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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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dachte ich, die Formulierung gefiel mir. »Und   …« Jetzt wandte ich mich an Barry. »…   wenn das nicht möglich ist, sollten wir besser nicht verheiratet sein. Ich bin mindestens so liebebedürftig wie jede andere Frau auch und nicht mehr länger bereit, mich unter Wert zu verkaufen.«
    Ich fühlte mich, als hätte ich eben die Rede auf einer Uni-Abschlussfeier gehalten.
    »Wollen Sie noch etwas hinzufügen?«, fragte Dr.   Stafford.
    »Nur eins noch«, sagte ich und sah, dass Barry mich mit jener unverhohlenen Neugier musterte, mit der er sonst nur wohlgeformte Frauen auf anderer Leute Dinnerpartys bedachte. »Genau dasselbe will ich auch für meinen Mann empfinden.« Wieder wandte ich mich an ihn. »Für dich, Barry.« Ich sah ihm direkt in die Augen.
    Was konnte Dr.   Stafford da noch groß sagen, jetzt, wo ich wusste, was ich wollte? Doch sie begann zu reden. Ich sah Barry den Mund bewegen und dann wieder die Therapeutin. Ihn, sie, ihn, sie, eine ganze Zeitlang. Mein Verstand hatte den Ton abgestellt.
    Als mein Handy vibrierte, sahen mich die beiden tadelnd an. Ich warf dennoch einen Blick auf die Nummer des Anrufers. Luke versuchte zum vierten Mal innerhalb weniger Tage, mich zu erreichen.
    »Müssen Sie das Gespräch annehmen?«, fragte Dr.   Stafford.
    »Nein, es ist nur ein Arbeitskollege. Tut mir leid.« Verdammt leid. Luke hatte mir bereits zweimal auf die Mailbox gesprochen und mich gebeten, noch einmal über meine Entscheidung nachzudenken, mich mit ihm zu verabreden oder ihn wenigstens zurückzurufen. Ich hatte nicht darauf reagiert, nicht mal, als er den Kurztrip nach Paris beschrieb, den er für Ende Januar aus dem Hut gezaubert hatte: Er könne nicht mehr bis April warten. Unser Hotel liege versteckt in einem Gebäude aus dem 17.   Jahrhundert am linken Seineufer. Wir würden ins Musée de l’Orangerie und in die Cinématèque française gehen; im Schatten des Eiffelturms in einem Drei-Sterne-Restaurant bei Kerzenlicht dinieren; oder morgens, mittags und abends Schokoladencrêpes essen, wenn es das sei, was mein wundes Herz begehre.
    »Molly«, sagte Dr.   Stafford, »haben Sie unserem Gespräch noch etwas hinzuzufügen?«
    »Nur, dass ich mich bemühen will«, erwiderte ich. »Wenn Barry sich bemüht.« Und das meinte ich vollkommen ernst.
    »Also, dann sind wir für heute fertig.« Dr.   Stafford sah zuerstmich, dann Barry an. »Wir sehen uns nach Weihnachten wieder. Dann können wir mit der richtigen Arbeit beginnen.«
    Sie wartete bestimmt schon sehnsüchtig auf ihren nächsten Termin, zu dem ein Ehepaar mit echten und nicht nur selbstgebastelten Problemen kam – mit ernstem, nachvollziehbarem Kummer über den Verlust eines Kindes, einer Brust, eines Jobs oder eines Pudels. Unsere Probleme hatte sie sicher schon in die unterste Schublade einsortiert, gleich neben Haarausfall und Diätwahn.
    Wir zückten unsere Kalender und suchten nach Terminen, zu denen alle Zeit hatten. Die Eheberaterin würde uns zweimal pro Woche beglücken, dienstags und donnerstags um drei. Ich schüttelte Dr.   Stafford die Hand, die weich und klein war.
    Wir gingen die Fifth Avenue Richtung Süden hinunter. Barry legte mir den Arm um die Taille und zog mich an sich, eine Geste, die ich ebenso liebte wie einen Kuss, auch wenn ich das Barry gegenüber, glaube ich, noch nie erwähnt hatte. Ich spürte die Wärme seines kompakten Körpers. Keiner von uns sagte etwas.
    Auf der anderen Straßenseite hängten Arbeiter ein blaues Transparent ans Metropolitan Museum. Ich konnte nur einen schwungvoll geschriebenen Namen erkennen. Cézanne. Cézanne, Cézanne, Cézanne klang es wie ein französischer Ohrwurm in meinem Kopf. Unwillkürlich sah ich mich in Gedanken Hand in Hand mit Luke die Seine entlangspazieren und bei jedem
bouquiniste
nach antiquarischen Büchern Ausschau halten. Ich versuchte, die Vorstellung wieder zu verscheuchen und mich auf Barry zu konzentrieren, der auch zum Metropolitan hinübersah.
    An der Ecke 79.   Straße blieben wir stehen, denn Barry musste links abbiegen, um zu seiner Praxis in der Park Avenue zu gelangen. »Ich habe eine Idee«, sagte er. »Was würdest du von zweiten Flitterwochen halten? Ich wollte immer schon mal ins Hotel George V.   Wie wär’s mit Paris im April? Ich rufe morgen mal im Reisebüro an. Warum belegst du nicht einen Französischkurs bei Berlitz?«
    »Ich melde mich gleich an«, erwiderte ich.

35
Kosmisches Lavendelblau
    Delfina Adams behandelt meine Annabel,

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