Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
zärtlicher, fast schon– besorgt? » Wie geht’s denn eigentlich dir?«
» Och.« Was soll ich sagen? Gut so weit, danke der Nachfrage? Weniger desaströs als erwartet? Schlimmer als egal, aber weniger schlimm als möglich? Ich entscheide mich fürs Unkonkrete. » Ich schlag mich so durch.«
» Und was ist der Plan?«, fragt Tine.
» Welcher Plan?«
» Na, Konrad muss dich ja irgendwie zurückerobern, oder?«
» Tine«, fange ich an, doch dann versagt mir die Sprache. Ich fühle mich, als ob ich einem neunjährigen Mädchen erklären müsste, dass Mama und Papa sich einfach nicht mehr so lieb haben wie am Anfang, aber es sich jetzt freuen dürfe, bald habe es nämlich zwei Spielzimmer und doppelt so viel Spielzeug wie vorher. Ist das nicht toll? Yeah. » Ich weiß nicht, ob es da was zum Zurückerobern gibt.«
Tine schweigt, ich fahre fort. Ich sage ihr, was ich wirklich denke. Konrad hat sich nicht umgedreht, hat unser Drama in der Katastrophe und nicht im Happy End enden lassen, und ich werde einen Teufel tun, ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Ich bin sauer, resigniert, verletzt und wütend. Und deswegen sage ich das Unverzeihliche.
» Ich denke, Konrad und ich, wir haben einfach unterschiedliche Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben.«
So, jetzt hab ich ihn gesagt, den Satz. Fühlt sich eklig an, trotz aller mentalen Vorbereitung, igitt, ich will mir direkt den Mund mit Seife auswaschen.
» Das ist jetzt nicht dein Ernst«, sagt Tine.
» Ähm, doch, ja, ich denke schon.«
» Sag mal…« Tine zögert, dann plötzlich rattert sie wie ein Maschinengewehr los. » Seid ihr jetzt eigentlich alle total verrückt geworden? Spinnt ihr? Ihr liebt euch doch! Was soll denn der Scheiß? Das kriegt ihr doch hin, das ist doch nichts, was man nicht besprechen könnte, das ist doch verhandelbar, Mensch, da muss man doch nur mal einen Kompromiss finden!«
Bist du wütend, zähl bis vier, hilft das nicht, dann explodier. » Kompromiss? Ihr geht mir auf den Geist mit eurem blöden Kompromiss! Wieso muss im Leben denn alles immer ein Kompromiss sein?« Alles. Immer. Keiner. Nie. (O Gott, ich klinge wie meine Mutter.) » Kann nicht einmal etwas genau so sein, wie ich es haben will? Muss ich denn immer irgendwas in Kauf nehmen oder akzeptieren? Hier geht’s um mein gottverdammtes Lebensglück, heilige Scheiße!«
» Nee, Juli«, Tine schnaubt, » dein Lebensglück, das hast du sang- und klanglos ausziehen lassen, dem kannst du höchstens noch hinterhertrauern.«
» Blöde Kuh!«, rufe ich, und dann lege ich ganz schnell auf, bevor sie es tut.
Mit Kompromissen
Freitag, 7 . Oktober, um 14 : 15 Uhr
Kompromisse. Kompromisse. Kompromisse. Wenn ich das Wort noch einmal höre, schieße ich ungespitzt durch die Decke. Ich lass mich nicht verbiegen! Und es ist ja auch überhaupt nicht so, dass ich nicht kompromissbereit wäre. Ich bin kompromissbereit, und ich betone das nur, falls das noch niemandem aufgefallen sein sollte, ich würde sogar sagen, dass ich außerordentlich kompromissbereit bin, wenn ich mal an all das denke, was ich bei meiner Bestellung gratis dazubekommen habe, obwohl ich es eigentlich gar nicht wollte!
Einen fetten Kater, zum Beispiel. Gut, ich liebe Sydney mittlerweile sehr, und am Samstag, als Konrad, der kompromisslose (!) Konrad, mit seiner lächerlichen Tasche in der Hand die Biege machte, hatte ich wirklich richtig Schiss, dass er Sydney mitnimmt. Hat er aber nicht. Hätte ich auch nicht zugelassen. So.
Oder Günther. DIE hätte ich mir wirklich nicht ausgesucht, nicht mal jetzt, wo sie so was wie nett ist. Oder Nadine– wer wünscht sich bitte so eine Vorgängerin? Vorgängerinnen haben hässlich zu sein, dumm und möglichst fett, im besten Fall haben sie ihren Exfreund sogar betrogen, da KANN man dann nur noch punkten. Und zwar einfach, indem man vielleicht nicht umwerfend schön, umwerfend schlau und umwerfend schlank, aber zumindest umwerfend treu ist.
Oder diese Maulwurfshügel! Wie ich die hasse! Und– bei allem nötigen Respekt Tagalog gegenüber, die hier wirklich ihr Bestes gegeben hat– selbst als sie nicht mehr da waren, haben sie mich genervt, denn ich wusste, würde Tagalog sie nicht schon im Entstehungsstadium wegräumen, würden sie heranwachsen und mich irgendwann unter sich begraben– ermordet, erschlagen, verschüttet unter Konrads stinkigen Klamotten, na schönen Dank auch.
Je mehr ich darüber nachdenke, umso glücklicher bin ich, dass Konrad endlich weg ist. Ich
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