Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen
Ohren.« Das Wort » Ohren« betone ich ein bisschen mehr als nötig. » Ich habe die Nase wirklich voll von deinen Mätzchen.« Ich sage das sehr ruhig. Sehr präzise. Und sehr gemein. » Steck deinen Riecher nicht in Dinge rein, die dich nichts angehen.« Das klingt gut. Ich komme in Fahrt. Und mir fallen noch viel mehr lustige Begriffe zu Nasen und Ohren ein.
Konrad guckt mich ungläubig an. Sein Blick sagt so viel wie » Sei jetzt still!«, und zwar ohne Unterton.
Das hält mich allerdings nicht davon ab, noch mehr Salz in die Wunde zu streuen.
» Ich lasse mir von dir nicht länger auf der Nase herumtanzen.«
Nadine fasst sich unwillkürlich und sehr erschrocken an die Nase. Hab ich dich.
» Schreib dir das ein für alle Mal hinter die Ohren!«
Ein panischer Blick, Nadines linke Hand wandert vorsichtig an ihr Ohr, wohl um zu überprüfen, ob es noch anliegt.
» Konrad und ich sind bis über beide Ohren ineinander verliebt. Verstehst du?« Ich zucke verächtlich mit den Schultern. » In meinen Ohren klingen deine permanenten Sticheleien ohnehin nur wie ein jämmerlicher Versuch, von deinem eigenen beschissenen Leben abzulenken.«
Konrad schlägt die Hände vors Gesicht. Nadine starrt mich einfach nur ungläubig an. Dann Konrad.
Und ich hole aus zum ultimativen Vernichtungsschlag: » Also fass dich mal an die eigene Nase…«, STRIKE !, » …und lass uns bitte endlich in Ruhe.«
Stille.
Eine sengende Hitze legt sich auf uns. Nadine und ich stehen uns gegenüber, Nadine die Hand am Colt, meinen habe ich schon gezogen, aus seinem Lauf steigt ein feiner Rauchfaden in die Höhe. Ich hab getroffen. Irgendwo in der Wildnis heult ein Kojote. Ansonsten alles totenstill. Wir starren einander an. Im Hintergrund wird ein ausgedorrter Busch vom Wind über den Boden gerollt, tiefe Risse graben sich in den trockenen Untergrund. Der Wind bläst ein wenig stärker, irgendwo wiehert ein Pferd. Die Turmuhr schlägt zwölf, da wird quietschend die Saloontür geöffnet, und der Sheriff tritt zu uns heraus.
» Entschuldige. Sie hat das nicht so gemeint«, schleimt Konrad. Blöderweise bei der Falschen.
Nadine sagt nichts. Sieht mich nur lange, sehr lange und sehr traurig an. In ihren schönen grünen Augen glitzert es verräterisch. Sie wendet den Blick von mir ab und sagt leise zu Konrad: » Ich kann nicht glauben, dass du es ihr erzählt hast.«
Konrad sieht mich an. Und sagt zu Nadine: » Und ich kann nicht glauben, dass sie es dir erzählt.«
So. Ich darf mir selbst gratulieren, in Zukunft wird unter » Psychologischer Kriegsführung« mein Bild im Lexikon erscheinen. Und bei » Unlautere Mittel« auch.
Strafe muss sein
Freitag, 11 . Februar, um 23 : 01 Uhr
Konrad und ich hatten unseren ersten handfesten Streit. Traf sich gut, ich war ohnehin noch ordentlich auf Krawall gebürstet. Er warf mir vor, dass ich » private Informationen« gegen Nadine verwendet habe, ich warf ihm vor, dass er bei Nadine immer so schrecklich weichgespült und luschenhaft sei. Ja, luschenhaft. Ich habe genau dieses Wort verwendet. Noch schlimmer: Ich habe ihn als rückgratlos und als Luftpumpe bezeichnet.
Wir schrien uns eine Weile leidenschaftlich an, dann drehten wir uns noch ein paar Momente im Kreis, bis ich schließlich vorschlug, den Abend alleine zu verbringen. Immerhin sitzen wir seit Wochen aufeinander, da kann schon mal der Lagerkoller ausbrechen.
Konrad stimmte mit einem Achselzucken zu und sagte: » Ja, einen Abend allein kann ich mir auch mal wieder gut vorstellen!«
Blöd, wenn man gerade zusammengezogen ist. Ist nämlich gar nicht so einfach, den Abend alleine zu verbringen, wenn der andere im selben Raum sitzt.
Ich liege also auf der Couch und sehe mir demonstrativ blödes Zeug im Fernsehen an. Ich bin so sauer! Ich fühle mich so wahnsinnig ungerecht behandelt. Nadine, das alte Schrapnell, darf die allerallerschlimmsten Sachen zu mir sagen, aber ich darf nicht mal ein bisschen rumsticheln?
Na gut: Was ich zu ihr gesagt habe war… fies. Aber bestimmt nicht fieser als das, was sie gesagt hat! Sie hat behauptet, ich wollte Klamotten aus ihrem Schrank klauen. Sie hat mir ins Gesicht gesagt, dass ich fett bin! Ich fasse es einfach nicht, dass Konrad sich da nicht eingeschaltet hat, also wirklich eingeschaltet, und nicht so ein Walldorf-Kindergarten-Einwand: » Nadine.« Also bitte! Das kann ja mein kleiner Cousin besser, und der ist fünf.
Ich will ja gar keinen Kampf gegen Nadine führen. Ich habe aufgehört, mich
Weitere Kostenlose Bücher