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Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben

Titel: Ich, Molly Marx, Kuerzlich Verstorben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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der das auch wissen will.
    »Ich habe ein rein berufliches Verhältnis zu Barry Marx«, erwidert Stephanie, die sich schnell von ihrem Schreck erholt hat, mit fast melodiöser Stimme. »Obwohl er ja inzwischen wieder Single ist, soweit ich weiß.« Sie lächelt, doch nur mit dem Mund. »Hat es Sie eigentlich sehr getroffen, dass Ihre Freundin Molly lieber Barry als Sie in ihrem Bett wollte?«
    »Ich an Ihrer Stelle würde mir nicht allzu viel Hoffnung auf Barry Marx machen«, sagt Brie. »Seine Aufmerksamkeitsspanne reicht nicht von zwölf Uhr bis Mittag.«
    »Er scheint mir interessiert genug.«
    »Den Eignungstest seiner Mutter bestehen Sie nie.«
    »Da irren Sie sich«, sagt Stephanie lachend. »Es war Kitty, die uns miteinander bekannt gemacht hat.« Sie denkt daran, wie Barry Kitty nach einer Yoga-Stunde zu einem ihrer regelmäßigen Mittagessen abholte. »Ah, der berühmte Sohn«, hatte Stephanie gesagt, als sie auf dem Gehweg mit ihrer neuen Freundin Kitty plauderte, die schon so oft von ihm gesprochen und, was seine Ausstrahlung betraf, wahrlich nicht übertrieben hatte.
    »Wenn Sie schon Revieransprüche auf Barry geltend machen, warum pinkeln Sie ihn dann nicht einfach an?«, fragt Brie.
    »Wie bitte? Ich kann Sie nicht verstehen, da oben an Ihrem Kreuz.«
    Die Stimmen werden lauter, höher, schriller. Als Brie auf die Central Park West hinaustritt und lässig in ihren Firmenwagen steigt, würde ich ihr am liebsten zujubeln, auch wenn ich mich immer über diese spezielle Vergünstigung lustig gemacht habe.
    Stephanie verschwindet um die Straßenecke. Lieber Gott, bitte lass sie in einen Haufen Hundescheiße treten.
    Was für eine grässliche Person,
denken Brie und Stephanie jeweils über die andere.

23
Gebieterisch wie Kleopatra
    »Es ist alles geplant für morgen«, sagt Brie und fährt sich mit gleichmäßigen Bürstenstrichen durchs Haar, während sie mit der anderen Hand den Fön hält. Ihre Arme sind schlank und fest wie die eines vierzehnjährigen Jungen. Darum habe ich sie immer beneidet. »Ich hatte gehofft, du würdest diesmal mitkommen.«
    Brie steht barbusig da. Sie ist die einzige Frau, die ich kenne, die es sich erlauben kann, hochgeschnittene Samba-Slips zu tragen. Nirgends erschlaffende Haut, was sie für genetische Veranlagung hält. Doch ich weiß, dass auch wortkarge, schweißtreibende Stunden auf dem Crosstrainer ihren Anteil daran haben.
    »Erzähl mal«, sagt Isadora und sinkt langsam in die tiefe, freistehende Wanne. Sie beeilt sich nur selten und beginnt jeden Morgen mit einem rituellen Bad, das nie kürzer als fünfzehn Minuten ausfällt. Als sie das Apartment entwarf, hatte Isadora auf ein weißes Marmorbad bestanden, das genauso groß war wie das Schlafzimmer. Es wirkt wie ein Laboratorium und ist auch eines, hier wird die Schönheit entwickelt, hier beginnt die Verwandlung.
    Brie hat den Samstag minutiös geplant. »Los geht’s bei Sarabeth’s auf der Central Park South, von den Kürbiswaffeln dort wirdAnnabel schwärmen, dann das Karussell und ein Spaziergang die Madison hinauf, wo ich übrigens ein hinreißendes Kleidchen gesehen habe – einen hellblau karierten Trägerrock   –, dann ein Frozen Hot Chocolate im Serendipity, das muss jedes Kind mal probiert haben. Oh, und eine Buchhandlung – sie ist alt genug für ›Madeleine‹«, fügt sie hinzu. »Am späten Nachmittag Kino und Pizza.« Sie dreht den Spiegel, um ihren Hinterkopf zu betrachten. Ihr Haar ist so glatt wie gemalt. »Am liebsten würde ich noch mal ins Theater mit ihr gehen, aber dann müsste ich unseren Bummel streichen.«
    »Das ist sowieso viel zu viel für eine Fünfjährige«, sagt Isadora, während sie einen Fuß aus dem Wasser hebt und sanft mit dem Bimsstein nicht vorhandene Hornhaut entfernt. Ihre gepflegten Füße sind ihr ganzer Stolz. Sie geht jede Woche zur Pediküre und lässt die Nägel lackieren, immer in dem Farbton Vamp von Chanel. Etwas anderes kommt nicht in Frage.
    »Annabel ist erst vier«, sagt Brie. »Beinahe.«
    »Noch schlimmer. Bist du nicht bei Trost?«
    »Wer hat dich denn zur Königinmutter erklärt?«, entgegnet Brie leise. »Annabel wird begeistert sein.« Dafür wird sie schon sorgen.
    »Aber all das für so ein kleines Mädchen? Sie wird ein quengeliges Prinzesschen werden.« Isadora lacht und denkt:
Genau wie ihre Mutter.
In den letzten drei Monaten habe ich erfahren, dass ich nach Isadoras Dafürhalten die viele Aufmerksamkeit, die man mir schenkte, nicht verdient

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