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Ich schnapp' mir einen Mann

Ich schnapp' mir einen Mann

Titel: Ich schnapp' mir einen Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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dort, wo die meisten Leute
unterwegs seien, am wenigsten hingeschaut würde. »Ist doch ganz
einfach«, hatte sie gesagt, »zwei nebeneinander liegende Toiletten.
Klamotten unter der Trennwand durchgeschoben. Fertig. Wer guckt schon
im Hauptbahnhof danach, welche Leute aufs Klo gehen und welche wieder
rauskommen?«
    Anton zog den Reißverschluss der Segeltuchtasche zu und
verstaute anschließend alle Relikte aus seiner Anwaltszeit
einschließlich Robe, Akten, defektem Handy und Edelfüller in Xaviers
Koffer. Den Laptop, den sie mehr oder minder die ganze Zeit mit sich
herumgeschleppt hatten, platzierte er sorgfältig obenauf.
    »Und Buckel«, murmelte Flora, emsig turnend, »und durchhängen.
Und Buckel. Und durchhängen.« Ohne Musik war es nicht dasselbe, fand
sie, also versuchte sie, sich Hildegards Entspannungsmusik vorzustellen
und sie, sozusagen mental, in ihre Übungen einzubeziehen. Doch das
wollte ihr nicht recht glücken. Dafür war die Talkshow im Fernsehen zu
interessant.
    Anton trat zu ihr ans Bett. »Worauf wartest du? Wir müssen
zusehen, dass wir Land gewinnen!«
    Doch Flora registrierte nur mit halbem Ohr, was er sagte, und
davon auch nur das hübsche Synonym für weglaufen. »Guck doch mal, das
ist spannend!«
    »… hören wir nach dem Beitrag des Psychologen zu unserem
aktuellen Thema ›Auf der Flucht‹ nun live und exklusiv hier im Studio
zwei Menschen, die es wissen müssen.« Die Moderatorin der bekannten
nachmittäglichen Live-Talkshow deutete zur halbtransparenten Trennwand,
hinter der sich im Profil die Silhouetten eines Mannes und einer Frau
abzeichneten. Die Frau war unschwer an der wallenden Haarmähne und
ihrem gewaltigen Bauch zu erkennen.
    Anton setzte sich auf die Bettkante.
    »He, wir sind im Fernsehen«, sagte er konsterniert.
    »Das sind wir doch andauernd«, meinte Flora wegwerfend.
    »… sind für unsere Zuschauer natürlich auch alltägliche und
menschliche Belange von Interesse, etwa die Frage, wie Sie
beispielsweise die hygienischen und sexuellen Probleme auf Ihrer Flucht
gelöst haben.«
    Eine künstlich verzerrte Männerstimme sagte hinter der
Trennwand hervor: »Das war wirklich zum Teil eine starke Belastung für
uns. Wir konnten tagelang keine sanitären Einrichtungen aufsuchen. Bei
mir zum Beispiel hat sich bereits nach kurzer Zeit eine chronische
Verstopfung eingestellt. Und wir konnten praktisch keinen Sex haben,
weil wir ja jederzeit aufgespürt werden konnten.«
    »Ah, ja«, sagte die Moderatorin teilnahmsvoll. Sie wandte sich
an einen Mann rechts neben ihr, der durch offen stehendes Hemd und
starke Brustbehaarung hervorstach. »Nun haben wir von Ihnen, Herrn Dr.
Kückelberg, ja vorhin gehört, dass zärtlicher und liebevoller Sex
tatsächlich auch noch bis zum Ende der Schwangerschaft möglich
ist …«
    »Allerdings ohne Penetration«, warf Herr Dr. Kückelberg ein.
    »Genau«, sagte die Moderatorin. Zur Trennwand gewandt fuhr sie
fort. »Nun, gnädige Frau, empfanden Sie die Umstände Ihrer Flucht
ebenfalls als Beeinträchtigung Ihres Sexuallebens?«
    Eine künstlich verzerrte Frauenstimme antwortete: »Ich hätte
gerne öfter, das ist sicher richtig. Mich hat aber auch gestört, dass
ich …«
    Plötzlich entstand Tumult im Fernsehstudio. Zwei Polizisten
stürmten aus der Kulisse, drängten die protestierend aufgesprungene
Moderatorin zur Seite und rissen die Trennwand weg. Zwei Männer wurden
sichtbar, betreten auf ihren Schemeln hockend. Die ›Frau‹ hatte eine
Art Faschingsperücke auf dem Kopf und ein Kissen um die Mitte gebunden.
Im nächsten Augenblick flackerte das Fernsehbild und brach zusammen, um
sofort durch das Senderlogo ersetzt zu werden. Der Ton hielt sich ein
paar Sekunden länger, man hörte das schrille Geschrei der Moderatorin,
die sich auf die Pressefreiheit berief und sich jede Zensur verbat;
dann verstummte sie unvermittelt, und es erklang sanfte, klassische
Musik.
    Flora prustete los und fiel kraftlos aufs Bett.
    »Ich weiß nicht, ob ich das komisch finden soll«, sagte Anton
langsam.
    Flora kicherte haltlos. »Wenn das nicht komisch ist, was dann?«
    »Ich denke über die rechtliche Seite nach. Im Prinzip war das
gerade eine eklatante Verletzung unseres Persönlichkeitsrechts. Wenn
ich mir überlege, was wir dafür hätten nehmen können!«
    »Für die Verletzung?«
    »Nein! Für einen Auftritt in diesem dämlichen Studio! Diese
Gangster! Sie hätten uns ja wenigstens ein Angebot machen können!«
    Flora warf den Kopf zurück und

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