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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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auseinander. Als das Display aufleuchtete, spürte
sie in sich die unwandelbare Gewissheit, dass nur zwei Dinge sie vom
Schreiben abhalten konnten. Das eine war die Geburt des Babys.
    Das andere ein leerer Akku.
    Sie konnte weder dem einen noch dem anderen ausweichen, also
tat sie gut daran, die ihr verbleibende Zeit zu nutzen.
    Flora rief ihre Romandatei auf und fing an zu tippen.

Ein
Wutausbruch mit Folgen
    A ls Anton die Leiter zum Heuboden hochstieg
und Flora dort sitzen sah, im Schneidersitz, den offenen Laptop auf den
Knien, glaubte er im ersten Moment, ein Fantasiebild vor sich zu haben.
Ihr Gesicht war ernst, bleich und überirdisch schön. Wie ein gefallener
Engel hockte sie dort im Halbdämmer auf dem staubigen Scheunenboden,
ihren schwangeren Bauch und den Laptop als doppelwandigen Schild
zwischen sich und der Wirklichkeit.
    »Frühstück!«, rief Anton.
    »Verdammt und zugenäht«, fluchte der Engel in durchaus
irdischer Tonlage, »musst du mir so 'n Schrecken einjagen?«
    Doch sofort wich ihr Unmut einem verklärten Lächeln. »Du bist
wieder da!«
    »Was dachtest du denn?«
    Sie klappte den Laptop zusammen und stellte ihn zur Seite. »Wo
warst du?«, fragte sie vorwurfsvoll. Irritiert musterte sie ihn
genauer. Er trug eine klapprige Sonnenbrille und eine uralte
Schirmmütze mit der Aufschrift 20 Jahre DDR.
    »Ich hab was zum Essen besorgt.« Anton hievte die beiden
Plastiktüten über den Rand der Luke, kletterte vollends hoch und
klopfte sich automatisch den Schmutz aus der Hose. Vergeblich, wie er
sofort feststellte. Nach der gestrigen Wanderung durch den lehmigen
Wald und der anschließenden Übernachtung im Heu war der Anzug restlos
ruiniert. Paolo, in dessen Designerboutique Anton regelmäßig seine
Oberbekleidung erwarb, würde in Tränen ausbrechen, wenn er sehen
könnte, was sein Kunde diesem edlen italienischen Stoff angetan hatte.
    Unrasiert und ungekämmt, wie er war, begann er außerdem seinem
eigenen Fahndungsfoto zu ähneln, wie er vorhin im Innenspiegel im Trabi
bemerkt hatte. Ohne die alte Kappe und die schmierige Sonnenbrille, die
wahrscheinlich schon seit Jahrzehnten im Handschuhfach des Trabants vor
sich hingammelten, hätte Anton von seiner kleinen Einkaufstour in den
dörflichen Supermarkt sicher Abstand genommen.
    Flora lag auf den Knien und wühlte in den Tüten herum.
Nacheinander förderte sie Brötchen, einen Karton Milch, Streuselkuchen,
Äpfel, Bananen, Joghurt und Schokolade zutage. Sie breitete alles
zwischen sich und Anton auf dem Jutesack aus und betrachtete es gierig,
als könnte es sich in Luft auflösen, wenn sie es für einen unbedachten
Moment aus den Augen ließ.
    »Guten Appetit«, sagte Anton. »Greif zu.«
    Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Anton nahm sich
ebenfalls ein Brötchen, vergaß aber völlig, hineinzubeißen. Stattdessen
verfolgte er sprachlos, in welchem Tempo sich Flora ihre Mahlzeit
einverleibte.
    Sie biss zwei-, dreimal geziert in ein Brötchen, den kleinen
Finger elegant weggestreckt, doch der rasende Hunger ließ sie rasch
ihre Manieren vergessen. Sie packte das Brötchen mit der ganzen Faust,
schlang es in Windeseile hinunter und nahm sich als Nächstes sofort ein
Stück Kuchen vor. Streuselbröckchen rieselten über ihren Bauch, und
Flora stöhnte vor Wohlbehagen über den unübertrefflichen Genuss. Sie
leckte sich die Lippen und entschied sich für Obst als nächsten Gang.
Stopfte sich den Mund mit Banane voll. Nahm sich einen Apfel, biss
drei-, viermal hinein, schluckte geräuschvoll und legte ihn vorerst zur
Seite, um sich dem Joghurt zu widmen. Ihr Kehlkopf hüpfte glucksend auf
und ab, während sie aus dem Becher schlürfte. Danach riss sie den
Milchkarton auf und trank in Ermangelung eines anderen Behältnisses
direkt aus der Packung. Die Milch lief ihr in zwei dünnen Rinnsalen aus
den Mundwinkeln über den Hals und zog schmale feuchte Linien in die
Robe über ihren Brüsten.
    »Das ist Kammgarn auf Atlasseide«, meinte Anton tonlos.
»Maßgeschneidert.«
    Sie nickte mit vollem Mund. »Fühlt sich echt gut an auf der
Haut.«
    Plötzlich stellte sie den Milchkarton zwischen ihre Knie,
legte eine Hand auf ihren Bauch und die andere über den Mund.
    Anton beobachtete sie. »Tu dir meinetwegen bloß keinen Zwang
an.«
    Flora wurde hinter ihrer Hand blutrot und schüttelte peinlich
berührt den Kopf, doch das half ihr nicht. Der Rülpser kam dröhnend
heraus. »T'schuldigung«, murmelte Flora mit sittsam gesenkte Blick. Sie
griff

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