Ich schnapp' mir einen Mann
erraten hatte, nur zu gerne ebenfalls Sozius geworden wäre
(vorausgesetzt, Sie landen auch mal so einen Coup wie dieser fabelhafte
Junge hier!).
Die beiden Anwälte umkrampften ihre Aktenkoffer und
versuchten, sich einen Weg zum Eingang der Kanzlei zu erstreiten, doch
sie wurden von einem Kamerateam bedrängt, vor dem es kein Entkommen gab.
Schartenbrinks Mikro wuchs aus dem Nichts vor Schnellberger
empor.
»Herr Dr. Schnellberger«, fragte Schartenbrink dröhnend,
»stehen Sie in Kontakt mit dem flüchtigen Rechtsanwalt Dr. Anton
Winkler?«
»Davon kann überhaupt keine Rede sein«, sagte Schnellberger
barsch. Er hielt sein Köfferchen wie einen Schild hoch, als würde
Schartenbrink todbringende Viren verschleudern. Doch der ließ sich
nicht so schnell abwimmeln.
»Herr Dr. Schnellberger! Werden Sie arbeitsrechtliche
Konsequenzen aus den Verfehlungen Ihres Mitarbeiters ziehen?«
»Kein Kommentar.«
Was soviel hieß wie ja, dachte Flora
trübselig. Wäre es anders, hätte Kollege Heimschröder sicher nicht so
siegesgewiss dreingeschaut, bevor er mit seinem Seniorchef im
Kanzleigebäude verschwand.
Als Nächstes erschien Zacharias Ziegler alias Ziggy der
Zigeuner auf dem Bildschirm. Im Hintergrund waren zwei sonnenbebrillte
Schlägertypen zu sehen, die betont harmlos den völlig sonnenlosen
Himmel betrachteten.
»Natürlich hege ich freundschaftliche Gefühle für ihn, Mann«,
sagte Ziggy in das gelbe Mikro. Sein rechtes Auge glubschte einen
Zentimeter nach vorn, und Flora prallte unwillkürlich zurück. Einen
verrückten Moment hatte es gewirkt, als wollte das Auge sie anspringen.
Ziggy beugte sich näher zur Kamera. »Hörst du, Kumpel, Doktorchen? Du
bist ein echter Freund! Das nächste Mal fragst du mich, wenn du so ein
Ding durchziehst, okay?« Er lächelte mit dem gewinnenden Charme eines
Haifischs. »War natürlich ein Scherz.« Dann kam er noch näher, bis sein
zuckendes Auge den ganzen Bildschirm belebte. »Wenn du Sorgen hast«,
sagte er mit ernster Stimme, »komm bitte unbedingt zum alten Ziggy. Du
hast was gut bei mir. Hörst du?«
Schnitt.
Als Nächstes erschien – Flora konnte es kaum
fassen – Wiesel, der Pfandleiher!
»Ausbeuter«, sagte sie böse. »Blutsauger. Geldhai.«
»… hatte ich echt das Gefühl, dass es ihr
beschissen … ähm, schlecht geht. War ganz daneben, die Kleine.
Hat mir so ein Schrott-Teil von Schreibmaschine angeschleppt.«
Zoom auf Floras Laptop im Regal.
»Da hab ich ihr noch fünfhundert Mark für gegeben. Bloß, weil
sie mir Leid getan hat …«
Flora schrie empört auf. Fünfhundert! Der hatte sie nicht mehr
alle!
Wütend schaltete sie um.
»… neues vom Anwalt und der Mutter«, sagte ein geschniegelter
Moderator mit Föhnwelle und zuckrigem Lächeln. Im Hintergrund wurde
zuerst ein Foto von Flora und dann eine Aufnahme von Dr. Neumeister
eingeblendet.
»Der Arzt von Flora Zimmermann wollte vor der Kamera nicht zum
Geschehen Stellung nehmen, verlieh aber seiner Besorgnis Ausdruck, die
junge Frau könne womöglich auf ihrer Flucht vergessen, regelmäßig ihre
Medikamente einzunehmen …«
»Oh, Mist«, sagte Flora, wälzte sich vom Bett und holte ihre
Tabletten aus der Handtasche. Sie kaute rasch eine davon und aß dann
ein Stück Croissant, um den metallischen Geschmack loszuwerden, und
gleich danach nahm sie noch einen gewaltigen Happen, weil es so gut
schmeckte und weil man nichts umkommen lassen sollte. Doch als sie bei
ihrer Rückkehr zum Bett sah, wer gerade im Fernsehen war, fiel ihr vor
Schreck der ganze Bissen aus dem Mund.
Xavier grinste schüchtern in die Kamera. »… wollte schon immer
Bankangestellter werden, weil ich gerne mit Geld umgehe. Abends bin ich
in der Bank immer der Letzte, weil mir die Arbeit so viel Freude macht.
Schon als Junge erkannte ich, dass der Umgang mit Geld …« Aus
dem Off schien ihm jemand Zeichen zu geben, denn Xavier rang plötzlich
die Hände und nickte, was wohl so viel heißen sollte wie Ja,
schon verstanden! »Natürlich gehen wir von Bankseite mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die beiden
Tatverdächtigen das Geld noch nicht ausgegeben haben«, stotterte er.
»Es handelt sich nämlich durchweg um fortlaufend nummerierte große
Scheine, die äußerst schwierig in Umlauf zu bringen sind …«
»Du … du Schleimer, du Riesenfrosch, du Ekelpaket,
du …«
Kochend vor Wut knipste Flora den Fernseher aus.
»Was hab ich jetzt schon wieder verbrochen?«, fragte Anton.
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