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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Kennzeichen …«
    »Hundertzwanzigtausend!«, sagte Flora atemlos. »Wow!«
    Und dann schrak sie zusammen: Ziggys Bild neben dem von Anton
wurde durch eine Aufnahme von ihr selbst ersetzt.
    Die Polizei musste also schon bei ihr zu Hause gewesen sein,
schlussfolgerte Flora augenblicklich. Sie hatten die Wohnung nach
Beweismitteln umgegraben und das Foto mitgenommen. Es war ein bisschen
verwackelt. Nur der dicke Bauch war deutlich darauf zu erkennen. Flora
kannte das Bild; sie sah darauf aus wie ein kugelbäuchiger, in
Kontemplation versunkener Engel, die Augen konzentriert geschlossen,
die Hände in Schalenhaltung locker auf den Oberschenkeln.
    Anita hatte sie vor ein paar Wochen bei der
Vorbereitungsgymnastik geknipst. Flora hatte noch deutlich Hildegards
Stimme im Ohr: Und wir atmen ganz tief hinab in den Beckenboden und
fühlen uns dabei absolut leicht und frei, leicht und frei, leicht und
frei …
    »Noch keine klare Auskunft konnte die Polizei darüber
erteilen, ob es sich bei der weiblichen Person, einer gewissen Flora
Zimmermann, um die Geisel des mutmaßlichen Bankräubers handelt oder um
dessen Komplizin. Die Frau, eine Schriftstellerin, ist im neunten Monat
schwanger. Die Polizei erbittet sachdienliche Hinweise unter den
Telefonnummern …«
    »Haben Sie gehört, was er gesagt hat?«, wandte Flora sich
entzückt an Anton. Sie konnte es nicht fassen! Schriftstellerin!
    »Ich habe jedes Wort gehört«, sagte Anton mit Grabesstimme.
»Aber ich glaube es nicht. Ich kann es einfach nicht glauben.«
    »Aber es ist wahr«, erklärte Flora stolz. »Ich bin wirklich
Schriftstellerin!« Sie fasste ihre Handtasche fester, in der sich ihr
kostbarster Schatz, die Romandiskette, befand. »Woher die das wohl
wissen? Ich hab doch noch gar nichts veröffentlicht!«
    »Die werden bald alles von Ihnen wissen«, orakelte Anton
düster. »Angefangen von der Größe Ihres Büstenhalters bis hin zu allen
Ihren schlechten Angewohnheiten im Bett.«
    Sofort brachen grässliche Erinnerungen über Flora herein. Sie
hatte minutenlang überhaupt nicht mehr daran gedacht, doch jetzt kamen
die entsetzlichen Bilder mit aller Macht zurück. Ein giftgrüner
Wonderbra, geflecktes dunkles Haar auf einem grellblauen Sofa. Und
Heiner, mausetot auf dem dreckigen Fußboden seines Ateliers. Ermordet.
Von ihr ermordet!
    »Der Mord«, sagte sie niedergeschmettert. »Warum senden die
gar nichts darüber? Schalten Sie doch bitte mal um!«
    »Das nützt jetzt auch nichts mehr.« Anton schaute in die
Runde. Flora folgte seinen Blicken und hielt die Luft an.
    Dutzende von Fernsehern liefen an der Wand, und jeder Einzelne
von ihnen zeigte die letzte Aufnahme: Antons Verbrecherfoto neben dem
Bild von Flora. Doch das war nicht das Schlimmste. Wesentlich
beunruhigender war die Reaktion der etwa dreißig Kunden und
Angestellten, die abwechselnd von Flora und Anton auf den Bildschirmen
zu Flora und Anton in natura starrten.
    Anton schaltete hastig mit der Fernbedienung den Fernseher
aus, doch all die übrigen Geräte liefen weiter. Mit demselben Programm
wie vorher. Gestochen scharf und weithin sichtbar. Die virtuelle
Realität stand der echten in nichts nach.
    »Da drüben ist ja der Bankräuber!«, rief eine kindliche
Stimme. Ein kleiner Junge zeigte mit vor Begeisterung leuchtenden Augen
auf Anton, zuerst auf den im Fernsehen, dann auf den richtigen.
    »Mensch, das ist er wirklich!«, rief jemand.
    Ein anderer: »Genau! Der hat die Millionen geklaut!«
    »Moment«, würgte Anton abwehrend hervor.
    »Lasst den Typ nicht entkommen!«
    »Vorsicht! Das ist ein gefährlicher Killer!«
    Und dann schnatterten alle durcheinander.
    »Er ist der Betonmörder, den kenn ich aus dem Fernsehen!«
    »War das nicht dieser Zigeuner?«
    »Quatsch. Der ist doch freigesprochen worden. Der da war's!«
    »Der hat mindestens drei Leute auf dem Gewissen!«
    »Schnappt ihn euch!«
    »Macht ihn kalt!«
    Flora hörte nicht, was die Menschen riefen. Sie sah nur die
von unversöhnlichem Hass erfüllten Gesichter. Die Leute rückten in
geschlossener Front näher. Ein Lynchmob. Zum Äußersten bereit. Zwei
oder drei dieser kräftigen, brutalen Typen aus der ersten Reihe würden
sie packen und festhalten, derweil würden ein paar der anderen rasch
eine Schlagbohrmaschine aus dem nächsten Regal holen, ruck-zuck einen
der Haken aus dem Sonderangebot in die Wand dübeln und sie anschließend
mit einem Verlängerungskabel (gab es in allen Längen drei Regale
weiter) gnadenlos

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