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Ich mag dich wie du bist

Ich mag dich wie du bist

Titel: Ich mag dich wie du bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Gungui
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inzwischen den halben Campingplatz, sondern sie besucht jetzt nach dem Abendessen immer noch irgendeine »ganz reizende« Signora auf einen Limoncello in ihrem Wohnwagen. Vielleicht hat ihr bisheriges Leben sie »eingeengt«, so sagt man doch, oder? Vielleicht hat sie sich schon immer einen Ehemann gewünscht, mit dem sie auf Partys gehen kann, anstatt ihr Dasein als Hausfrau und Mutter zu fristen? Aber was sollte sie denn machen? Uns sitzen lassen und »sich selbst verwirklichen«?
    Am dritten Tag des Alles-egal-Projekts passieren gleich drei Katastrophen hintereinander, und zwar in dieser Reihenfolge:
1)  
Fede freundet sich mit einer Gruppe Gleichaltriger an.
2)  
Meinem Vater wird der Knöchelverband abgenommen und man sagt ihm, dass in zwei Tagen wieder alles in Ordnung ist.
3)  
Meine Mutter erzählt mir, dass der Animateur sie gefragt hat, ob es sie nicht stört, dass ich zusammen mit meinem Freund im Igluzelt neben ihrem Wohnwagen übernachte.

Sechzehn
    »So, hier sollte es gehen«, sagt mein Vater. Er steht mit dem Sonnenschirm in der Hand auf einer Stelle, an der lauter spitze Felsen aus dem Boden ragen. »Seht ihr, man muss nur zweihundert Meter weiter gehen und schon hat man alles für sich allein, sogar hier auf dem Strand beim Campingplatz.«
    Der Zugang zum Meer ist durch eine Reihe Felsen verbaut, auf denen ganze Mäuerchen von dicken, stinkenden Algen wachsen. Aber ich werde meinen Vater bestimmt nicht auf dieses Manko hinweisen.
    Das schöne Leben ist nun vorbei. Der Knöchel meines Vaters ist geheilt. Meine Mutter scheint sich nun doch gegen die Selbstverwirklichung entschieden zu haben, auch wenn sie keinerlei Anstalten macht, auf ihre neuen Freizeitaktivitäten zu verzichten, auf die Wassergymnastik und den Limoncello in den Wohnwagen der Platznachbarn. Keine Ahnung, was sie vorhat, aber es kommt mir so vor, als hätte sie noch einen Plan B in der Hinterhand. Sie wirkt so auffällig ruhig.
    Dafür spricht sie jetzt nicht mehr mit mir.
    »Ich habe so getan, als hätte ich nichts gesehen, als der Tisch neulich für zwei gedeckt war«, hat sie gestern Abend gesagt, »aber ich bin nicht blöd.«
    »Mama, hör mal, du bist auf dem Holzweg …«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Mama, jetzt mal im Ernst.«
    »Ich bin ganz ernst …«
    »Du glaubst doch wohl hoffentlich nicht, was ich gerade denke?«
    »Und was sollte ich deiner Meinung nach glauben? Der Animateur sagt, du hättest ihm erzählt, du schläfst bei deinem Freund im Zelt, ich ertappe dich vor dem Wohnwagen an einem Tisch, der für zwei gedeckt ist … Was würdest du an meiner Stelle denken?«
    »Vielleicht, dass der Animateur ein Idiot ist und dass …«
    »Dass was?«
    Tja, das war’s dann wohl.
    Meine Mutter, oder besser die Miss Marple in ihr, hat Teile eines Puzzles zusammengesetzt, das es gar nicht gibt. Das Dumme ist nur, dass ihre Version der Ereignisse absolut logisch klingt, und deshalb musste ich klein beigeben. Ich habe ihr zwar nicht recht gegeben, aber ich habe sie auch nicht vom Gegenteil überzeugen können.
    Jedenfalls spricht sie nicht mehr mit mir, und das hat zu einer Neuaufstellung der Fronten geführt, leider zu meinem Nachteil. Seit meine Mutter auf mich sauer ist, ist ihre Wut auf meinen Vater verraucht. Sie verbündet sich sogar mit ihm im allgemeinen Groll gegen mich. Dank mir haben sich meine Eltern versöhnt.
    Heute Morgen beim Frühstück haben die betreffenden Parteien einen historischen Kompromiss unterzeichnet: Der Knöchel meines Vaters ist zwar geheilt, doch der Arzt hat ihm geraten, vorübergehend noch vorsichtig zu sein. Daher geht es an den Strand des Campingplatzes, aber wir suchen uns eine ausreichend abgelegene Stelle. Wir marschieren also morgens mit voller Ausrüstung los, Kühltaschen und was sonst noch dazugehört, und um halb sechs kehren wir zum Wohnwagen zurück, damit wir nicht bei den Duschen anstehen müssen. Auf diese Weise kann meine Mutter auch, wenn sie möchte, am Animationsprogramm teilnehmen.
    »Hier stinkt’s«, sagt Federico und hält sich die Nase zu.
    Mein Vater versucht, den Sonnenschirm irgendwo in den Boden zu rammen, aber der Untergrund gibt nicht nach.
    »Federico, hol mir ein paar Steine, damit ich den Schirm aufstellen kann.«
    Mein Bruder trottet betrübt von dannen.
    Ich hole mein Buch heraus und setze mich zum Lesen auf einen Felsen, in dem Glauben, etwas völlig Unverfängliches zu tun. Aber da habe ich mich geirrt.
    »Mach’s dir nur bequem«, sagt mein

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