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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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die Tasten, und gemeinsam geben sie ein vierhändiges Stück von Mozart zum Besten. Das hat Stil! Das hat Klasse!
    In Ermangelung eines Klaviers und ausreichender musikalischer Begabungen mache ich für Sydney immer das Radio an oder pfeife »Für Elise«. Sydney stört’s nicht weiter, auch wenn er nach dem Fraß nicht aus Dankbarkeit auf das Radio springt, um sich von mir streicheln zu lassen. Alles in allem sind wir aber ein gutes Team.
    Und nun will Konrad Sydney abschieben. Entweder zu Nadine, die ihn nicht mehr haben will, oder in ein Tierheim, was ich nicht haben will. Ich habe mich informiert. Ich war sogar beim Tierschutzbund! Und so toll die Arbeit vom Tierschutzbund und das Engagement vom städtischen Tierheim auch sind: Mein Kater wird da nicht hingehen! Nein, nixda, njet! Nur über meine Leiche!
    Im Tierheim war’s ganz schlimm. Da fiepsten mich siebzehn Hunde aller Größen und Couleurs durch die Gitterstäbe ihrer müffelnden Käfige an. Ein kleiner, abgemagerter Jack Russell presste seinen Kopf sogar durch die Stäbe und jaulte ganz herzzerreißend. Den Katzen ging’s zwar ein bisschen besser, aber trotzdem sah ich das eine oder andere angeknabberte Ohr, zerrupfte Felle und diesen gebrochenen, trüben Blick, den Tiere im Heim immer haben.
    Und ich sollte Sydney, mein kleines Pummelchen, mein graues Schmusekätzchen, meinen zart besaiteten Stubentiger dort hinbringen? Niemals!
    » Und wenn du meinst«, unterbricht Konrad meinen stillen Monolog, » dass die ganzen Aufkleber hier was bringen, dann muss ich dich leider enttäuschen!«
    Mist. Aus dem Tierheim habe ich einen großen Stapel » Ein Herz für Tiere«-Aufkleber mitgenommen und sie anschließend flächendeckend in der ganzen Wohnung verteilt. Auf dem Kühlschrank, am Spiegel, auf dem Klodeckel, an der Innenseite des Kleiderschranks: Überall klebt jetzt gut sichtbar ein etwa handflächengroßes, knallrotes Herz. Das » Ein Herz für« hab ich stehen lassen, » Tiere« hab ich mit Edding durchgestrichen und durch » Sydney« ersetzt. Eigentlich wollte ich auch noch ein Banner und ein paar T-Shirts bedrucken, Flugzettel verteilen und mit einem Megafon vor dem Haus eine Demonstration veranstalten, aber das hat mir Mona dann doch ausreden können.
    » Konrad«, beginne ich, denn das Drehbuch sieht vor, dass ich es jetzt zum hundertsechsundvierzigsten Mal erkläre, » das Tierheim ist keine Option. Das sind wirklich unmenschliche Bedingungen da!«
    Konrad lacht auf. » Unmenschlich vielleicht, aber schließlich soll der Kater da hin, nicht du!«
    Ich seufze. Dieser unbelehrbare Mann! » Du kannst dir das nicht vorstellen! Da sitzen all diese abgemagerten, frierenden, durstigen Tiere und schauen dich mit ihren großen, verhungerten Augen an.« Ich reiße die Augen auf, um die Wirkung zu verstärken. » Fast wie die kleinen Kinder in den Broschüren von Brot für die Welt !«
    Mein Freund schüttelt verzweifelt den Kopf: » Juli…«
    » Nein«, unterbreche ich ihn, » unterbrich mich nicht! Ich bin noch nicht fertig.«
    Konrad seufzt.
    Ich betrete beherzt und mit bebender Brust die Bühne. » Diese kleinen, verzweifelten Tiere! Du hättest das wirklich sehen müssen! Genau genommen kannst du dich glücklich schätzen, dass ich Sydney nicht nur nicht dort hingebracht habe, sondern dass ich nicht auch noch alle Tiere mit hier hergenommen habe!«
    Konrad sieht mich erschrocken an. » Sag mal, das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?«
    Melodramatisch schüttele ich den Kopf. » Das war so schrecklich! Die kleinen Pfoten! Das Winseln! Diese kargen, trostlosen Käfige! Man konnte richtig sehen, wie sehr die Tiere leiden. Alles nur Beton, Eisenstäbe und Elend.«
    Gut, das ist jetzt ein bisschen übertrieben. Im Tierheim herrschten zwar keine paradiesischen Zustände, aber so schlimm war es dann doch nicht. Aber das muss Konrad ja nicht wissen.
    » Es war kalt! Es gab keine Spielsachen! Kein Tageslicht! Die Pflegerin sagte mir, dass die Hunde manchmal nur einmal am Tag rausdürfen. Stell dir das mal vor!« Meine Stimme beginnt zu zittern. Meine Rede ist so bestechend, ich könnte einem Zebra glatt die Streifen ausreden. » Und die Pandas…«
    Mein Freund, der mich bisher mit leicht schräg geneigtem Kopf und skeptischem Blick betrachtet hat, merkt auf. » Im Tierheim gibt’s Pandas?«
    Öhm… Nee. Also, genau genommen gibt’s da keine Pandas, selbst im hiesigen Zoo nicht, soweit ich weiß. Mist. Da bin ich wohl übers Ziel hinausgeschossen. Ich

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