Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)
Mutter, Ihren Vater, die Geschwister, die vielen Verwandten. Die gehen jetzt durch die Hölle. Helfen Sie diesen unschuldigen Menschen und sich selbst. Befreien Sie sich von dieser ungeheuren Schuld. Geben Sie es doch endlich zu, machen Sie allem ein Ende.«
Nach drei Monaten verlor er seinen Job, Besuch bekam er nur noch von seiner Mutter und seinem Rechtsanwalt. Jeden Tag rechnete er mit neuen Hiobsbotschaften, angeblichen Beweisen oder Indizien, die ihn zu etwas stempeln sollten, das er nicht sein konnte. Am heftigsten litt er darunter, nichts tun zu können, nichts tun zu dürfen. Er war zur Untätigkeit verdammt und musste ausharren. Er schlief kaum noch, verlor den Appetit, nahm 15 Kilo ab. Sollte man ihn schuldig sprechen, es käme einem Todesurteil gleich. Er würde den harten und eintönigen Vollzug nicht schaffen, die fortwährende Ungerechtigkeit nicht ertragen können.
Als er nach neun Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, wartete nur seine Mutter auf ihn. Das Gericht hatte entschieden, dass die Beweise für eine Anklageerhebung »nicht ausreichten«. Die Freude über die wiedergewonnene Freiheit wich der Erkenntnis, dass sein Ruf demontiert, seine Existenz zerstört worden war. Als gebrochener Mann kehrte er seiner Heimat den Rücken. Nur seiner Mutter schickte er in den folgenden Jahren immer wieder mal eine Postkarte.
18
Sie trug ihr Haar genau so, wie er es mochte: blond, gelockt, schulterlang. Deshalb hatte er sie ausgesucht. Auch die knabenhafte Figur war ganz nach seinem Geschmack. Ihr hübsches Gesicht war starr, die Augen weit aufgerissen, der Blick leer. Der Mund war halb geöffnet, so, als wenn sie etwas sagen wollte. Aber sie konnte nicht sprechen. Es war keine erwachsene Frau, sie erschien ihm viel jünger, aber ihr genaues Alter kannte er nicht.
Er war nervös, aufgeregt, erregt. Er wurde das Gefühl nicht los. Er musste sich über sie hermachen.
Sie lag jetzt vor ihm auf seinem Bett. Er streichelte mit seiner Hand behutsam über den blauen Pullover, Marke »Arnell«, der zahllose unregelmäßig geformte dunkle Flecken aufwies, befingerte die braune Cordsamthose. Sie zeigte keine Regung, ließ sich alles gefallen. Das passte ihm nicht. Sie sollte sich wehren – wie das Mädchen mit den brünetten gewellten Haaren in Essen, das er im dortigen Stadtwald getroffen hatte. Mit einem Ruck riss er die Vorderseite der an den Knien durchgescheuerten Hose auf. Der Riss reichte vom unteren Hosentürchenansatz in der Naht des rechten Hosenbeins nach unten, vielleicht 30 Zentimeter weit.
Mit Zeige- und Mittelfinger befummelte er den an zwei Stellen eingerissenen Schlüpfer, der ihr viel zu groß war. Wieder zeigte sie keine Regung. Er schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht: »Jetzt bist’ dran!« Seine Hände umschlangen ihren Hals, er begann kräftig zuzudrücken. Dann riss er ihre Beine auseinander, rieb sich an ihr. Minutenlang.
Aber es brachte nichts. Ihre Leblosigkeit und Passivität störten ihn. Er ließ von ihr ab und begann zu onanieren. Seine Augen fixierten sie dabei unablässig, während abartige Phantasien ihn in eine andere Welt katapultierten. Sie begann sich zu wehren, heftig schlug sie mit den kleinen Händen gegen seine Unterarme, versuchte nach ihm zu treten. Aber sosehr sie sich auch zur Wehr setzte, es nutzte nichts. Und dann klappte es bei ihm.
65 Mark hatte er für sie bezahlt. »Mit so einer Partypuppe sind Sie nie mehr allein«, war im Prospekt nachzulesen, »und sie erfüllt Ihnen jeden Wunsch. Sie ist sehr anschmiegsam und absolut anspruchslos. Sie ist aus fleischfarbener Kunststoffolie gefertigt und mit allen weiblichen Vorzügen ausgestattet. Sie wird ohne Kleidung geliefert. Sie können Sie ganz nach Belieben kleiden.«
Das hatte ihn überzeugt. Sie maß 150 Zentimeter, hatte Brüste, aber keine Haare, auch keine Scheide. Bevor er über sie herfallen konnte, musste er sie aufblasen. Anschließend verpasste er ihr eine Perücke, drapierte sein Opfer mit Unterwäsche, dazu Pullover, T-Shirt, Bluse, Hose, Rock oder ein Kleid. Die Klamotten stammten aus Altkleidersammlungen.
Obwohl er das Zimmer 209 im werkseigenen Arbeiterwohnheim in der Angershauser Straße 47 alleine bewohnte, versteckte er all seine Utensilien in einem Schrank. Er hatte Angst, die Putzfrauen oder der Hausmeister könnten sie finden.
Er war mittlerweile 29, vermied aber weiterhin
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