Ich mag dich wie du bist
davon?«
Fede zieht einen Ordner voller Blätter hervor und reicht sie mir.
Ich sehe mir die Bilder an, sie sind alle wunderschön. Seit Wochen beobachtet und malt Fede alles in seiner Umgebung, und ich habe es nicht einmal mitbekommen. Da ist der Wohnwagen mit dem Tisch davor, die Promenade und das Meer dahinter, da ist unser Haus in Mailand, seine Klasse, die Straße und die Autos, die vor unserem Fenster vorbeifahren. Es gibt auch ein Porträt eines lächelnden Mädchens, besser gesagt, es gibt viele Porträts dieses lächelnden Mädchens. Ich ahne, dass es Clara sein soll, obwohl das auf der Zeichnung schwer zu erkennen ist. Die Gesichter der Personen sind nur skizziert und auch die Gegenstände sind häufig nicht realistisch abgebildet, dennoch begreift man, worum es sich handelt. Der Tisch ist wirklich ein Tisch, genau wie das Meer und alles andere, und doch sind sie extrem schlicht gehalten.
»Großmutter sagt, das sieht aus wie naive Kunst.«
Das Wort naiv lässt ein kleines Glöckchen in dem Bereich meines Gehirns erklingen, der für Kunstgeschichte zuständig ist, aber ich kann mir trotzdem nichts Bestimmtes darunter vorstellen.
»Weil ich die Dinge so male, wie ich sie sehe und wie es mir passt, das heißt naiv.«
Die Zeichnungen meines Bruders hatten mich einen Augenblick lang von meinen Ängsten und meinen Gedanken an Daniele abgelenkt, aber seine letzten Worte beweisen nicht nur, dass selbst ein dreizehnjähriger Junge mehr über Kunstgeschichte weiß als ich, sondern sie bringen mich auf direktem Wege zu meinen vorherigen Überlegungen zurück. Und zu Daniele. Daniele sagt: »Folge der Straße, lass dich von ihr forttragen«, Irene Grandi sagt: »Lass es laufen, wie es läuft und laufen muss«, Ligabue ist überwiegend der gleichen Meinung, und jetzt kommt auch noch mein Bruder, der sagt, dass er so zeichnet, wie es ihm passt. Der Sinn des Wortes »naiv«, der für mich noch reichlich verschwommen ist, füllt sich allmählich mit neuen Bedeutungen, und einen Moment lang denke ich, dass auch Daniele schrecklich naiv ist. Und, um auf meine Wahnvorstellung von vorhin zurückzukommen, was soll mir das alles sagen? Wozu sind all diese Gedanken gut?
Einundsechzig
Aus Wikipedia: Naive Kunst
Unter Naiver Kunst (vom französischen Wort naïf = ›unschuldig‹) versteht man Werke von Autodidakten, die keine Akademien oder Schulen besucht haben. Diese Kunstrichtung ist von Einfachheit gekennzeichnet und von dem Fehlen der Grundlagen oder Fähigkeiten, die man in den Werken sonstiger Künstler findet.
Kennzeichen der naiven Kunst ist ein merkwürdiges Verhältnis der formalen Eigenschaften der Zeichnung untereinander; so kann gerade die Schwierigkeit, die Perspektive richtig zu zeichnen und wiederzugeben, faszinierend sein und neue Sichtweisen eröffnen.
Der starke Gebrauch schemenhafter Darstellungen, eine nicht sehr differenzierte und überlegte Farbwahl und die Schlichtheit, die Unverfälschtheit sind die Hauptmerkmale der naiven Kunst.
Luca: Dein Bruder ist also unter die Künstler gegangen? (Lachende Mona Lisa)
Alice: Du müsstest mal eine seiner Zeichnungen sehen. Er hat den überschwemmten Campingplatz gemalt, und das ist wirklich super.
Luca: Du wirst sie mir ja zeigen.
Alice: (Daumen nach oben)
Luca: Wie läuft es mit dem Rasta?
Alice: (Smiley mit Herzchen-Augen)
Luca: Also benimmt er sich?
Alice: Ja, es läuft gut mit uns. Also, wir sind jetzt kein richtiges Paar, aber wir sind immer zusammen.
Luca: Dann seid ihr doch ein Paar.
Alice: Na ja, wir sind jetzt gerade mal eine Woche zusammen.
Luca: (Smileys beim Zungenkuss)
Alice: Blödmann … und wie läuft es mit deinem Ehemann?
Luca: Wir haben uns schon wieder getrennt. Es hat nicht funktioniert.
Alice: Mist, das tut mir leid. Was ist passiert?
Luca: Er wollte Kinder und ich versuchte ihm begreiflich zu machen, dass das technisch unmöglich ist. Aber er wollte einfach keine Vernunft annehmen und deshalb …
Alice: … habt ihr euch getrennt.
Luca: Ach ja … (Seufzender Smiley)
Alice: Wo bist du jetzt?
Luca: Das errätst du nie!
Alice: (Fragender Smiley)
Luca: Ich bin in Lecce. Ich wollte dich überraschen und habe kurz entschlossen den Zug genommen. Jetzt sehe ich mir die Stadt an.
Alice: Das halte ich für eine gute Idee, danach kannst du ja zu mir kommen. (Lachender Smiley)
Luca: Genau. Wie heißt noch mal dein Campingplatz?
Alice: Baia Azzurra.
Luca: Baia Azzurra, perfekt. Ist notiert.
Alice: Soll ich
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