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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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war er im richtigen Alter, als Sozius durchzustarten.
Es gab Pläne, die ganze Kanzlei in die drei oberen Stockwerke eines
gerade erst fertig gewordenen Hochhauses in der Nähe zu verlagern. Es
wurde höchste Zeit für einen Umzug der Firma. Die Verträge waren fast
unterschriftsreif. Goldene Zuwächse von fünfzig bis hundert Prozent in
drei Jahren nach ebenso vielen überörtlichen Zusammenschlüssen. Europa
lockte. Fusionen standen bevor, die Gründung weiterer überregionaler
Sozietäten war in Arbeit, die Hemmschwelle des Werbeverbots war endlich
gefallen. Jedermann wollte an die Börse, und dafür brauchte man
Anwälte. Das Zauberwort hieß Vergrößerung mit gleichzeitiger
Spezialisierung. Steuerrecht, Aktienrecht, Gesellschaftsrecht, so
hießen die Fleischtöpfe, um die sich die Anwaltschaft scharte wie um
eine Gelddruckmaschine. Und ein Stück von diesem Filet wartete auch auf
Anton. Exzellente Strafverteidiger waren rar und sehr gefragt, denn mit
ihrer Arbeit verpassten sie dem Geschäft Glamour und erhöhten den
Bekanntheitsgrad.
    Eine der Angestellten drängte ihm einen gewaltigen
Blumenstrauß auf. Anton drückte ihn an sich, nippte am Champagner,
atmete tief durch und konnte nicht aufhören zu grinsen.
    Als er in aufgeräumter Stimmung mit
Champagnergeschmack auf der Zunge und Blumenstrauß im Arm das
Kanzleigebäude verließ, war es schon nach acht, doch die Sommersonne
vergoldete den Abendhimmel und Antons ohnehin prächtige Laune. Er ging
zum Wagen, stellte seinen extrem schweren Aktenkoffer zu seinen Füßen
ab (außer dem Laptop war jetzt auch eine Flasche Moet & Chandon
drin) und zog den Autoschlüssel aus der Sakkotasche. Dass jemand hinter
ihm war, bemerkte er erst, als er die Stimme hörte.
    Es war Kleff, und beim Anblick seines bösartigen Lächelns
verflüchtigte sich Antons Überschwang wie eine zerplatzende
Seifenblase. Der Kerl hatte es allen Ernstes auf sich genommen, hier
eine kleine Ewigkeit auf ihn zu warten. Oder besser, ihm aufzulauern.
    »Das Kanzleischild mit dem neuen Partnerzusatz ist wohl schon
in Arbeit, was?«, fragte Kleff höhnisch. »Oh, ich hatte ja heute im
Gericht ganz vergessen, Ihnen zu gratulieren.« Er packte Antons Hand
und quetschte sie grob. Anton unterdrückte mühsam einen
schmerzerfüllten Aufschrei und ließ die Blumen fallen. Kleff sah
unbewegt zu, wie Anton sie aufhob und auf das Wagendach legte.
    »Natürlich«, betonte Kleff, »hat der Witwe von Wilhelm
Teilmeier heute im Gerichtssaal niemand die Hand geschüttelt. Aber die
haben Sie wahrscheinlich sowieso nicht bemerkt, oder? Sie waren ja viel
zu beschäftigt, sich der Presse und Ihren Kollegen zu präsentieren!« Er
beugte sich vor und starrte Anton mit eiskalter Wut in die Augen.
»Denken Sie vielleicht, es war ein Spaziergang, dieses Schwein zu
schnappen? Was glauben Sie, was wir bei der Polizei tun? Wir haben
monatelang Indizien gesammelt, Zeugen vernommen, Gutachten erstellen
lassen. Ich habe wegen diesem Dreckskerl wochenlang schlecht
geschlafen, Mann! Meine ganze Abteilung hat seinetwegen hunderte von
Überstunden runtergerissen! Wir haben ihn überführt, zum Teufel!«
    »Das war Ihre Arbeit«, sagte Anton mit mehr Selbstbewusstsein
in der Stimme, als er fühlte. »Und ich habe meine Arbeit gemacht.
Weiter nichts.«
    »Ja, sicher. Sie haben einem kaltblütigen Mörder zur Freiheit
verholfen. Bestimmt stehen beim nächsten Mord auch wieder genügend
Zeugen zur Verfügung, die Ziggys Unschuld beweisen, was meinen Sie?«
    Anton schwieg, und Kleff beugte sich abermals bedrohlich vor,
bis seine Nase fast die von Anton berührte. »Eines Tages werden Sie
dafür bezahlen, Herr Rechtsanwalt. Sehen Sie sich nur vor. Jeder tut
mal einen Schritt in die falsche Richtung. Jeder, ohne Ausnahme.
Glauben Sie mir, ich weiß das aus Erfahrung. Und sobald Sie diesen
falschen Schritt machen, bin ich da und stelle Ihnen ein Bein.«
    »Wollen Sie mir drohen?«
    »Ja, sicher«, sagte Kleff leichthin. »Was sonst? Glauben Sie
mir. Wenn ich Sie mit irgendwas kriegen kann, krieg ich Sie.«
    Er drehte sich auf dem Absatz um und ging. Sein schäbiger
Trenchcoat war von hinten genauso fleckig und abgeschabt wie von vorn.
Halb erwartete Anton, dass Kleff sich noch mal zu ihm umdrehen würde,
die Hand an die Stirn gelegt wie Columbo, und sagen würde, ach
übrigens, Herr Dr. Winkler-Wichtigtuer, eins hatte ich noch vergessen,
entschuldigen Sie vielmals, dass ich Sie damit auch noch belästigen
muss, aber Sie sind

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