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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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kommen. Und erzähl mir jetzt
bloß nicht, dass das nicht geht.«
    »Natürlich geht es«, erklärte Flora verächtlich. »Aber du
kannst dich mit hundertprozentiger Sicherheit darauf verlassen, dass
ich es ganz bestimmt vorher merken werde.«
    »Fragt sich bloß, wie lange vorher.«
    »Stunden. Viele Stunden. Zeit genug, um sich was für diesen
Fall zu überlegen.«
    »Woher willst du das so genau wissen?«, rief er verzweifelt.
    »Ich weiß es eben. Also hör bitte endlich auf damit, mich
loswerden zu wollen!«
    Er tat es. Aber nur fürs Erste. Und er ließ Flora seine
Verbitterung über diese Niederlage spüren. Während der Weiterfahrt
starrte er stumm und unbewegt wie eine Sphinx durch die
Windschutzscheibe geradeaus auf die nächtliche Straße. Jeder Zentimeter
seines Körpers war in Abwehrhaltung erstarrt.
    Versuch bloß keine dämlichen Verrenkungen in meine Richtung,
sagten seine verkrampften Hände am Lenkrad.
    Quatsch mich ja nicht an, forderte sein zornig
zusammengepresster Mund.
    Ich hab restlos genug von dir, signalisierten seine
hochgezogenen Schultern.
    Wehe, du guckst mich schräg an, verkündeten seine wütend
geschlitzten Augen.
    Er nahm nahezu alle klassischen Posen gleichzeitig ein. Hätte
er sich abwenden und weggehen können – oder wenigstens die
Arme verschränken – er hätte es auf der Stelle getan.
    Flora seufzte mutlos und wandte ihre körpersprachgeschulten
Blicke ab, um statt Anton die Gegend zu betrachten, jedenfalls, soweit
im Dunkeln etwas davon zu erkennen war.
    Nach einer Weile verließen sie den Wald. Sie erreichten
offenes Gelände und gelangten danach in die beschauliche dörfliche
Gegend, die sie auch schon auf dem Hinweg passiert hatten. Flora
blickte sehnsüchtig über die Schulter nach hinten, zu dem Notebook, das
sie auf die Rückbank neben Xaviers Koffer gelegt hatte. Es juckte sie
in den Fingern, neue Ideen erzählerisch aufzubereiten. Ihr schwebte da
eine Figur vor, die sich ganz plötzlich und mit verblüffender
Detailgenauigkeit vor ihrem inneren Auge entwickelt hatte, ein Typ, der
gewisse äußere Ähnlichkeiten mit einem Romanhelden von Bram Stoker
nicht verleugnen konnte und der förmlich darauf lauerte, in die
Romanhandlung eingearbeitet zu werden. Er war, was jedoch keiner der
Beteiligten ahnte, ein Beauftragter des Don und sollte unter Einsatz
skrupellosester Methoden ausloten, wie weit Antonios Opferbereitschaft
in puncto Florinda ging …
    Doch im Moment hielt Flora es für angeraten, sich das
Schreiben zu verkneifen. Wenigstens so lange, bis Anton diese hässliche
Aufwallung von Gemeinheit und Niedertracht überwunden hatte.
    Irgendwann in der Nacht schreckte Flora zum
dutzendsten Mal hoch und schaute verschlafen auf die Uhr. Halb drei.
    »Es ist halb drei«, sagte sie zu Anton.
    Er gab wieder keine Antwort. Doch Flora war entschlossen,
diesmal nicht klein beizugeben. Ihr tat inzwischen alles weh. Sie
fühlte sich gerädert bis auf die Knochen. Bis auf einen kurzen Halt zum
Tanken und Aufsuchen einer Toilette fuhren sie seit Stunden in der
Gegend herum. Flora hatte eine Tüte Chips, eine Tüte Gummibärchen,
einen Tütenkuchen und zwei Dosen Cola zu sich genommen, doch sie fühlte
sich durch diesen Tankstellenfraß nur unzureichend verköstigt.
Perfiderweise gelüstete es sie ungeheuer intensiv nach Filet, Garnelen
und Hummer.
    Vor allem aber brauchte sie ein Bett. Oder wenigstens eine
horizontale, unbewegte Fläche, auf der sie sich ausstrecken und
schlafen konnte, ohne ständig durchgerüttelt zu werden.
    »Bitte«, sagte sie leise. »Du musst doch auch mal schlafen!«
    Anton reagierte immer noch nicht. Er wollte nicht an Schlaf
denken. Ihm graute davor. Ihn plagte die Zwangsvorstellung, dass er,
falls er sich zum Schlafen irgendwo niederlegte, in Untersuchungshaft
wieder aufwachen würde.
    Flora fuhr härtere Geschütze auf. »Mir tut der Rücken
schrecklich weh.« Sie umfasste ihren Bauch und schaute möglichst
leidend drein. »Und das Baby tritt mich auch die ganze Zeit.« Letzteres
stimmte zwar, war aber durchaus nicht so unangenehm, wie sie es klingen
ließ.
    Anscheinend waren das genau die richtigen Worte. Antons
Schultern sackten nach unten, und er gab endlich nach.
    Sie fanden Unterschlupf in einer abseits liegenden Scheune,
die zu einem Gehöft gehörte, das verlassen wirkte. Im Licht der
Feuerzeugpistole suchten sie sich ihren Weg durch allerlei Gerümpel wie
rostige Pflugscharen, einen zerbrochenen Leiterwagen und alten
Futtersäcken, bis sie

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