Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
schlendere durch die Wohnung, ohne in auf dem Boden liegende Gabeln zu treten, ich sehe mir alle Folgen von Grey’s Anatomy an und esse Eis aus der Packung, bis mir schlecht wird. Ich brauche niemanden, der mir vorschreiben will, wie ich mein Leben gestalte, Entschuldigung, aber ich habe bereits ein Leben, und zufälligerweise führe ich das sehr gerne so. Wenn Konrad mich nicht haben will, wie ich bin, und zwar ohne Ring am Finger und dickem Bauch (na ja, okay, den dicken Bauch bekam er zwar, aber wenigstens war der vom Essen und nicht vom Babykriegen)– dann ist er, und ich muss zweimal tief durchatmen, bevor ich das wirklich schreibe, nicht der Richtige.
Okay. Jetzt hab ich es geschrieben. Da steht’s. Ich erwarte, dass ich jeden Moment vom Schwefelodem des Schicksals gestreift werde, das mir entgegenhustet: Jetzt hast du es gesagt, jetzt ist es wahr!
Aber nichts passiert. Kein Schicksalshauch. Kein Orkan, der mich vom Stuhl fetzt. Nicht mal ein Windhöschen. Äh– hallo? Stimmt der Satz dann überhaupt? Meine ich ihn so, wie ich ihn in die Welt hinauspuste? Kann das vielleicht mal irgendwer verifizieren? Ja? Nein?
Nichts. Stille. Wie immer.
So schön kann doch kein Mann sein
Dienstag, 11 . Oktober, um 19 : 45 Uhr
Ich bin ein zufriedener, glücklicher Single. Ich bin ein sehr zufriedener, glücklicher Single. Ich bin ein sehr, sehr, sehr zufriedener, glücklicher Single. Und ich bin mir sicher, je öfter ich diesen Satz wiederhole, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich ihn irgendwann glaube.
Ich hasse mein Leben. Nach einer Woche Dauerschlafanzug kann ich mich selbst nicht mehr leiden. Meine Beine flehen mich an, sie mögen rasiert werden. Meine Haare könnte ich auch mal wieder waschen. Und überhaupt, ich lasse mich dermaßen hängen, dass selbst Sydney mitleidig von seinem Sitzkissenthron auf mich herabschaut. Obwohl ich größer bin als er, wenn ich vor dem Sofa stehe. Erbärmlich!
Eberhard, der Schnittlauch, lässt die Stängel hängen. Sein vorwurfsvolles Rumgehänge geht mir auf den Keks, deswegen stelle ich ihn nach einer Woche in die fensterlose Vorratskammer. Bist du dir wirklich sicher, ob das die richtige Entscheidung war?, scheint er mich zu fragen, als ich gerade beherzt die Tür zuschieben will. Welche Entscheidung?, frage ich zurück. Ich habe mich ja gar nicht entschieden. Das mit dem Entscheiden hat der Herr Paulsen schon ganz alleine übernommen, ich habe eigentlich gar nix gemacht.
» Das ist ja eben das Problem«, sagte mir Mona, als sie heute Morgen vorbeikam, alarmiert von den Anrufen der anderen Mädels, ich würde die Tür nicht mehr öffnen, und unter dem Türspalt hindurch würde es schon ein bisschen muffelig riechen. Ist nicht so, dass ich die Tür nicht mehr öffne, ich öffne sie halt nicht mehr für jeden. Und meine Mutter und Tine, also nee, nein danke, die können mir mal gestohlen bleiben. Ich brauche loyale Gefolgschaft, ich bin im Krieg! Keine Heuchler, die mir die Wahrheit in die Ohren flüstern.
» Das Problem ist«, seufzte Mona gestern, » dass du genau genommen gar nichts gemacht hast.«
» Woher weiß du das?«, fragte ich erschrocken und kannte die Antwort längst. Klüger wäre ohnehin gewesen, überrascht zu tun, anstatt sich so dummdreist erwischen zu lassen. Na ja, man kann halt wirklich nicht alles haben. Innerlich rüstete ich gegen den bevorstehenden Beschuss auf und ließ vorsorglich das Visier runter.
» Ich hab mit Konrad gesprochen«, erklärte Mona, und immerhin schlug sie bei diesem unglaublichen Geständnis die Lider nieder. Schäm dich! Pfui!
Vor mir lag der Fehdehandschuh. Du etwa auch, Brutus? Es durchzuckte mich wild, auch mit ihr kurzen Prozess zu machen und sie über Bord gehen zu lassen. Gleichzeitig dämmerte mir, dass es am Ende des Tages und gerade in meiner… speziellen Situation nicht schlecht wäre, wenigstens noch den einen oder anderen » Freund« nennen zu können. Selbst wenn ich recht hatte, natürlich. Selbstredend.
» Meinst du nicht, ihr solltet mal miteinander reden?«
» Mona, was gibt es da zu reden? Er will etwas, was ich ihm nicht geben kann.«
» Aber bist du dir da wirklich sicher?«, fuhr Mona gesprächsführungsbegabt fort. » Ich hab neulich was gelesen, das habe ich mir aufgeschrieben, weil ich es so gut fand.« Mona kramte in ihrer Handtasche und zog ein abgegrabbeltes Notizbuch hervor. Sie räusperte sich und verlas dann in ihrer besten Nachrichtensprecherstimme: » Denn ändert sich das
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