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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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die Bücher auf meinem Nachttisch waren alphabetisch sortiert. Ich ging zum Fenster und schnüffelte an den Vorhängen. Eindeutig frisch gewaschen.
    Ich öffnete eine der Türen meines Schrankes. Da lagen meine Kleider, fein säuberlich zusammengefaltet und ordentlich arrangiert: T-Shirts, Pullover, kurze Hosen, lange Hosen. Die Socken waren bündelweise sortiert. Meine BH s lagen einträchtig nach Farbe geordnet in der Schublade, selbst die Unterhosen waren zu kleinen, adretten Stäpelchen gefaltet.
    Auf Konrads Schrankseite sah es nicht anders aus. All die Kleidungsstücke, die vor unserem Urlaub noch bergeweise in der ganzen Wohnung verteilt gewesen waren, hingen gewaschen, gestärkt und aufgebügelt auf der Stange.
    » Sag mal«, begann ich skeptisch und sah Konrad an, » was ist denn bloß in Mona gefahren? Wieso räumt die hier auf? Bei der sieht es doch selbst aus wie Sau!«
    Konrad nuschelte irgendwas vor sich hin, und ich setzte meinen Streifzug durch die Wohnung fort. Im Badezimmer waren die Fugen gereinigt worden. Das Klopapier war nicht nur im Klopapierhalter und lag nicht irgendwo im Bad rum, wie es sonst der Fall war, es war sogar an der Spitze gefaltet, so wie in Hotels, wenn das Zimmermädchen da war. Der Spiegel blitzte mich freundlich und streifenfrei an. Ich schüttelte den Kopf.
    In der Küche hätte ich vom Boden essen können. Und sogar Lebensmittel waren trotz meiner vorurlaublichen Entsorgungsaktion zuhauf vorhanden. Als ich den Kühlschrank öffnete, offenbarte sich mir ein prachtvoller Anblick von fair gehandelten Bio-Produkten. » Mona war einkaufen!«, rief ich.
    Konrad reagierte nicht.
    Mit zunehmend skeptischer Miene und einem komischen Gefühl im Bauch wanderte ich ins Wohnzimmer, begrüßte Sydney, der schwanzzuckend und miauend auf dem Sofa residierte und sich vor Freude auf den Rücken rollte, als er mich kommen sah. Ich begann, den Acht-Kilo-Kater am Bauch zu kraulen.
    Und da fiel es mir auf.
    Das untrügliche Indiz dafür, dass hier etwas ganz und gar schiefgelaufen war.
    Dass nicht Mona hier aufgeräumt hatte.
    Dass jemand in meiner Wohnung gewesen war, den ich hier niemals hatte haben wollen.
    Die Sofakissen hatten einen Knick.
    Ich raste zu Konrad, der im Schlafzimmer mit einem Unschuldsgesicht seinen Koffer ausräumte, und baute mich vor ihm auf. Ich musste keinen Ton sagen. Konrad brach von ganz alleine zusammen.
    » Es tut mir leid, Juli!«, wimmerte er. » Ich weiß, du bist jetzt sauer, aber es gab keine andere Möglichkeit!«
    » Wie, es gab keine andere Möglichkeit?«, quetschte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. » Du hast eine Putzfrau engagiert?«
    Konrad schüttelte den Kopf. » Quatsch, keine Putzfrau.« Dann sah er mich mit einem Blick an, der abwechselnd zwischen Todesangst und Mitleidsheischerei hin- und herschwang. » Meine Mutter.«
    Ich konnte nicht explodieren. So gern ich auch gewollt hätte. Ein Lachkrampf überrollte mich und schüttelte meine Glieder. » Das ist ein Witz!«, schnaubte ich und hielt mir den schmerzenden Bauch.
    Konrads Blick gab Antwort.
    » Kein Witz!«, keuchte ich und erbleichte postwendend. Ich ließ mich aufs Bett sinken und bekam einen starren, verzweifelten Gesichtsausdruck.
    Konrad setzte sich neben mich und redete eine halbe Stunde auf mich ein. Ich verstand nur Fetzen von dem, was er sagte. Irgendwas mit » einzige Lösung«, » Verzeihung« und » nur gut gemeint« war wohl dabei. Aber mehr drang nicht zu mir durch.

Mein Revier
    Sonntag, 22 . Mai, um 20 : 05 Uhr
    Ich hab mich immer noch nicht wieder beruhigt. Ich kann nicht genau sagen, was gerade in mir vorgeht, irgendein seltsames Potpourri aus den unterschiedlichsten Gefühlen:
    Wut, weil Konrad hinter meinem Rücken eine Entscheidung getroffen hat, von der er wusste, dass ich sie nicht akzeptiert hätte.
    Entsetzen, weil Günther in meiner Unterwäsche rumgewühlt hat.
    Bodenlose Scham, weil es hier echt schlimm aussah.
    Enttäuschung, weil Konrad mich nicht in seine Pläne eingeweiht hat. Und weil ich nicht so gut putzen kann.
    Und Mitleid, weil Konrad sich den ganzen Tag demutsvoll im Staub wälzt und mir jeden Wunsch von den Lippen abliest.
    Ich beschließe, mein Gedankenwirrwarr zu sortieren, und bewaffne mich mit dem Kuchenmesser. Eisfach, ich komme!
    Am geknickt auf dem Sofa sitzenden Konrad vorbei schleiche ich mich in die Küche. Ich öffne die Kühlschranktür, dann die Klappe des Eisfachs.
    Und erstarre.
    Diese blöde KUH

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