Ich schnapp' mir einen Mann
kurz
unterbrach, um nach Luft zu schnappen.
»Was weißt du nicht?«, keuchte Heimschröder.
»Ob das hier wirklich so sicher ist. Ich meine, dass wir
dreimal nicht erwischt worden sind, heißt doch noch lange nicht,
dass …«
»Aber was denn«, wiegelte Heimschröder sofort ab. »Kein Aas
kommt samstags hierher!« Er zerrte sie aufs Sofa und fing ohne
Umschweife an, ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Inzwischen hatte er
sich darauf eingestellt, dass sie ausgezogen werden wollte. Und zwar
von ihm. Möglichst ganz. Sie brauche das, weil sie es erotisch finde,
hatte sie erklärt, und Heimschröder, der überhaupt nichts ausgezogen
hätte, wenn es nach ihm gegangen wäre, hatte sich notgedrungen gefügt.
Sie war jung und hübsch und erhörte ihn regelmäßig, drei wesentliche
Aspekte, die seine Frau nicht aufzubieten hatte. Außerdem verlangte
Vanessa, dass er sich scheiden ließe (was natürlich nicht infrage kam)
und dass er sich beim Vorspiel Zeit nahm und nicht so einfallslos zu
Werke ging (weshalb es immer eine viertel Stunde länger dauerte als der
Idealakt in seiner Fantasie).
»Das Sofa ist warm«, sagte Vanessa, während Heimschröder ihr
die Strumpfhose herunterriss. »He, nicht so wild! Die hat achtzehn Mark
gekostet!«
»Ich kauf dir 'ne neue!«, sagte Heimschröder erregt.
»Findest du nicht, dass das Sofa warm ist?«
»Ja doch«, stieß er hervor, mit zitternden Fingern am
Reißverschluss ihres Rockes herumfummelnd.
»Ich meine, es ist irgendwie zu warm. Als
hätte schon jemand hier gesessen.«
»Hier sitzen jeden Tag Leute.«
»Aber doch heute nicht. Oder?«
Er knirschte mit den Zähnen, weil der Reißverschluss klemmte.
»Mach mir ja nicht den Rock kaputt. Der ist noch total neu.«
Der Reißverschluss gab nach, Heimschröder zerrte ihr den Rock
über die Hüften nach unten und warf ihn achtlos über die Lehne der
Couch. »Aah! Vanessa!«
»Stopp! Den BH zieh ich lieber selber aus. Der hat sechzig
Mark gekostet.«
Sie hakte ihren Büstenhalter auf, und Heimschröder riss ihn
ihr aus der Hand und warf ihn über die Couchlehne zum Rock. Dann,
endlich, glaubte er, zur Tat schreiten zu können. Mit einem
erleichterten Ächzen ließ er sich auf sie fallen.
»Für Leder ist das Sofa eigentlich zu warm«, mäkelte sie.
Heimschröder hob seinen Kopf von ihrer linken Brust und
unterdrückte mit Mühe einen Fluch. »Hättest du es lieber kälter?«
Vanessa seufzte. »Ich weiß nicht. Irgendwie bin ich heut nicht
so in Stimmung.«
»Ich aber«, sagte Heimschröder jämmerlich.
»Na gut. Dann mach halt. Vielleicht wird's ja noch.«
Anton und Flora hockten mucksmäuschenstill
und mit eingezogenen Köpfen zwischen Couch und Wand auf dem Fußboden.
Flora zog Anton Vanessas Rock vom Kopf und den BH von der Schulter und
gab ihm hastige Zeichen; sie deutete abwechselnd auf die Couch und die
Tür, was so viel besagen sollte wie: Lass uns einen günstigen Moment
abwarten und dann abhauen!
Doch Anton reagierte nicht. Er war momentan rettungslos
überfordert. Seit Vanessa ihm unwissentlich die bittere und endgültige
Wahrheit über seine Sozietätsaussichten offenbart hatte, war er wie
gelähmt. Es zu ahnen oder es zu wissen war eben doch zweierlei. Er
fühlte sich, als sei er zusammen mit seinem Vertrag kleingeschreddert
worden.
Heimschröders immer lauter ertönendes Keuchen und die
eintönigen Grunzlaute, mittels derer er bekundete, wie toll er Vanessas
Busen fand, ließen Anton eigenartig unberührt, ja, es war beinahe, als
würde dadurch seine Lethargie noch schlimmer.
Flora stieß ihn mit dem Ellbogen an und signalisierte ihm
pantomimisch, dass nun der rechte Zeitpunkt gekommen war, um sich aus
dem Zimmer zu stehlen.
»Jetzt«, machte sie lautlos.
So tief geduckt, wie es ihr bei ihrem Umfang eben noch möglich
war, watschelte sie zur Tür. Anton brachte immerhin so viel
Entschlusskraft auf, es ihr gleichzutun und ihr auf dem Fuße zu folgen.
Doch ihre Flucht endete diesmal schon nach wenigen Sekunden, was nicht
etwa daran lag, dass Heimschröder und Vanessa sie bemerkt hätten,
sondern an den Beinen von Dr. Harald Schnellberger, mit denen Flora
unversehens im Empfangsraum kollidierte. Sie plumpste auf den Hintern
und starrte entgeistert zu ihm hoch. Er stand in Freizeitkluft dort und
hatte in amouröser Attitüde den Arm um eine der anderen jungen
Kanzleiangestellten gelegt. Wie eine sterbende Kaulquappe rang er nach
Luft, als er der ungebetenen Besucher ansichtig wurde.
»Herr Kollege!«,
Weitere Kostenlose Bücher