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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Kiste Zinfandel nach Hause schicken lassen. Luke entschied sich für den Syrah. Wie in einen Nebel gehüllt fühlte ich mich, beseligt von der erfolgreichen Arbeit der vergangenen Woche ebenso wie von den exzellenten Weinen des heutigen Tages. Und die exzellente Begleitung war auch nicht zu verachten. Welche Ängste ich wegen Lukes Erwartungen an mich auch immer gehabt hatte, sie waren allesamt hinuntergespült, und wir lachten und flirteten.
    »Toll, Mädel«, sagte Luke im Tonfall von Prinz Charles, was ich in dem Augenblick einfach urkomisch fand.
    Unsicher auf den Beinen, wollte ich eben ein Taxi anrufen, als Luke mich in die weitläufige, weißgeflieste Eingangshalle zog und auf eine Treppe zeigte. »Mal sehen, wo’s da hingeht«, sagte er mit verschmitztem Blick.
    Wir schlichen eine knarzende Holztreppe hinunter und in einen niedrigen, fensterlosen Raum von der Größe eines Basketballfeldes. Von Wand zu Wand standen schwere alte Eichenholzfässer aufgereiht da. Die Kellerluft war angenehm frisch. Ich ging in die eine Richtung und Luke in die andere, immer wieder um enge Ecken herum, wie in einem Labyrinth.
    »Molly, komm mal her«, rief Luke mit einem Theaterflüstern quer durch den Raum.
    »Was gibt es denn?«
    »Komm mal her«, wiederholte er. »Das wird dir gefallen.«
    Ich tat es.
    Er ergriff meine Hände und drückte mich an eines der Fässer. Und dann küsste er mich, entschlossen. Seine Lippen schmeckten besser als jede Auslese von Ferrari-Carano, auch wenn ich schwören könnte, dass ich eine Note Zinfandel darin entdeckte, mit einem Hauch Boysenbeere und Süßholz. Er tauchte seine kühle Zunge tief in meinen Mund und umfasste mein Gesicht mit beiden Händen, während er mich weiter zärtlich und sehr sinnlich küsste. »Das will ich schon seit Tagen tun«, flüsterte er.
    Ich sagte nichts, strich nur mit den Händen über seinen Rücken und erwiderte seinen Kuss. »Nein« und »Ja«, beides kam mir in den Sinn, als er den Reißverschluss meiner Jeans öffnete und seine Finger in mich hineinglitten. Ich wehrte ihn nicht ab, sondern antwortete auf sein Begehren mit meinem eigenen, jede Bewegung auf ein Maximum an Lustgewinn ausgerichtet, für ihn, für mich, für uns beide zusammen.
    Als wir Schritte hörten, lagen wir auf dem Boden, der sich in meiner Seligkeit weich wie eine Federkernmatratze anfühlte. »Ich möchte nicht die ganze Nacht hier verbringen«, sagte ich.
    Hand in Hand gingen wir die Treppe hinauf und nach draußen,hinaus in die Dämmerung. Das Weingut wurde gerade geschlossen, und wir waren unter den letzten Gästen. Ich gab Luke die Karte mit der Taxinummer, die er, einen Arm um meine Schultern geschlungen, anrief.
    Wir gingen die Auffahrt hinunter auf den Ausgang zu und blieben bei einer großen Bronzestatue stehen, um uns erneut zu küssen. Es war der wilde Eber, der der Legende nach im Tal von Sonoma früher die Weintrauben gestohlen haben soll. Auf einer Plakette stand, dass er Bordeaux hieß und dass die Träume derer sich erfüllten, die seine Schnauze berührten und sich dabei etwas wünschten. Die große Schnauze glänzte hell, so oft war sie schon berührt worden. Ich streckte die Hand aus.
    Lass mich den richtigen Mann lieben,
sagte ich mir.
Lass mich mein Leben nicht ruinieren. Lass mich herausfinden, was mich glücklich macht.
    Ja, ich weiß, ich hatte drei Wünsche ausgesprochen, nicht nur einen. Aber ich hoffte, über diesen formalen Fehler würde Bordeaux hinwegsehen.

22
Kommen drei Männer in eine Bar
    »Barry!«, ruft Stephanie ins Telefon.
    Ich hoffe, es ist wichtig,
denkt Barry. Er hinkt dem Zeitplan hinterher, weil die erste Operation heute länger gedauert hat. Was vorkommen kann, wie er mir mal erklärte, wenn die Patientin außerordentlich dick ist.
    Als Stephanie zu reden beginnt, kommt seine Sprechstundenhilfe ins Sprechzimmer und flüstert vernehmlich: »Tut mir leid, ich will nicht stören, aber Delfina ist auf Leitung zwei. Sie sagt, es ist dringend.«
    »Später, Stephanie.« Barry legt auf.
Hoffentlich ruft Delfina nicht an, weil sie plötzlich nach Hause fahren und einen kranken Verwandten pflegen will,
denkt er.
Oder weil sie mehr Geld möchte. Oder kündigen will.
Das befürchtet er jeden Tag. Delfina ist das Schweizer Messer seines Lebens, das nahezu jedes praktische Problem für ihn löst.
    »Dr.   Marx?«, sagt Delfina. »Mrs.   Marx’ Schwester   –«
    »Lucy?«
    »Mrs.   Marx’ Schwester. Sie hat sich Annabel geschnappt«, platzt es aus

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