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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Kleider von Brautjungfern, meint sie immer, sie würde ein verzaubertes Königreich betreten.
    Ein paar Stunden später kommt Barry nach Hause, mit
ihr
. Delfina ist noch wach und sieht fern, obwohl sie um diese Zeit gewöhnlich schon schläft. Sie hört, dass Barry Stephanie ihren Mantel selbst aufhängen lässt, während er zu Annabel geht, ihr eine blonde Strähne aus dem Gesicht streicht und einen Kuss auf ihre weiche, runde Wange drückt.
    »Schlaf gut, Engel«, flüstert er. Annabel öffnet ein Auge, sagt »Dein Bart piekst, Daddy«, dreht sich um und driftet wieder zurück in ihren Traum.
    Stephanie holt sich in der Küche eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. In meinem Zuhause ist bereits eine andere Frau zu Hause. Sie weiß, wo die Kaffeebohnen sind und meine Lieblingsschalen für den Café au lait und auch wo sie meine neuen, flauschigen Badetücher und das sündteure Zitronenbadeöl von Dr.   Hauschka findet, das ich nur sparsam benutzt habe. Am liebstenwürde ich ihr das Wasser über die friseursalongefönten Haare kippen.
    Barry und Stephanie gehen engumschlungen ins Schlafzimmer. Als sie sich auf meine Seite des Bettes setzt und ihre hohen spitzen Stiefel auszieht, sieht sie den Umschlag. »Hey, Bär«, ruft sie ihm ins Badezimmer hinterher. »Hier ist ein Brief für Annabel.«
    Dann zieht Stephanie die Schublade meines Nachttisches auf, nimmt eine Nagelfeile heraus und glättet einen ihrer langen Fingernägel. Diese zwanglose Vertrautheit regt mich fast genauso auf wie Barrys Antwort: »Komme gleich, Schatz.« Ich hasse es, wenn er sie so nennt, und ich hasse es, wie nachlässig sie meine elfenbeinfarbene Matelassé-Tagesdecke zurückschlägt. Ich habe stets ein Ritual daraus gemacht, sie sorgfältig zusammenzufalten und auf den Sessel in der Ecke zu legen. Plötzlich ist mir diese Tagesdecke so teuer, als wäre sie ein Stück aus der Aussteuer meiner Großmutter und nicht das Sonderangebot einer Webseite, deren Namen ich längst vergessen habe.
    Barry kommt ins Schlafzimmer zurück, als Stephanie gerade eine Kerze mit Moschusduft anzündet. Mein Ehemann ist nur noch zwei Schritte vom Bett entfernt, da fällt sein Blick auf den Briefumschlag. Er erstarrt. »Wo kommt das her?«, fragt er in anklagendem Ton, als würde Stephanie ihm einen Streich spielen. Er sieht sie stirnrunzelnd an, woraufhin sie ebenfalls die Stirn runzelt.
    »Was ist denn? Er wird schon nicht gleich explodieren.« Sie reicht ihm den Brief. »Hier.«
    Barry nimmt ihn nicht. »Er ist für Annabel.«
    »Okay«, sagt Stephanie unnatürlich lang gedehnt und geht jetzt selbst ins Bad.
Was ist denn in ihn gefahren,
fragt sie sich. Als Stephanie in einem schwarzen Camisole, das ihr Busen gut ausfüllt, zurückkommt, ist der Brief verschwunden, obwohl Barry ihn gelesen hat. Er liegt lang ausgestreckt da. Stephanie geht zu ihm und wartet, dass er ein Stück rückt. Als er sich nicht rührt, beginnt sie ihm die Schultern zu massieren.
    »Nicht jetzt«, sagt er und schiebt ihre Hände weg.
    »Willst du etwa schon schlafen?« Bewundernswert, wie verführerisch sie trotz allem klingt.
    »Nein, ich bin hellwach«, sagt er, obwohl er während der Taxifahrt vom Theater nach Hause bereits eingedöst war.
    »Das ist gut, sogar sehr gut«, erwidert sie und wartet, dass er ihre Umarmung erwidert. Er tut es nicht, nicht mal, als sie ihm mit der Zungenspitze ins Ohr fährt. Stephanie richtet sich auf. »Was ist los?«
    Ich hätte in so einer Situation vielleicht geweint, doch Superwoman Stephanie, die eisenharte, rasiermesserscharfe Heldin, ist wütend – genau wie ich jetzt. Meine Wut ist bodenlos, ein Echo eines noch größeren, namenlosen Gefühls. Stephanie zieht sich wieder an, als Barry nicht antwortet.
Dieser Kerl ist ein harter Brocken
, denkt sie.
Aber vielleicht braucht er nur Zeit. Ich kann warten. Der gut trainierte Körper, die medizinische Praxis, das Geld. Ich werde mich in Geduld üben.
Und ehe die Geliebte meines Ehemannes das Schlafzimmer verlässt, gibt sie Barry noch einen Kuss und hofft, dass diese zärtliche Berührung dem Abend doch noch die richtige Wendung gibt.
    Barry dreht sich weg. »Tut mir leid«, sagt er. »Es hat nichts mit dir zu tun.«
    »Soll ich bleiben?«
Sag ja,
hofft sie,
ich bin die Lösung deiner Probleme.
Doch er sieht durch sie hindurch. »Ich rufe dich morgen an«, sagt Stephanie noch, ehe sie das Zimmer so zuversichtlich verlässt, wie sie es betreten hat. Barry hat kaum die Wohnungstür ins Schloss

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