Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
von ihrer Schulter und stand auf.
»Scheiße. Sind wir also wieder mal beim alten Thema. Warum sagst du mir
nicht ins Gesicht, dass ich ein Versager bin?«
    Flora starrte ihn an. »Thelma und Louise«, sagte sie plötzlich.
    »Was?«
    »Thelma und Louise. Daher kannte ich es.«
    Heiner stürmte wutentbrannt aus der Küche. Drei Sekunden
später krachte die Wohnungstür ins Schloss.
    »Da geht er hin«, sagte Flora. Sie legte sich der Länge nach
auf den Küchenfußboden und fing an zu heulen.
    Anton stand mitten in der unendlichen Weite
des Gerichtssaals. Er hörte seine eigene Stimme und stellte verwundert
fest, dass er am Ende seines Plädoyers angelangt war. Er hatte es
getan. Er hatte es tatsächlich gehalten. Wie und warum er das geschafft
hatte, würde ihm auf ewig ein Rätsel bleiben. Es gab doch einen Gott,
und er hatte es gut mit ihm gemeint. Sollte Ziggy doch verurteilt
werden – es war ihm egal! Er für seinen Teil hatte sein Bestes
gegeben. Er wusste, dass er nie besser gewesen war und niemals besser
sein würde. Nicht mal in seinen kühnsten Träumen. Nicht mal vor dem
Spiegel. Tamara wäre stolz auf ihn. Sie selbst hätte es nicht besser
bringen können. Er war alles gewesen. Eloquent, überzeugend,
bestechend. Und nicht nur das. Er war faszinierend, feurig,
leidenschaftlich …
    »Kommen Sie zum Ende, Herr Verteidiger«, mahnte der
Vorsitzende.
    Anton schluckte. Er blickte hinüber zu den beiden Frauen auf
der Zeugenbank. Sie hießen Nadine und Janine und wirkten wie
Klosterschülerinnen. Das letzte Mal, als Anton sie gesehen hatte,
hatten sie Dekolletees bis zum Nabel getragen und Miniröcke, die kaum
den Tanga bedeckt hatten. Außerdem hatten sie kiloweise Klunker
umhängen gehabt, und ihr Make-up war von der Dicke und Konsistenz eines
Mürbeteigbodens gewesen. Heute waren sie die personifizierte Unschuld.
In den Akten firmierten sie als Ziggys Sekretärinnen.
    »Und so haben letztlich die Aussagen der beiden Zeuginnen ohne
jeden begründeten Zweifel bewiesen, dass der Angeklagte sich zum
Tatzeitpunkt nicht in der verlassenen Fabrikhalle aufgehalten haben
kann. Die Fingerabdrücke des Angeklagten, die an dem Stuhl
sichergestellt wurden, auf dem das Opfer gesessen haben soll, können
durchaus von einem früheren … ähm, Besuch des Angeklagten in
jener Lokalität stammen.« Anton legte alle Überzeugungskraft in seine
Stimme, als er die entscheidenden letzten Worte sprach. »Da somit die
Schuld des Angeklagten nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte,
ist eine Verurteilung ausgeschlossen. Ich beantrage dementsprechend für
meinen Mandanten Freispruch.«
    »Wegen erwiesener Unschuld«, machte sich Ziggy hinter ihm
lautstark bemerkbar.
    Anton bedeutete ihm, zu schweigen. Er zuckte verlegen
zusammen, als eine der beiden Klosterschülerinnen –
Janine – von der Zeugenbank aufsprang und frenetisch
applaudierte. Unter den übrigen Zuschauern machte sich Unruhe breit.
    Einer der Gerichtsdiener schritt ein und unterband diese
Aufwallung von Insubordination mittels autoritärer Gesten. Janine
zeigte ihm, für die Richterbank unsichtbar, den Stinkefinger und setzte
sich wieder.
    Der Vorsitzende klopfte mit seinem altertümlichen Hämmerchen.
Anton war es, als würde jeder einzelne Hieb auf seinen Kopf
niedersausen. Er sah vorsichtshalber nicht hin. Während seines
Plädoyers hatte er dem lächelnden Fallbeil bezwingend mitten auf die
Nasenwurzel gestarrt, in der Hoffnung, dass es so aussähe, als schaute
er ihm direkt in die Augen.
    »Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück«, sagte der
Vorsitzende. Er stand auf und verschwand ins Besprechungszimmer,
gefolgt von den Beisitzern und Schöffen. Der Staatsanwalt blätterte in
seinen Akten, die Referendarin saugte an ihren Fingernägeln. Antons
Referendar malte mit dem Füller Punkte auf sein Handgelenk. Die
Protokollführerin hörte auf zu tippen und blickte gelangweilt in die
Runde.
    Anton kehrte mit federnden Schritten zu seinem Platz zurück.
Dort versagte seine Schauspielkunst. Er fühlte sich wie ein Ballon, in
den jemand eine Nadel gepiekst hatte. Schwer ließ er sich auf den Stuhl
fallen.
    »War's das jetzt mit der verrückten Verhandlung?«, quengelte
Ziggy hinter ihm.
    »Ja. So ziemlich jedenfalls«, sagte Anton erschöpft. »Das
heißt, das Wichtigste kommt natürlich noch.«
    »Wieso? Was denn?«
    »Das Urteil.«
    Vor der geschlossenen Tür zum Gerichtssaal
drängten sich Reporter und Neugierige. Schartenbrink verteidigte mit
spitzen

Weitere Kostenlose Bücher