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Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone

Titel: Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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– das ist doch frei von Risiken und Nebenwirkungen, oder?«
    Darauf ein klares »Nein«, Sie Ahnungsloser. Auch »ein bisschen« Sport kann bereits zu schweren Persönlichkeitsveränderungen führen. Zum Beispiel, weil die damit verbundene Endorphin-Ausschüttung erst glücklich und dann süchtig macht. Stellen Sie sich vor, Sie hetzen Ihren Partner in den Park, und dann kommt der zurück und hat unerträglich gute Laune. Das könnte das Stimmungsgleichgewicht Ihrer Ehe ins Wanken bringen.
    Sabine und Andreas hatten mal so eine Phase. Zuerst zog mich Sabine ins Vertrauen: »Du, Patric, haste nicht mal einen Tipp für Andreas? Der legt immer mehr zu – und tut zu Hause immer weniger. Ich will’s ihm ja nicht so direkt sagen, aber bei der Hochzeit hat er mir noch versprochen …«

     
    Schon klar. Dazu passt ganz prima Heinz Erhardt:
    »Ich hol’ vom Himmel dir die Sterne«,
so schwören wir den Frauen gerne.
Doch nur am Anfang! Später holen
wir nicht mal aus dem Keller Kohlen.
    »So ist es«, bestätige Sabine nickend. Wir machten einen kleinen Trainingsplan, und Andreas legte tatsächlich los. Doch kaum waren ein paar Muckis aufgebaut, wollte er sie auch im Alltag anwenden, Sabine war begeistert. Andreas holte erst die Sterne runter, also mal die Glühbirne aus der Decken-Lampe, die seit Weihnachten kaputt war; dann jeden Dienstag die Mülltonnen aus dem Keller; und dann wollte er mehr: »Kann ich noch was einkaufen? Eine Tasche schleppen? Hast du was zu putzen, Schatzi? Ich würde jetzt gerne bügeln, muss ja auch die Handflächeninnen-Muskulatur in Form bringen.«
    »Sind doch Super-Nebenwirkungen«, werden Sie jetzt denken. Stimmt. Aber da steckt noch ein Restrisiko drin: Bald nämlich hatte Sabine nichts mehr zu tun, und Andreas wollte immer noch mehr. Während sie in ihrer Freizeit nur noch dafür sorgen konnte, dass sich die Kosten fürs neue Sofa durch viel Draufliegen schnell amortisierten (wobei sie natürlich zunahm), schlich Andreas zur Nachbarin: »Hey, pssst, Ute… – ich bin nicht ausgelastet. Kann ich dir vielleicht was helfen? Beim Schleppen? Bügeln? Putzen?«

33. Ein Leben für die Wurst – warum Grillen Sport ist
    Nicht die Insekten, die uns im Sommer unseren letzten Nerv rauben, bringen in jedem Mann den Neandertaler zum Vorschein, sondern das sommerliche Garen erbeuteter Fleischstücke über einer offenen Feuerstelle
     
    Alle Jahre wieder, sobald Weihnachten überstanden ist, die erste Schneeschmelze eingesetzt hat und an der Tankstelle die Eiskratzer der Holzkohle weichen, beginnt mein Freund Matti seinen Grill auf Vordermann zu bringen: Er schleppt ihn aus dem Gartenschuppen in die Kellerwerkstatt und zerlegt ihn liebevoll in seine Einzelteile wie andere einen Ford Mustang, Baujahr 1966. Er putzt, schmiert und ölt die Kiste, bis sie wieder aussieht wie frisch aus dem Laden. Das dauert erfahrungsgemäß zwei Monate, und pünktlich, wenn sich die ersten Narzissen aus den Blumenbeeten stemmen, ist es so weit: Zeit zum Angrillen.

    Matti zelebriert diesen Tag wie den ersten Anpfiff zur Bundesliga nach drei – nein eher vier – Jahren Pause. Bereits Wochen vorher studiert er die Angebote der Fleischtheken aller Supermärkte im Umkreis von 50 Kilometern. Kein Weg ist ihm zu weit, um sein Sortiment an Koteletts mit und ohne Knochen, Bauchfleisch mit Schwarte, Holzfällersteaks, Spareribs, Spanferkeln, Kroatischen Hackröllchen, Thüringern und Schinkenwürstchen zu perfektionieren.

    Das Jagen nach Sonderangeboten und Top-Qualität liegt ihm im Blut wie seinen Ahnen die Hatz auf appetitliche vierbeinige Urzeitbraten. Natürlich stellt Matti die Wildsau nicht per Pedes und mit Keule. Er jagt die Bratwurstschnecke mit seinem Astra-Kombi und EC-Karte. Aber von der Art und Weise, wie die Beute auf den Rost kommt, einmal abgesehen, hat sich seit Urzeiten nicht viel geändert: Grillen ist ein archaisches Ritual, das uns zurückbeamt in jene Tage, in denen der Mann noch ein Mann war und auch so riechen durfte. Auch bei mir schlagen im Sommer die männlichen Urzeit-Gene durch.
     
    So ist es eben: Egal, ob wir tagsüber in Sportklamotten, im Blaumann oder im Armani-Anzug stecken – nach Feierabend werfen wir die äußeren Hüllen ab wie die Urväter das Bärenfell und bringen in Shorts und Schlappen die Kohlen zum Glühen.
    Selbst in Zeiten von Induktionsherd und Dampfgarer schlummert in uns Männern ein zivilisationsresistenter Grill-Trieb. Die Faszination vom Hantieren mit Stöckchen und

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