Ich muss dir etwas sagen
sie akzeptiert und versteht, daß ihre dauernde Krittelei ein Problem für sie darstellt.
Welches Bedürfnis hat die Mutter, dem die Tochter gerecht
werden könnte? Eine Klientin sagte mir, ihre Mutter würde die Aussage „Es nervt mich fürchterlich, daß du mich dauernd
kritisierst” so verstehen, als hätte sie gesagt: „Ich brauche dich nicht mehr, und du hast mir sowieso nichts zu bieten.” Und welche Mutter fände es nicht entsetzlich, sich so etwas anhören
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zu müssen? Also begann und beendete diese Klientin ihre Kritik so: „Ich brauche dich, und ich weiß, daß ich noch viel von dir lernen kann.” Als die Mutter sich dann die Kritik angehört hatte, antwortete sie: „Nun, vielleicht hast du recht. Ich werde
versuchen, mich ein wenig zu ändern.”
Meistens fürchten Menschen sich vor Kritik, weil sie sich
fragen müssen: „Was geschieht, wenn ich mich ändere, und was, wenn mir das nicht gelingen sollte?” Anders gesagt: Sie
befürchten den Verlust des Vertrauten, haben Angst, zu
versagen und im Stich gelassen zu werden. Also brauchen sie die Rückversicherung, daß ihnen das Vertraute nicht
verlorengeht, und sie wollen die Hoffnung haben, daß sie sich auch ändern können. Außerdem sollte man ihnen vermitteln -
wenn das in der entsprechenden Situation möglich ist -, daß die schlimmsten Konsequenzen eigentlich gar nicht so fürchterlich sind.
Einen heiklen Wunsch äußern
Angenommen, Sie sind Buchhalter in einer Werbeagentur. Eine Ihrer Kolleginnen ist eine attraktive, junge Texterin, und Sie würden gerne mit ihr ausgehen. Aber Sie befürchten, sie würde Sie nicht weiter beachten, weil Sie ja „nur” Buchhalter sind, oder daß sie Sie auslacht oder grob abweist, wenn Sie
versuchen, mit ihr anzubandeln.
Was also könnte das Bedürfnis der Texterin angesichts der
Tatsache sein, daß Sie sich zu ihr hingezogen fühlen?
Möglicherweise befürchtet sie, einen ganzen Abend mit
jemandem verbringen zu müssen, der langweilig und außerdem aufdringlich ist. Also bitten Sie sie, an einem Wochentag mit Ihnen auszugehen, in ein kaum frequentiertes Restaurant, weit ab vom Schuß, wo man sie nicht gemeinsam sehen wird. So
kann sie Sie gefahrlos abchecken, ohne daß Sie gleich an ihr
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kleben. Und - sie sagt ja!
Meistens sind andere von einer Bitte deshalb unangenehm
berührt, weil sie sich dadurch in die Ecke gedrängt und machtlos fühlen, denn schließlich könnten sie ja etwas verlieren, ob sie nun mit Ja oder Nein antworten. Das macht es so schwer, sich einen Wunsch anzuhören. Meistens möchten sie allerdings nur ablehnend reagieren dürfen und wollen sicher sein, daß nichts an ihnen hängenbleibt, keine Verpflichtung oder ähnliches, wenn sie ja sagen. Sie möchten unbelastet ja sagen können - es soll nicht schwer sein, zu diesem Ja zu stehen. Und wenn jemand Ihnen etwas gibt, will er meist einen Gegendienst dafür, und Sie müssen andeuten, wie er - oder sie - ihn bekommen kann.
Brisante Gefühle enthüllen
Manchmal möchten Sie jemandem eröffnen, was Sie bei einem
bestimmten Thema empfinden oder von ihm halten. Dabei
vermuten Sie aber, daß der andere es gar nicht hören will oder daß es seine Sicht der Dinge durcheinanderbringen könnte. Aber Sie können Ihre Gefühle einfach nicht für sich behalten. Mal angenommen, es nervt Sie, immer so knauserig sein zu müssen.
Sowohl Sie als auch Ihr Mann gehen beide arbeiten und tun
wirklich ihr Bestes, aber da Sie zwei Kinder haben und die Hypothek schwer auf Ihnen lastet, müssen Sie sich sogar bei den Ausgaben fürs tägliche Abendessen zurückhalten. Sie haben es allerdings satt, jeden Pfennig umdrehen zu müssen.
Sie möchten, daß Ihr Mann Ihre Gefühle kennt, aber nicht, daß er sich deshalb schuldig oder niedergeschmettert fühlt oder wütend auf Sie wird.
Was braucht er, wenn Sie Ihre Gefühle äußern?
Wahrscheinlich befürchtet er, Sie hielten ihn für einen Versager und bereuten es, ihn geheiratet zu haben. Wenn Ihr Hochzeitstag sich jährt, könnten Sie eine kleine, private Zeremonie gestalten,
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wo Sie beide Ihren Treueschwur erneuern und jeder sein Herz ausschüttet. Sie sagen, wie glücklich Sie sind, mit ihm
zusammenzusein, und dann äußern Sie Ihre Gefühle hinsichtlich der Probleme, einschließlich der finanziellen. Wahrscheinlich wird er sich sicher genug fühlen, Ihnen für Ihre Ehrlichkeit und Nähe dankbar zu sein.
Meistens machen Gefühle, über die man schwer reden
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