganz oben. Dass da keine wertvollen Vitamine drinstecken, weiß Markus. Aber es ist ja ein Notfall. Er schnappt sich einen seiner Freunde und wird seinen Fehlgriff später mit einer Banane

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