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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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In-Memoriam-Molly-Divine-Tour: vorbei am Festivalgelände in Ravinia, dem Schauplatz meiner ersten Knutscherei, gefolgt von den Elternhäusern dreier Jugendfreunde und schließlich der Highschool. Lucy beschreibt mich als Eins-minus-Schülerin, die für die Dekoration des Abschlussballs verantwortlich war und auf einem unseligen Blaue-Lagune-Motto bestanden hat. Zu meiner Rechtfertigung muss ich sagen, dass ich gehofft hatte, das Azurblau des Nordatlantiks bei den Bahamas einfangen zu können; doch in dem türkisen Licht, das dabei herauskam, sahen wir alle aus wie Tuberkulosekranke im Endstadium. Als Hicks und ich schon zu fürchten beginnen, diese Spazierfahrt sei nichts weiter als ein Lobgesang auf meine Durchschnittsqualitäten, sagt Lucyauf einmal im einstudierten Tonfall eines jungen Strafverteidigers: »Ich frage mich, ob Barry eine Freundin hat, die   …«
    »Die was?«, fragt er.
    »Mich lässt das Gefühl nicht los, dass irgendwer Molly schaden wollte«, sagt sie. »Vielleicht Barry oder jemand, den Barry kennt.« Sie drosselt das Tempo und parkt das Auto in einer Seitenstraße. Der Abend hat die Stadt fast vollständig in Dunkelheit gehüllt, es schneit unaufhörlich, die kahlen Bäume sind schon ganz weiß. »Meine Eltern würden ausflippen, wenn sie das hören könnten – sie haben Molly schon zu ihren Lebzeiten für einen Engel gehalten. Ich will sie nicht verurteilen, aber Molly hat   … nun, es gab vermutlich noch einen Mann im Leben meiner Schwester.«
Außer diesem Schmock von einem Ehemann,
denkt sie. »Vielleicht können Sie ihn ausfindig machen.« In der Dämmerung wirkt ihr Gesicht hart.
    »Haben Sie diesen Mann kennengelernt?«
    »Nein«, sagt sie. »Ich habe nur mal von jemandem gehört, und das war sogar noch vor Annabels Geburt. Könnte sein, dass überhaupt nichts dahintersteckt, es ist Jahre her. Und vielleicht hat sie’s auch nur erzählt, damit ich mich nicht wie eine komplette Versagerin fühle. Sie wissen schon, die eine lässt sich den Schädel kahl rasieren, weil die andere eine Chemo durchmachen muss.« Lucy lacht nervös und allein. »Ich komme mir schon illoyal vor, nur weil ich das erwähne. Als würde ich den guten Namen meiner Schwester besudeln.«
    Hicks ist ganz Ohr.
    »Meine Schwester und ich waren beide nie der Typ, der hübsche kleine Gedichte über seine Gefühle schreibt, wissen Sie. Aber wir waren dennoch – nun ja – sehr verschieden.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Ich will sagen, ich könnte ihr keinen Vorwurf machen, wenn sie eine Affäre gehabt hätte.«
    »Mhm«, macht Hicks etwas zu auffordernd, wie ich finde. Als ob Lucy Ermunterung bräuchte.
    »Sie war viel zu vertrauensselig. Wenn Sie mich fragen, bis zueinem Punkt, wo daraus ein Fehler wird.«
Was von mir keiner behaupten kann,
denkt Lucy. »Molly war zwar eine Großstadtpflanze, aber sie konnte erschreckend naiv sein.«
    Hey, noch mal auf Anfang.
Ich
musste immer auf
dich
aufpassen. Schon vergessen?
    »Tja, ich rede hier einfach so drauflos«, räumt sie ein. »Wahr scheinlich verschwende ich bloß Ihre Zeit.« Sie dreht den Schlüssel im Zündschloss. »Und falls Sie es noch nicht bemerkt haben, ich bin nicht das Kronjuwel im Familiendiadem der Divines«, sagt sie. »Molly ist ein Klon meiner Mutter, und mein Dad vergöttert meine Mutter. Ende der Geschichte. Aber ich habe meine Schwester verdammt noch mal geliebt. Ich habe sie geliebt.« Ich warte darauf, dass Lucy anfängt zu weinen. Doch heute nicht. Das hat sie sich vorgenommen, und da könnte ich genauso gut darauf warten, dass der Papst heiratet.
    Einige Häuserblocks lang herrscht Schweigen. Als sie in unsere Auffahrt einbiegen, sagt Hicks: »Ich brauche die Namen Ihrer Freunde, mit denen Sie sich an jenem Tag zum Snowboarden treffen wollten.«
    Ein kaum merkliches Zucken in Lucys Gesicht. »Natürlich«, erwidert sie. Zehn Minuten später hat sie sich von allen verabschiedet und ist auf der Heimfahrt.
    Hicks hat nicht so viel Glück. Sein Fahrer verfährt sich, wieder mal. Als er endlich ankommt, wirbelt der Wind den Schnee zu einem Blizzard auf und Hicks’ Rückflug ist storniert, wie auch alle anderen Flüge an die Ostküste.
    »Ich will nichts hören von einem Hotel«, sagt meine Mutter.
    Und so kommt es, dass Detective Hiawatha Hicks die Nacht unter einer lavendelfarbenen Decke in dem Bett verbringt, das einst mir gehörte, den Kopf auf mein Kissen gebettet. Seine letzten Gedanken kurz vor dem Einschlafen gelten Lucy. Und dann träumt er

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