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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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Frauen her, brachte ihnen den Tod. Doch seine explosiven Vorstellungskräfte katapultierten ihn lediglich in eine neue Enttäuschung. Er war nur einen faulen Kompromiss eingegangen, die eingebildete Leidenschaft entpuppte sich als ein Muster ohne Wert, die Selbstenthemmung blieb ein frommer Wunsch. Die brutale Realität hingegen war bedrohlich und ernüchternd. Er sah keine Lösung, keinen Ausweg. Das ging jetzt schon Monate lang so.
    Die unerfüllte Begierde war launenhaft und tyrannisch. Es half auch wenig, wenn er onanierte. Die maßlosen Bilder in seinem Kopf waren nicht mehr als die Vorspeise eines Festessens, an dem er nicht teilnehmen durfte. Ihre Wirkung war begrenzt, nur temporär. Und die Trugbilder erzeugten keinen tatsächlichen Rückstoß, keinen wirklichen Nervenkitzel. Die absolute Befriedigung war nicht möglich. Immer wieder musste er sein todbringendes Vernichtungswerk aufs Neue beginnen lassen. Eine Sisyphusarbeit. Die Wonnen der mörderischen Imagination waren trügerisch. Das wollte er nicht länger akzeptieren. Er war regelrecht ausgehungert.

14
                        
                       Er keuchte, der Kampf hatte ihn angestrengt, besonders das Würgen. Mit beiden Händen hatte er so lange kräftig zugedrückt, bis sie nicht mehr mit den Fäusten gegen seine Arme schlagen und mit den Beinen strampeln konnte und leblos zusammengesackt war. Für einen Moment richtete er sich auf und horchte gebannt in die Dunkelheit. Nichts. Offenbar hatte niemand etwas mitbekommen.
    Die junge Frau lag jetzt vor ihm: rücklings, die Beine gespreizt, Rock und Unterrock bis zu den Hüften hochgeschoben, die beiden übereinander getragenen Schlüpfer heruntergerissen. Um sich noch einmal aufzugeilen, betatschte er ihren Körper. Er genoss es. Dass er einen Leichnam schändete, störte ihn nicht weiter. Aber er konnte das »komische Gefühl“ nicht mehr einfangen. Es war vorbei. Er ließ von ihr ab und machte sich davon.
    Nach einer halben Stunde Fußmarsch erreichte er das Wohnheim. Es war bereits weit nach Mitternacht. Unbemerkt schlich er durch das dunkle Gebäude in den zweiten Stock und schloss die Tür zu seinem Zimmer auf. Er zog die verdreckten Klamotten aus, wusch sich die Hände und das Gesicht. Dann setzte er sich auf das Bett und kehrte in Gedanken an den Tatort zurück. Er onanierte und stellte sich vor, mit seinem Opfer doch verkehrt zu haben. Kurze Zeit später schlief er tief befriedigt ein.
    Nur wenige Stunden später, gegen 7.20 Uhr, wurde die Leiche von fünf Jugendlichen entdeckt, die eine Radtour unternahmen. Der tote Körper lag in einer Mulde des Rheinuferparkgeländes an der Moerser Straße, etwa 120 Meter von der Graf-Spee-Brücke entfernt, die Rheinhausen mit Duisburg verband. Kripobeamte aus Rheinhausen, Moers und Mönchengladbach nahmen wenig später die Ermittlungen auf.
    Die Ermordete konnte schnell identifiziert werden als die Haushälterin Frieda Pfundner, geboren am 4. August 1935 im thüringischen Mühlhausen. Als Todesursache wurde »Erstickung durch Würgegriff« angenommen. Zunächst mussten die Lebensumstände und -gewohnheiten des Opfers erhellt werden, da keine Spuren am Tatort und an der Leiche gefunden werden konnten, die auf einen Kampf hindeuteten. Die Kripo vermutete deshalb, dass sich Täter und Opfer gekannt oder kurz vor der Tat kennen gelernt hatten.
    Die Ermittler fanden heraus: Frieda Pfundner war im November 1957 aus der sowjetischen Besatzungszone in die Bundesrepublik gekommen und hatte seitdem in der Gaststätte »Kronenburg« an der Atroper Straße in Duisburg-Hochemmerich gearbeitet. Mit einer Arbeitskollegin hatte die 23-Jährige sich dort ein Zimmer geteilt. Die junge Frau war auf sich allein gestellt gewesen, hatte keinen festen Bekanntenkreis. Ihre Verwandtschaft war in der Sowjetzone geblieben.
    Arbeitskolleginnen beschrieben Frieda Pfundner als »vergnügungssüchtig« und »dem Alkohol ergeben«, ihr wurden zahllose Männerbekanntschaften nachgesagt, die, »wenn überhaupt, nur ein paar Tage hielten«. Regelmäßig sollte sie sich im »Musikdorf«, einem Tanzlokal in Rheinhausen, aufgehalten haben – um dort »junge Burschen aufzugabeln«. Damit sie bei Männern »besser ankam«, hatte sie sich ihre schwarzen Haare strohblond färben lassen.
    Auch die Aussage ihrer ehemaligen Chefin stützte die Einschätzungen der anderen Zeugen: »Wenn sie um 15 Uhr Feierabend hatte, ist sie immer losgezogen, über den

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