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Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen

Titel: Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Rautenberg
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mir durch und durch.

Guten Morgen, Sonnenschein
    Freitag, 15 . Juli, um 14 : 15 Uhr
    Heute ist Freitag. Tagalog war wieder da. So wie schon Montag und Mittwoch. Und die komplette letzte Woche. Ich frage mich, was Tagalog eigentlich noch putzen will, wenn sie nächste Woche wiederkommt, denn in unserer Wohnung findet sich kein Staubkorn mehr. Ganz im Gegenteil: Die Holzdielen sind so gewienert, dass ich mit Sydney darauf ein Paartanzturnier veranstalten könnte, wenn Sydney seinem Namen ein bisschen mehr Ehre und dem olympischen Gedanken irgendetwas abgewinnen könnte. Tut er aber nicht. Sydney ist ein übergewichtiger, fauler Stoffel, genau wie sein Frauchen, daher gibt’s bei uns Curling nur im Fernsehen. Und auch nur im Winter.
    Konrad hat Tagalog mittlerweile einen eigenen Schlüssel gegeben, damit sie mich morgens nicht mehr aus dem Bett klingeln muss. Wie sehr der Mann mitdenken kann, wenn es zu seinem Vorteil ist…
    In Ermangelung eines putzbaren Fleckchens in unserer Wohnung kam Konrad heute Morgen mit Tagalog im Schlepptau ins Schlafzimmer, öffnete seinen Kleiderschrank und kauderwelschte irgendetwas in der Geheimsprache, die er und Tagalog nahezu flüssig beherrschen. Weder ich noch der verschnarcht aus der Bettwäsche blinzelnde Sydney, der innerhalb weniger Sekunden Konrads frei gewordenen Platz im Bett eingenommen hatte, verstand auch nur ein Wort. Tagalog hingegen nickte Konrad mit grimmigem, aber entschlossenem Gesichtsausdruck zu und begann, seine Kleider aus dem Schrank zu zerren. Ich verkroch mich unter der Bettdecke und fiel in einen jammernden Singsang ein.
    Eine gute Stunde später krabbelte ich aus dem Bett und schlurfte ins Badezimmer. Während ich duschte, rüttelte Tagalog mehrmals an der Tür, wohl weil sie die Waschmaschine ausräumen wollte, die neben der Dusche steht und anzeigte, dass die nächste Ladung weißer Hemden zum Aufhängen bereit war. Ich drehte das wasserfeste Duschradio noch etwas lauter und sang Girls just wanna have fun.
    Nach der Badezimmerorgie (Augenbrauen gezupft, Beine enthaart, Haare getönt, Gesichtsmaske und Haarkur plus Ganzkörperpeeling, und das alles nur, um Tagalog zu ärgern) lief ich glänzend, gesalbt, gepudert und wohlriechend auf der Suche nach einem Tagalog-freien Bereich durch die Wohnung. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie im Wohnzimmer mit dem Bügelbrett kämpfte und enthusiastisch das Eisen dampfen ließ. Ich verzog mich in mein Arbeitszimmer und stopfte mir Ohropax in die Ohren.
    Ein paar Stunden später, Sydney hatte sich, vor der Naturgewalt Tagalog verschreckt, auf meinen Schoß geflüchtet, tippte mir Frau Propper auf die Schulter. Ich schrak auf, drehte mich herum und puhlte mir die Stöpsel aus den Gehörgängen.
    » Ja?«
    Erstaunlich, wie schnell ich den Duktus eines südamerikanischen Plantagenbesitzers angenommen hatte. Fehlte nur noch, dass ich von ihr verlangte, einen Knicks vor mir zu machen oder im Bananenröckchen zu tanzen.
    Tagalog fügte ein paar gutturale Laute aneinander und garnierte das Ganze mit wahllos dazugefügten Konsonanten. Dann sah sie mich erwartungsvoll an. Ich hatte noch nicht einmal das Fragezeichen verstanden.
    » Hä?«, antwortete ich dementsprechend verständnislos.
    Tagalog seufzte. Das war selbst ohne tiefer gehende Sprachkenntnisse verständlich. Sie ließ ihren Blick kurz über meinen Schreibtisch wandern, dann nahm sie ein Blatt Papier und einen Stift und malte ein Viereck darauf. » Lunes«, sagte sie.
    » Danke«, antwortete ich.
    Tagalog zog die Augenbrauen in die Höhe und widmete sich erneut ihrer Zeichnung. Nach wenigen Sekunden reichte sie sie mir herüber. Das Viereck hatte mehrere horizontale Striche bekommen, außerdem hatte sie zwei Sternchen daneben gemalt.
    » Schön«, sagte ich und tätschelte ihr den Arm, » das hast du sehr schön gezeichnet.«
    Ja, Gott, was sollte ich auch sonst sagen? Der Gedanke schoss mir in den Kopf, es für die weitere Karriereplanung mal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder in einer Walldorfschule zu versuchen. Ich witterte ein bislang unentdecktes Talent in mir.
    Tagalog stampfte unverstanden und mittlerweile ordentlich angekekst mit dem Fuß auf. Vielleicht doch keine Flüchtlingshilfe? Mein Putzzwerg sah sich auf meinem Schreibtisch um. Plötzlich kam ihr eine Idee, ich sah das Leuchten in ihren Augen. Sie riss die Tastatur und die Maus an sich und öffnete meinen Internetbrowser. Ich saß sprachlos daneben und glotzte Fragezeichen in die Luft,

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