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Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Titel: Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Bratwurstzange wird ungebremst von Vätern auf Söhne weitervererbt. Und ist das gejagte Tier erst durch und knusprig braun, wird es, je nach Entwicklungsstand des Grillmeisters, mit oder ohne Besteck mit der größten Genugtuung verspeist. Wer bei Matti eingeladen wird, weiß, was ihn erwartet: Handarbeit. – Brandblasen an den Fingern werden heroisch ertragen.
    Da Matti Single ist, assistieren ihm beim Schwingen der angespitzten Grillgabel seine jährlich wechselnden Freundinnen. Doch die Damen haben bei der Operation am offenen Feuer bestenfalls Handlangerdienste zu erfüllen: Sie reichen das Grillgut an, den Pinsel zum Marinade- oder Öl-Anstrich, die Zange zum zeitgenauen Wenden der Fleischbrocken. Auch den Schweiß auf der Stirn des unangefochtenen Grill-Champions dürfen sie hingebungsvoll wegtupfen. Den Rest erledigt der Chef am »Cactus Jack Barbecue Smoker«, dem Porsche unter den Grills, selbstredend eigenhändig.
     
    Wer also behauptet, Männer trieben zu wenig Sport, der sollte spätestens jetzt wissen, dass es ja noch den Grillsport gibt, der nicht vergessen werden sollte. Und weil man Sport gerne mit Gleichgesinnten im Verein perfektioniert, hat Matti mit seinen drei engsten Kumpels den 1. GC »Ein Leben für die Wurst« gegründet. Motto des Vereins: »Grille,
grille, sonst gibt’s auf die Pupille.« Als Allererstes hatten die frischgebackenen Mitglieder erst einmal einen Kampf gegen Hausdrachen auszufechten, die unbedingt einen Weichduscher-Elektrogrill ins Haus schleppen wollten. Von den Küchenbeherrscherinnen, die meinten, auch am Rost das Sagen zu haben, ganz zu schweigen: »Nix da! Das widerspricht ganz klar den Statuten!«
    »Setzt euch jetzt durch, Jungs«, feuerte Matti die Kollegen an. »Drei Viertel der Deutschen sind der Meinung, dass Grillen Männersache ist.«
    Das war vor vier Jahren. Inzwischen sind die kleinen Anlaufschwierigkeiten längst Geschichte. Kuno hat sich im Gerangel um die Hoheit am Grill ein blaues Auge geholt und auf den Clubbeitritt verzichtet. Schriftführer Andreas, Kassenwart Hans-Dieter und der zweite Vorsitzende Markus haben sich mit ihren besseren Hälften mehr oder weniger arrangiert, und so lassen es die vier Clubmitglieder in den schönsten Monaten im Jahr auf Terrasse, Balkon und Campingplatz reihum krachen und bruzzeln. Mit – anders als bei Kuno – sichtbaren Folgen nicht nur im Gesicht, sondern auch in der Bauchregion.
    Denn allem Anschein zum Trotz: Unsere »Ein Leben für die Wurst«-Heroen sind anders als ihre Neandertaler-Vorfahren. Denen ist der Leibesumfang nämlich nicht bis unters Kinn gewachsen. Die wilden Kerle mampften zwar auch munter ihr geröstetes Fleisch, hatten aber wegen der unbequemeren Lebensumstände in den Höhlen-Appartements auch einen ordentlichen Kalorienbedarf.

    Kleine Sprints bei Begegnungen mit Säbelzahntigern, Faustkämpfe mit unförmigen Beuteltieren, wildes Keulenschwing-Gerangel mit den Kontrahenten um den besten Schinken – all das sorgte dank einer funktionierenden Fettverbrennung für einen schmalen Hintern. Bei Matti verbrennt Fett nur auf dem Grillrost, gejagt werden Sonderangebote und beim späteren Verputzen derselben werden Ballaststoffe in Form flüssigen Getreides zugeschossen: »Nicht viel schnacken, Kopf in den Nacken«, heißt es oft und öfter.
    Ich bin übrigens offizielles Ehrenmitglied des 1. GC, aber, ehrlich gesagt, eigentlich nur als Quoten-Dünner geduldet. Ich sollte nämlich auch einmal das Fleisch besorgen und habe das in mich gesetzte Vertrauen durch das Heranschleppen von mageren Putenschnitzeln, Tatar-Frikadellen, Fisch, Garnelen und bunten Gemüsespießen schmählich missbraucht. Fleisch ist eben nicht gleich Fleisch.
    Noch schlimmer wog aber wohl das Weißkraut in Essig und Öl, das ich anstelle der Maiskolben mit triefender Butter als Beilage auserkoren hatte. Und Kartoffelsalat mit Mayo-Dressing hatte ich auch nicht im Gepäck. Das Entsetzen in Mattis Augen werde ich nie vergessen. Er stürmte in den Keller an die Tiefkühltruhe und – »So ein Glück!« – da lag noch ein halbes gefrostetes Schwein drin. Der Abend war gerettet. Und ich? Muss mir seitdem immer das freundschaftliche Geplänkel der anderen anhören: »Das Grünzeug für die Weiber – und für Patric – steht dort drüben.« Apropos »Frauen«: Man könnte ja auf den Gedanken kommen, das weibliche Geschlecht könnte den sommerlichen Bratspaß einfach genießen, ohne ein Gramm zuzulegen – einfach, weil die Damen die

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