Ich mag dich wie du bist
warst aber noch nie im Neuneinhalb Wochen .«
»Nein … na ja, ich kannte es gar nicht. Arbeitest du hier?«
»Ja.«
»Ich mache hier mit meinen Eltern Urlaub«, sage ich und betone das übertrieben angenervt, während ich hoffe, dass dieses deprimierende Gespräch so schnell wie möglich zu Ende sein möge. Gleichzeitig frage ich mich, warum jemand wie Martina, die bekanntermaßen stinkreich ist, hier arbeiten muss.
»Na, das ist doch normal, oder?«, sagt sie gleichgültig, aber sie lässt sich nicht weiter darüber aus, ob es normal ist, weil sie auch mit ihrer Familie hier ist oder lediglich normal für mich, weil ich jünger bin als sie.
Ich sage nichts dazu. Sie bleibt noch einige Sekunden stehen und sieht mich an, mit so einem Ausdruck, der in Anbetracht der Umstände irgendwie ungewohnt ist. Der eigentlich überhaupt nichts mit unserer Begegnung zu tun zu haben scheint. Als wollte sie sagen: »Na sieh mal einer an … Alice also.«
Jemand vom Tresen ruft ihren Namen. Ich nehme an, dass es der Junge mit der Tätowierung ist.
»Ich muss jetzt«, sagt sie und deutet mit dem Kopf auf die gut besetzten Tische.
»In Ordnung … also dann, ciao.«
Keine von uns beiden sagt etwas wie »Wir sehen uns noch«. Unsere Wege trennen sich ganz einfach. Was habe ich auch anderes erwartet?
Bevor ich gehe, bleibe ich am Tresen der Strandbar stehen und will meine Cola bezahlen.
»Martina hat gesagt, das geht aufs Haus. Und wenn sie das sagt, muss ich ihr gehorchen«, sagt der Typ mit den Tätowierungen.
»Na dann … danke.«
An der Wand hinter der Kasse sehe ich ein Plakat, das mir seltsam vertraut vorkommt: »Reggae Party – every day happy hour, 6 p.m, all night long und länger.«
Neunzehn
Die Reaktion meiner Eltern: gleich null.
Ich fürchte, diesmal habe ich wirklich verschissen und das Ganze wird weder durch ein Gespräch noch durch einen Streit zu lösen sein. Diesmal bin ich zu weit gegangen und habe sie schrecklich in Sorge versetzt. Sie sehen mich nicht an und tun so, als wäre ich überhaupt nicht da.
Nachdem ich das Chiringuito verlassen habe, bin ich in Richtung Campingplatz gegangen, aber ich habe auf halber Strecke eine Pause gemacht, dort, wo der Strand sich verengt und alles menschenleer ist. Ich bin ins Wasser gesprungen und weit hinausgeschwommen. Als ich mich umdrehte, konnte ich einen großen Teil der Küste sehen: rechts von mir das Chiringuito, links von mir den Campingplatz. So ein Anblick, bei dem man denkt, er möchte einem etwas mitteilen. Das passiert mir manchmal: Ich höre zufällig einen Satz, einen Song oder lese ein Buch und es ist, als wollten diese Dinge mir etwas sagen. Diesmal schien die Landschaft aber nicht bereit, mir irgendeine Botschaft zu übermitteln. Deshalb bin ich zum Ufer zurückgeschwommen und habe mich in die Sonne gelegt. Mein Kopf war vollkommen leer und ich bin eingeschlafen.
Eigentlich vermute ich, dass mein Vater im Grunde nur deshalb so wütend ist, weil ich erst nach der von ihm festgesetzten Uhrzeit zur Basis zurückgekehrt bin, zu einer Zeit, zu der man an der Dusche anstehen muss. Das ist der wahre Affront, nicht die Tatsache, dass ich abgehauen bin. Na egal, als ich um sechs Uhr wieder auf dem Campingplatz aufschlage, reagieren sie nicht, obwohl ich erkenne, wie meine Mutter einen Seufzer der Erleichterung ausstößt und sich bei meinem Vater eine Falte auf der Stirn glättet.
Sie sind stinksauer, aber sie sind keine Rabeneltern.
Alice: Luca, bist du da? (Schluchzendes Schwein)
Es vergehen einige Minuten, bevor Luca antwortet.
Luca: Ali! Was ist los? Was bedeutet das Schwein?
Alice: Ich bin abgehauen.
Luca: Wie, du bist abgehauen?! Und wo bist du jetzt?
Alice: Nein, jetzt bin ich wieder auf dem Campingplatz, aber heute vor dem Mittagessen bin ich abgehauen, und jetzt reden meine Eltern nicht mehr mit mir.
Luca: Komm, sag schon.
Ich erkläre ihm das ganze Durcheinander, dass meine Mutter sauer ist, weil sie denkt, ich hätte einen Jungen in mein Zelt mitgenommen, dass sie sich gegen mich verbündet haben und was am Strand passiert ist.
Luca: Hab verstanden.
Alice: Was?
Luca: Du hast sie vor den Kopf gestoßen. Jetzt denken sie, dass sie dich nicht mehr unter Kontrolle haben. Du musst nur abwarten. Sobald das vorbei ist, werden sie ein paar ernste Worte mit dir reden, aber du darfst nicht nachgeben.
Alice: Das hilft mir nicht sehr …
Luca: Vertrau mir. Wart’s einfach ab.
Alice: Und …?
Luca: Und nichts. Du musst jetzt nur
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