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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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zu bringen. Zum Beispiel hinter eine
dieser stabil aussehenden Kühl-Gefrier-Kombinationen. Oder hinter diese
gewaltigen Hundert-Watt-Boxen drüben in der Stereoecke. Die wirkten
ausgesprochen robust, so, als könnten sie eine Menge wegstecken,
vielleicht sogar ein oder zwei Pistolenschüsse.
    Er hielt es sich für später offen. Nachdem er die Nachrichten
gesehen und sich vergewissert hatte, dass alles ein entsetzlicher
Irrtum war.
    Zögernd nahm er die Fernbedienung von einem der herumstehenden
Fernseher und schaltete das Gerät ein. Er zappte durch die Programme,
bis er einen Kanal erwischt hatte, in dem gerade Nachrichten liefen,
und zuckte im selben Moment zurück, als auf dem Bildschirm in einer
Totaleinstellung die Außenansicht des Bankgebäudes erschien. Nur einen
Augenblick später tauchte Kleffs grimmiges Antlitz auf. Ein
gigantisches gelbes Mikro hing vor seinem Mund, und Kleff hob die Hand
und schlug es weg wie ein besonders unappetitliches Insekt.
    Zwei uniformierte Beamte drängten sich zwischen Kleff und die
Kamera, schoben und drängten die Umstehenden beiseite und schufen so
für ihren Chef eine Gasse zu dessen Wagen.
    Anton biss auf etwas Hartes. Er merkte, dass es die
Fernbedienung war.
    Die Frau neben ihm stupste ihn mit dem Lauf der Pistole an.
»Erregen Sie nicht unnötig Aufmerksamkeit, ja?«
    Als Nächstes füllte das Gesicht eines Reporters den Bildschirm
aus.
    »Meine Damen und Herren, ich bin Herbert Schartenbrink von
AMS.«
    »Verdammt, der schon wieder«, murmelte Anton. Er quetschte die
Fernbedienung zwischen seinen Fingern, als wäre es der Hals von diesem
Widerling im Fernsehen.
    »Das, meine Damen und Herren«, fuhr Schartenbrink fort, »war
gerade Kriminalhauptkommissar Alwin Kleff, der mit der Aufklärung des
Banküberfalls befasst ist. Sicher werden wir ihm bald neue Erkenntnisse
verdanken. Aus gut informierten Kreisen verlautete, dass Kommissar
Kleff ein persönliches Interesse daran hat, den Tatverdächtigen
festzunehmen, und deshalb den Flüchtigen mit unnachgiebiger Härte
verfolgen wird.«
    Anton hätte sich gern irgendwo festgehalten, doch er wusste
nicht wo. »Mit unnachgiebiger Härte … Persönliches
Interesse … Welchen Flüchtigen, Herrgott noch mal?«
    Er stieß einen Schrei aus: Auf dem Bildschirm war sein eigenes
Konterfei aufgetaucht! Das war er! Dr. Anton Winkler!
    Anton taumelte einen halben Schritt nach vorn und stützte sich
kraftlos am Fernseher ab. Was war das für eine Aufnahme, um Gottes
willen? Er sah darauf aus wie der letzte Abschaum! Dreitagebart,
Skimütze, tückischer Blick, verschlagen gesenkte Lider – der
Prototyp aller weltweit gesuchten Terroristen!
    Hatte er je in seinem Leben so abstoßend niederträchtig
dreingeschaut? Dieses Foto … Anton schloss die Augen. Die
Aufnahme kam ihm vage bekannt vor. Sie erinnerte ihn an glücklichere
Zeiten. An herrliche, sonnige Apriltage auf dem Gletscher; man war so
wunderbar entspannt, der Schnee hatte gefunkelt, ihn
geblendet … und Tamara hatte auf ihren Skiern dagestanden und
dieses Foto von ihm geschossen. Das war jetzt exakt drei Monate her.
Damals hatte sie ihm noch den Rücken zerkratzt. Jedenfalls manchmal.
    »Nach Aussagen des Filialleiters der Überfallenen Bank handelt
es sich bei dem mutmaßlichen Bankräuber um den Rechtsanwalt Dr. Anton
Winkler, der Öffentlichkeit auch als Verteidiger von Ziggy, dem
Zigeuner, bekannt …«
    »Das glaub ich nicht«, flüsterte Anton. Er schwankte vor und
zurück, wie unter einem Anfall von fortschreitendem Hospitalismus.
    Jetzt wurde kurz Ziggys Bild eingeblendet. Fettiger
Pferdeschwanz, brilligespicktes Ohr, Grinsen von einem Ohr bis zum
anderen, ein herabhängendes Augenlid. Es war ein Standbild, doch Anton
glaubte förmlich das Zucken und Glubschen dieses Auges zu spüren. Du
lieber Himmel, was hatte der Typ für eine Verbrechervisage! Allerdings,
so gestand Anton sich ohne zu zögern ein, sah Ziggy bei weitem nicht so
verworfen aus wie er selbst. Der Vergleich war einfach, denn jetzt
wurden beide Fotos nochmals nebeneinander eingeblendet. In der Tat,
Ziggy wirkte im Verhältnis zu der Psychopathenfratze unter der Skimütze
geradezu Vertrauen erweckend!
    Schartenbrinks Stimme fuhr aus dem Off fort: »Der mutmaßliche
Bankräuber führt die gestohlene Summe von hundertzwanzigtausend Mark in
einem Aktenkoffer mit sich. Er ist außerdem mit einer Pistole bewaffnet
und fährt einen dunkelblauen BMW 523i, amtliches

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