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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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soeben weitere fünf Jahre seines Lebens
eingebüßt zu haben.
    »Anton«, beschwor Flora ihn. »Siehst du denn nicht, was der
Kerl da vorhat?«
    Er bremste, hielt an und wischte sich die Schweißperlen von
der Stirn.
    »Du bringst mich noch um.«
    »Und was ist mit ihm?« Flora deutete anklagend auf Xavier, der
gerade ausstieg. »Hast du dazu gar nichts zu sagen?«
    Antons Augen verengten sich. »Moment. Du willst doch nicht
ernsthaft behaupten, er würde …«
    Doch es sah alles danach aus. Xavier ging mit flotten
Schritten und lustig schwingendem Koffer über den Parkplatz, zu dem
verglasten Eingang des großen, prächtigen, stuckverzierten Gebäudes
hinüber.
    Über dem Portal stand in großen, illuminierten Lettern das
Wort Spielcasino.
    Flora und Anton saßen nebeneinander im Trabi
und diskutierten.
    »Wenn wir jetzt nicht reingehen, ist alles zu spät.«
    »Flora, wenn wir jetzt reingehen, ist erst recht alles zu
spät.«
    »Aber er wird unser Geld verspielen, wenn wir nichts
unternehmen!«
    »Es ist nicht unser Geld«, stellte Anton richtig.
    »Aber auch nicht seins. Komm, lass uns reingehen. Wir müssen
das irgendwie verhindern! Wenn er erst alles verloren hat, haben wir
keine Beweise mehr gegen ihn in der Hand!«
    »Um da reinzukommen, brauchen wir Ausweise. Ausweise haben
Nummern. Die werden in jedem Spielcasino kontrolliert. Unsere
Ausweisnummern stehen auf allen Fahndungslisten. Und solche
Fahndungslisten liegen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
auch im Casino aus.«
    Flora fehlten für einen Augenblick die Worte. Vor Bewunderung.
    »Toll!«, sagte sie aufrichtig. »Was du alles weißt! Aber das
macht nichts. Wir haben doch die Pässe von Anita und Tobias.«
    »Du bist verrückt«, erklärte Anton aus tiefster Überzeugung.
    Doch sie war außerdem rechthaberisch. Drei Minuten später
lagen die Pässe aufgeklappt vor ihnen, und Anton und Flora bemühten
sich, jeder auf seine Weise, den Fotogesichtern ähnlicher zu werden.
    Mit der brünetten Perücke konnte Flora durchaus als Anita
durchgehen. Ein bisschen Lippenstift hier, ein wenig Rouge dort, die
künstlichen Haare ins Gesicht gezupft, und schon war sie fertig. Kein
Mensch würde auf die Idee kommen, dass die Frau auf dem Passbild nicht
Flora war.
    Doch Anton war nicht nur sieben Jahre älter als Tobias, er sah
ihm auch nicht im Mindesten ähnlich. Tobias war dunkelhaarig, Anton
blond, Tobias' Wangen waren eher rund, das Gesicht von Anton dagegen
kantig.
    Die Haarfarbe konnte man eventuell noch vernachlässigen, weil
die meisten Blondschöpfe auf Fotos ohnehin dunkler wirken. Doch der
Rest?
    Anton grimassierte wild, um seine Züge jünger, runder und
weicher wirken zu lassen, er versuchte es mit zusammengekniffenen
Augen, mit aufgerissenen Augen, mit zusammengepressten Lippen, mit
offenem Mund, mit geblähten Nüstern. Sogar mit heraushängender Zunge.
    »Es geht nicht«, erklärte er schließlich kategorisch. »Auf
keinen Fall.«
    »Doch! Es muss gehen!«
    »Vergiss es. Ich hab's auch schon vergessen.«
    »Du musst dir Papierbällchen in die Backen stecken«,
behauptete Flora.
    »Mach dich nicht lächerlich«, schnaubte er.
    »Probier's einfach.«
    Er wusste selbst nicht, warum er es tat. Als er sich eine
Minute später im Innenspiegel betrachtete, bereichert um zwei gut
eingespeichelte Blätter aus der Broschüre ›Unsere LPG im Wandel‹ im
Mund, sah er aus wie eine Kreuzung aus Boris Karloff und Donky Kong.
    »Harglhm?«, würgte er.
    »Auf jeden Fall«, bestätigte Flora.
    Sie hätten sich die Mühe sparen können, wie
Anton beim Betreten des Casinos erleichtert feststellte. Der schläfrig
dreinschauende Bursche, der in der Eingangshalle die Ausweise
kontrollierte, warf kaum einen zweiten Blick auf deren Besitzer. Doch
als Anton an die Reihe kam, machte er eine Ausnahme. Er starrte ihn mit
hochgezogenen Brauen von oben bis unten an. Anton brach der Schweiß aus
allen Poren. Am liebsten hätte er sich beide Hände vors Gesicht
gehalten. Wenn er jetzt reden müsste, wär's aus! Auch so, mit
geschlossenem Mund, konnte er kaum verhindern, dass er sabberte wie
eine Bulldogge. Flora nahm seine Hand und drückte sie beruhigend.
Immerhin, schoss es ihm in dumpfer Dankbarkeit durch sein
überstrapaziertes Hirn, sie stand zu ihm. Mitgefangen, mitgehangen.
    Der Mann von der Ausweiskontrolle schien ihn mit seinen Augen
verschlingen zu wollen. Dann sagte er langsam: »Krawatte, der Herr?«
    »Hrglgl?«, grunzte Anton, nach allen Seiten

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