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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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verhaftet.
    Der Eindruck war stark, beinahe wie eine Vision, und
verschwand erst, als Kleff um die Ecke gebogen und außer Sicht war.
Anton holte Luft und ließ am BMW die Verriegelung aufschnappen.
    Vergiss den Typ, sagte er sich, während er einstieg und den
Motor startete.
    Als er losfuhr, fielen die Blumen vom Dach des BMW. Den Koffer
hatte er auch stehen lassen. Er bremste, stieg wieder aus und holte
beides in den Wagen. Er fühlte Beklommenheit, und es fiel ihm schwer,
Kleffs verbittertes Gesicht aus seinen Gedanken zu verdrängen.
    Im Theater war es bis auf die von
Scheinwerfern erleuchtete Bühne und die vorderen Ränge dunkel. Anton
schlich auf Zehenspitzen herein, um das Vorsprechen nicht zu stören. Er
setzte sich in eine der leeren hinteren Reihen und legte den
Blumenstrauß im Zeitlupentempo auf den Sitz neben sich, um so wenig wie
möglich zu rascheln.
    Vorne, direkt vor der Bühne, saßen der Regisseur und ein paar
Assistenten. Oben auf der Bühne hatten sich einige Rollenbewerber
versammelt. Eine dralle Aspirantin mit blau gefärbten Ponyfransen trat
vor und wurde nach wenigen piepsigen Worten zur Seite gewinkt.
    »Allez-hopp!«, schrie der Regisseur. »Die nächste! Und ein
bisserl lauter, wenn ich bitten dürfte!«
    Tamara trat vor und warf sich in Pose. Anton blinzelte. Ihr
Haar … es sah auch irgendwie blau aus, aber nicht gesträhnt
wie bei der Drallen, sondern eher gefleckt. Plötzlich griff sie hinter
sich an den Bund ihrer Jeans und zückte eine Pistole, die sie direkt
auf den Regisseur richtete.
    Anton zuckte verschreckt zusammen und stieß mit einer
unachtsamen Bewegung die Blumen vom Sitz neben sich. Das Zellophan der
Verpackung knisterte lautstark, als er sie wieder aufhob.
    Der Regisseur drehte sich irritiert zu ihm um und wandte sich
dann erneut zur Bühne. »Wo ist die Lampe?«, schrie er. »Requisite!« Er
zeigte mit dem Finger auf Tamara. »Was soll die Pistole? Ist mir
vielleicht ein wesentlicher Aspekt dieser Rolle entgangen?«
    »Ich hab mir bloß gedacht, diese Margarete ist so unheimlich
zurückhaltend, irgendwie so unterdrückt und gehemmt. Ich finde einfach,
die braucht so eine Art Metapher, sie muss zum Ausdruck bringen, dass
sie im Prinzip die Schnauze voll hat von dieser ganzen Scheiße. Die
Pistole bringt das irgendwie viel besser rüber als die Lampe, finde
ich. Okay, ich will jetzt mal vormachen, wie ich mir die Sache so
denke.« Sie hielt die Pistole mit beiden Händen und fing an zu
deklamieren. »Es ist so schwül, so dumpfig hie, und ist doch
eben …« Sie stockte.
    Der Assistent neben dem Regisseur blätterte in seinem
eselsohrigen Skript und soufflierte. »So warm nicht drauß!«, rief er.
    »So warm nicht drauß«, nickte Tamara. »Es wird mir so, ich
weiß nicht wie … Ich weiß nicht wie …«
    »Ich wollt, die Mutter käm nach Haus«, sprang der Assistent
ein.
    »Das wollt ich auch«, sagte der Regisseur halblaut.
    »Mir läuft ein Schauer übern ganzen Leib«, intonierte Tamara.
    »Danke«, sagte der Regisseur.
    Tamara hob die Pistole höher und fuhr unbeirrt fort. »Bin doch
ein furchtsam töricht Weib.« Sie schloss die Augen und fing an zu
singen. »Es war ein König in Thule, gar treu bis an das Grab …«
    Himmel, dachte Anton. Singen war nicht gerade ihre Stärke.
Überhaupt war sie als Gretchen eine glatte Fehlbesetzung, jedenfalls,
soweit er das aus der Sicht des Theaterlaien beurteilen konnte.
Anscheinend lagen ihr die modernen Stücke eher, das sagte sie ja
selbst. Anton war überzeugt davon, dass ihr Durchbruch nicht mehr fern
war. Und wenn nicht – was machte das schon. Sie könnten
heiraten, jetzt, nachdem er es beruflich endgültig und nachhaltig
geschafft hatte. Es war genug Geld für sie beide da, für ein angenehmes
Leben im Luxus. Sie würden an nichts sparen müssen. Er konnte Tamara
verwöhnen, sie würde alles haben, was ihr Herz begehrte. Klamotten,
Klunker, Karibik, Kinder … Bei Letzterem war Anton sich
allerdings nicht sicher, ob Tamara der Sinn danach stand.
    »… dem sterbend seine Buhle«, sang Tamara, »einen gold'nen
Becher gab …«
    »Aus!«, brüllte der Regisseur. Er drehte sich zu Anton um.
»Tun Sie mir einen Gefallen, junger Mann. Nehmen Sie sie mit nach Hause
und sorgen Sie dafür, dass sie den Mund hält.«
    Anton gab sich redlich Mühe, später, im
coolen Ambiente seines italienisch gestylten Schlafzimmers. Er lag mit
Tamara im Wasserbett, genauer gesagt, er lag auf ihr und war voll bei
der Sache. Rechts von

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