Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben
hinzu. »Sonst wäre ich nicht hier.«
»Barry, führen Sie das ein bisschen näher aus. Das heißt, wenn Sie gestatten, Molly?«
Ich nickte. Klar. Bohre richtig tief. Direkt in mein Herz hinein. Spuck all die ekligen Details aus. Wenn’s sein muss, greif auf schriftliche Notizen zurück. Stimmt, diese Eheberatung war mein Vorschlag, doch so langsam hatte ich das Gefühl, dass sich alles, was Barry sich von der Seele redete, in meine hineinfressen würde.
»Ich versuche bereits, mich zu ändern«, sagte er. »Erst gestern hat mich eine extrem attraktive Patientin zum Lunch eingeladen, angeblich weil sie als Pressereferentin für mich arbeiten will, und ich habe meine Sekretärin gebeten, ihr abzusagen.«
War das diese Stephanie, Sherry oder Shelley Sonstwie, deren Visitenkarte Delfina in Barrys Jackett gefunden hatte, ehe sie es in die Reinigung brachte? Auf der Rückseite hatte er eine Privatadresse und Apartmentnummer notiert. Riverside Drive. Wenn ich Delfina nur nicht gesagt hätte, sie solle dieses Beweisstück wegwerfen. Wenn ich Barry nur glauben könnte.
Dr. Stafford sah mich an. Das halbe Lächeln, mit dem sie Barry bedacht hatte, war verschwunden. Sie hatte sich eindeutig auf seine Seite gestellt. »Wenn es eine Sache gäbe, die Sie an Ihrem Ehemann ändern könnten, was wäre das?«, fragte sie mich.
Barry soll meine Oberschenkel nicht immer ansehen, als müssten sie per Photoshop um dreißig Prozent verschlankt werden. Nein, im Ernst. Barry sollte mich genauso lieben wie seine Mutter und mir wenigstens halb so viel Aufmerksamkeit schenken wie ihr. Hm, vielleicht würde Dr. Stafford mich ja zwei Sachen ändern lassen. Dann sollte Barry außerdem noch jede zehnte meiner Eigenarten liebenswert finden und sie von der Liste der Dinge streichen, die ich zum neuen Jahr endlich aufgeben soll. Aber nein, sie hatte nach einer Sache gefragt. Ich musste mich entscheiden.
»Er soll beim Abendessen auch mal fragen, wie mein Tag war«, begann ich, »und mir zuhören, sich tatsächlich für meine Antworten interessieren.«
»Mhm«, machte sie. »Und wie ist es mit Ihnen, Barry?« In ihrem Ton schwang ein
Das kann doch nicht so schwer sein, oder?
mit, und ich hoffte schon, sie würde ihn in diese Richtung lenken. Stattdessen fragte sie: »Was würden Sie an Molly ändern?«
Barry reagierte prompt. »Ich will, dass sie nicht so misstrauisch ist. Sie soll mir glauben, dass ich einen neuen Anfang machen will.«
»Okay«, sagte Dr. Stafford wie eine zufriedene Mutter. »Wie machen wir nun von hier aus weiter?«
Warum fragte sie uns das, bei dem Honorar, das sie kassierte? Wir drei saßen da, atmeten ein, atmeten aus und warteten darauf, dass etwas passierte. Bei einem Blick zum Fenster sah ich, dass dieJalousien geschlossen waren. Ich fühlte mich wie ein Käfer, der in ein Hotel für Kakerlaken geraten war. Unaufrichtigkeit, dachte ich schließlich, war ein Luxus, den ich mir nicht leisten konnte.
»Dr. Stafford, ich möchte noch mal einen Schritt zurück, ich war nicht ganz aufrichtig. Vielleicht bin ich naiv, was die Ehe angeht, und völlig unrealistisch«, begann ich und wünschte, ich könnte diese ewigen Entschuldigungen bleiben lassen. Von Barry und Kitty hörte ich so was nie und auch von Brie und Lucy nicht. Vor allem nicht von Lucy. »Ich glaube, ich habe meine Erwartungen etwas zu niedrig angesetzt.«
Dr. Stafford neigte den Kopf in meine Richtung. Ihre Haut war so makellos, dass höhere Mächte als nur Bobbi Brown dahinterstecken mussten. Ich konnte weder Fältchen noch rote Äderchen entdecken, und dennoch wirkte sie absolut Botox-frei.
»Ich will mehr von meiner Ehe, als dass Barry mir nur zuhört. Ich will das Wichtigste in seinem Leben sein. Ich habe so viele Fehler wie das Jahr Tage, das gebe ich zu, aber ich möchte, dass er wenigstens einige davon liebenswert findet.« Ich schluckte Luft, weil ich so schnell redete. »Ich will, dass Barry mich ansieht und Freude empfindet.« Wie mein Dad meine Mom, selbst wenn sie gerade aus der Dusche kommt. »Ich will, dass er die Begegnung mit Molly Divine als das Beste betrachtet, was ihm je im Leben passiert ist, dass er immer an mich denkt.« Klang das alles nach kitschiger Grußpostkarte? Und wenn schon. Jetzt war mir die ungeteilte Aufmerksamkeit der beiden sicher, und ich hatte vor, weiterzumachen.
»Ich will spüren, das mein Ehemann total verrückt ist nach mir – unser Zuhause soll kein Schattenreich sein.« Nicht schlecht, Molly,
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