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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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alle drei einzuladen, und sie ist hoffentlich nicht gekränkt. Aber du musst das verstehen – Lucy ist einfach noch nicht so weit   –«
    »Sie hat heute Nachmittag versucht, Annabel zu entführen,Dan. Sie ist im Kindergarten aufgetaucht und war fast schon verschwunden mit ihr.« Und er fügt noch hinzu: »Sie hat Annabel zu Tode erschreckt«, was ich bezweifle, auch wenn ich meiner Schwester ihre Irrsinnstat noch lange nicht verziehen habe.
    Diese New Yorker sind doch alle Hysteriker,
findet mein Dad. »Was? Das muss ein Missverständnis sein.«
Die Zimmerdecke hat einen Wasserfleck mit braunem Rand, so groß wie mein Kopf,
denkt er,
und trotzdem knöpfen sie uns fast 400   Dollar pro Nacht für diese stickige Bruchbude ab.
Mein Vater hasst nahezu alles an New York – den starken Kaffee, den hektischen Verkehr, den Lärm, doch vor allem die Abzocke. »Barry, Kinder in diesem Alter übertreiben gern. Molly hat damals immer von einem Phantasiefreund erzählt, Pogo.« Er merkt, dass er wie ein Wasserfall redet, viel zu schnell.
    »Es gab Zeugen, Dan. Verlässliche Zeugen«, sagt Barry. »Ich weiß nicht, was im Kopf deiner Tochter vor sich geht«, fährt er fort, immer noch freundlich, und ich bewundere meinen Ehemann für seine Selbstbeherrschung, als er präzisiert: »Was in Lucys Kopf vor sich geht«, schließlich gab es mal zwei Töchter. »Ich frage mich: weißt du’s?«
    Hat er uns je verstanden? Mein Vater liebt uns, das hat gereicht, mir zumindest. Ich habe nie erwartet, dass er mich versteht.
    Jetzt sitzt mein Vater aufrecht da, sein Gesicht ist fiebrig rot angelaufen. »Nein, Barry, ich weiß nicht, was meine Tochter sich dabei verdammt noch mal gedacht hat. Aber du darfst sie nicht gleich verurteilen. Versteh mich nicht falsch – wenn sie   … das   … getan hat, ist es abscheulich und, Herrgott, vollkommen verrückt, und wir werden dem auf den Grund gehen.«
Wie soll ich das bloß Claire beibringen? Sie wird das nicht aushalten.
»Lucy braucht ganz offensichtlich Hilfe.«
Sie wird so schnell auf der Couch eines Seelenklempners liegen, so schnell kann sie gar nicht gucken.
»Ich rufe sie sofort in Saint Barthélemy an und verlange   –«
    »Wow. Saint Barthélemy?«
    »Dort wollte sie hinfliegen   …«
    »Sie wollte mit Annabel auf eine Karibikinsel fliegen?«, fragt Barry.
Lucy ist ja noch irrsinniger, als ich geglaubt habe.
    Vielleicht war Saint Barthélemy nur ein Vorwand,
denkt mein Vater. Er fühlt sich wie ein Hornochse. »Barry, ich habe meine Tochter« –
meine einzige noch lebende Tochter
– »seit gestern nicht gesprochen. Am besten rufe ich sie sofort an. Bitte, mein Sohn.« Er hat Angst, dass er gleich zu weinen anfängt. »Entschuldige.« Und ohne einen Abschiedsgruß legt er auf.
    Barry wirft in einem übertriebenen Achselzucken die Arme in die Luft und sieht die beiden Frauen an.
    »Es ist wohl so, dass Dan und Claire von der ganzen Sache nichts wussten, oder?«, sagt Brie und schiebt ihren Schlangenarmreif hin und her. Wir bemerken beide, dass Stephanie sie aufmerksam betrachtet. Nein, ich korrigiere: den Armreif.
    Barry nickt. Ein konspiratives Vorhaben der Familie Divine ist so gut wie ausgeschlossen, da ist er sicher.
    »Ich finde noch immer, dass wir die Polizei informieren sollten«, sagt Stephanie, womit sie nicht ganz unrecht hat. »Vielleicht versucht sie es noch einmal. Lucy könnte – überall sein.«
    Nein, Lucy ist nicht
überall.
Ihr Flugzeug befindet sich im Landeanflug auf den Chicagoer Flughafen O’Hare, und sie fragt sich gerade, ob sie nicht am besten umgehend die 2 4-Stunden -Hotline für Durchgeknallte anrufen sollte. Das schlechte Gewissen plagt sie, es tut ihr alles entsetzlich leid, und sie fühlt sich einsamer als je zuvor.
Diesmal bin ich zu weit gegangen.
Immerhin sieht sie das ein.
Ich war viel zu impulsiv, habe meinen Plan nicht richtig durchdacht. Jetzt bin ich so gut wie erledigt.
    Während Barry noch Stephanies Vorschlag bedenkt, geht Brie zum Klavier hinüber. Mein Mann hat die Fotos, auf denen ich allein abgebildet bin, in einen Karton gepackt – »Ich ertrage es nicht, sie jeden Tag zu sehen«   –, doch es stehen noch mehrere Fotos der glücklichen Familie Marx dort. Brie betrachtet mein Gesicht. Ich spüre, dass sie mich vermisst, an mich denkt, mich liebt, in meinem Namen das Richtige tun möchte.
Sie war meine einzige richtigeFreundin,
denkt Brie.
Molly lebt jetzt in mir weiter, und ich schulde ihr etwas. Lucys verrückte Tat wird

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