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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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der Ereignisse keineswegs seinen klaren Verstand verloren.
Er sah die Dinge durchaus so, wie sie waren: Tamara hatte seine
Vermarktung wie auch seinen Schwanz in die Hand genommen und hielt
beides in permanenter Bewegung. Es war wie auf einem Karussell. Man
fuhr ständig im Kreis, aber warum sollte man absteigen, solange es
solchen Spaß machte?
    Wenigstens der Himmel meinte es gut mit
Anton und Flora. Die Sonne überstrahlte die Welt verschwenderisch mit
ihrem Licht, und nicht die kleinste Wolke war zu sehen. Vögel
zwitscherten in den Bäumen, und der Duft von Oleander und Rosen lag in
der Luft. Ein milder Sommerwind bewegte sacht alle Gräser, Blätter und
Blumen, und der Asphalt strahlte Wärme ab. Zu viel Wärme.
    »Marsch, Marsch!«, sagte Anton, der das Gefühl hatte, dass
Flora absichtlich bummelte.
    »Mir tun die Füße weh!«, jammerte Flora. Missmutig stapfte sie
hinter Anton her, der ihr nun schon seit mindestens zehn Minuten ein
ums andere Mal erzählte, dass sie bald da seien.
    »Selber schuld«, fertigte Anton sie ab. »Hättest du dich nicht
in die hirnrissige Idee verrannt, unbedingt den einäugigen Bastard
aufzusuchen, könnten wir jetzt bequem mit dem Wagen fahren.«
    Mit gemischten Gefühlen betrachtete Flora Antons Rücken, über
den sich ein zwischen den Schulterblättern durchgeschwitztes, zu enges
T-Shirt von Tobias spannte. »Du hast wieder weitergelesen!«
    »Klar«, sagte er nur, die schwere Reisetasche von der rechten
auf die linke Schulter wuchtend und den Aktenkoffer in die andere Hand
wechselnd. Er stöhnte unter der Last des Gepäcks.
    Flora hüstelte verschämt. »Und, wie findest du es?«
    »Sehr gelungen. Fast wie im richtigen Leben.«
    »Wirklich?«
    »Glaub mir. Du wirst sehr erfolgreich sein. Dein Buchvertrag
ist dir so gut wie sicher. Die Verlage werden sich um dich reißen.«
    »Das ist nicht dein Ernst!«, sagte sie atemlos. Die
schmerzenden Füße waren auf der Stelle vergessen.
    »Selbstverständlich meine ich das ernst. Du wirst schon sehen.
In ein paar Monaten sprechen wir uns wieder, dann erinnerst du dich an
meine Worte. Und das Beste ist: Du kannst alles postlagernd und
telefonisch abwickeln. Musst nicht mal in Erscheinung treten. Kannst
alles unter Pseudonym laufen lassen.«
    Anton überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, das
wohl nicht. Sie werden drauf bestehen, dich mitsamt deiner Vita und
allem, was du auf dem Kerbholz hast, zu vermarkten. Diese spezielle
Publicity bringt allein hunderttausend Auflage extra. Mindestens. Mit
Lesungen wird es natürlich etwas schwierig, aber der Rest dürfte kein
Problem sein. Film- und andere Nebenrechte müssten wir allerdings
gesondert verkaufen, alles andere wäre unvernünftig. Das will gut
durchdacht sein.«
    »Anton«, sagte sie atemlos, »willst du mein Manager werden?
Dich um die Verträge kümmern und so?«
    Er lachte. »Schreib erst mal den Roman fertig. Dann sehen wir
weiter.« Er unterbrach sich, dann raunte er über die Schulter:
»Achtung, Feind voraus!«
    Mit tief gesenkter Schirmmütze wich er einem älteren Paar aus,
das mit einem feisten Dackel im Schlepptau den Bürgersteig für sich
beanspruchte. Flora hob angelegentlich die Hand vors Gesicht, um sich
eine imaginäre Strähne der Perücke aus der Stirn zu streichen. Mehr
konnte sie nicht tun, um sich unkenntlich zu machen, insbesondere gegen
den prall vorgewölbten Bauch vermochte sie nicht viel zu unternehmen.
Die dottergelbe Pluderhose, die Anita ihr gegeben hatte, kaschierte
nicht im Geringsten. Sie sah damit aus wie eine wandelnde, voll
erblühte Butterblume. Das Einzige, was gegen den Umfang noch helfen
würde, war die Entbindung.
    Wenigstens war die Kleidertauschaktion auf dem Bahnhof
problemlos vonstatten gegangen. Unter Tränen hatten Anita und Tobias
ihnen alles Glück der Welt gewünscht, wofür auch immer, und sie hatten
ihnen das Versprechen abgerungen, sich schnellstmöglich wieder bei
ihnen zu melden, sobald sie wüssten, wohin sie sich wenden wollten.
    Falls ihnen überhaupt zum Thema wohin etwas einfiel.
    »Ist es noch weit?«, quengelte Flora.
    »Wir sind gleich da«, behauptete Anton.
    »Das sagst du andauernd.«
    »Inzwischen stimmt es aber. Noch dreihundert Meter. Höchstens.«
    Flora krauste unwillig die Nase, dann rückte sie mit der Frage
heraus, die ihr schon die ganze Zeit auf der Seele brannte. »Was
glaubst du – sind sie in deiner oder meiner Wohnung?«
    »Wer?«, fragte er, ohne den Hauch einer Ahnung, was sie

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