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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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und schließlich fing ich zu lachen an, weil auf einmal alles so gut zusammenpasste. Der Schrank voller Honiggläser, die Kästen im Garten, der alberne Raumanzug.
    »Sie kennen meine Tante.«
    »Ah.«
    Ich wusste nicht recht, was ich von dieser Antwort halten sollte. Die Frau machte keinen überraschten Eindruck und stellte mir auch keine Fragen. Und sie hielt immer noch meine Hand. Weil sie Nonne war und ich nicht respektlos erscheinen wollte, zog ich meine Hand auch nicht einfach weg, obwohl es mich halb wahnsinnig machte. Um mich abzulenken, plapperte ich weiter.
    »Meine Tante ist Rosaleen, und mein Onkel ist Arthur. Er ist hier der Grundstücksverwalter. Die beiden wohnen im Torhaus. Wir wohnen zurzeit auch da … für eine Weile.«
    »Wir?«
    »Meine Mum und ich.«
    »Oh.« Ihre Augenbrauen zogen sich so weit in die Höhe, dass ich an zwei Raupen denken musste, die sich gerade in Schmetterlinge verwandeln und gleich wegfliegen wollen.
    »Hat Rosaleen Ihnen das nicht erzählt?«, fragte ich ein bisschen beleidigt, obwohl ich andererseits auch ganz dankbar war, dass Rosaleen auf unsere Privatsphäre Rücksicht nahm. Wenigstens würde sich nicht gleich das ganze Kuhdorf ohne Kühe über die neuen Einwohner das Maul zerreißen.
    »Nein«, antwortete die Frau. Und dann wiederholte sie ernst und mit Nachdruck: »Nein.«
    Da sie mir ein bisschen ungehalten vorkam, begann ich Rosaleen zu verteidigen. Schließlich wollte ich ja ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzen – falls die beiden wirklich befreundet waren. »Bestimmt wollte sie nur diskret sein und uns etwas Zeit lassen, um … um besser zurechtzukommen, ehe sie den anderen etwas von uns erzählt.«
    »Besser zurechtzukommen? Womit denn zurechtzukommen?«
    »Mit dem Umzug hierher«, antwortete ich langsam. War es schlimm, wenn man eine Nonne anlog? Na ja, ich log ja nicht wirklich … aber auf einmal bekam ich Panik. Mir wurde heiß und kalt. Schwester Ignatius sagte etwas, aber ich hörte gar nicht zu, weil ich nur daran denken konnte, dass ich sie angelogen hatte und dass es doch die zehn Gebote gab und die Hölle und alles. Und nicht nur das, ich dachte auch, wie angenehm es wäre, ihr alles zu erzählen. Sie war Nonne, da konnte ich ihr doch wahrscheinlich vertrauen.
    »Mein Vater ist gestorben«, platzte ich heraus und unterbrach sie mitten in einem sicher sehr netten Satz. Meine Stimme zitterte dabei ganz entsetzlich, und auf einmal liefen mir, genau wie damals bei Cabáiste, die Tränen über die Wangen.
    »Oh, Kind«, sagte Schwester Ignatius und nahm mich in den Arm. Das Buch geriet zwischen uns, weil ich es immer noch umklammerte, und weil sie eine Nonne war, legte ich, obwohl ich sie überhaupt nicht kannte, den Kopf auf ihre Schulter und ließ meinem Kummer freien Lauf. Mit Rotz- und Schluchzgeräuschen und allem. Sie wiegte mich sanft und strich mir beschwichtigend über den Rücken. Doch mitten in meinem Ausbruch, an einer besonders peinlichen Stelle – »Warum hat er das bloß gemacht? Waruuuuuum …?«, heulte ich gerade –, flog mir eine Biene ins Gesicht und knallte so heftig gegen meine Lippe, dass ich aufschrie und mich hastig aus Schwester Ignatius’ Armen befreite.
    »Eine Biene!«, kreischte ich, sprang herum wie besessen und versuchte, ihr auszuweichen. »O mein Gott, tun Sie doch was! Sie soll weggehen!«
    Aber Schwester Ignatius beobachtete mich nur mit leuchtenden Augen.
    »O mein Gott, Schwester Ignatius, bitte!« Ich wedelte verzweifelt mit den Armen. »Auf Sie hören die Biester doch bestimmt, es sind doch Ihre Bienen, oder nicht?«
    Da streckte Schwester Ignatius den Zeigefinger aus und rief mit tiefer, gebieterischer Stimme: »Sebastian, aus!«
    Ich fuhr herum und starrte sie an. Meine Tränen waren versiegt. »Das meinen Sie jetzt nicht ernst, oder? Sie können Ihren Bienen doch keine Namen geben.«
    »O doch, da drüben sitzt Jemima in einer Rose, und das dort auf der Geranie ist Benjamin«, erwiderte sie munter.
    »Unmöglich«, sagte ich und wischte mir übers Gesicht. Ich genierte mich. »Und ich dachte,
ich
hätte psychische Probleme.«
    »Natürlich meine ich das nicht ernst«, gab Schwester Ignatius zurück und fing an zu lachen, ein wundervoll klares, ungekünsteltes, kindliches Lachen, bei dem ich augenblicklich grinsen musste.
    Ich glaube, in diesem Moment wusste ich, dass ich Schwester Ignatius mochte.
    »Ich heiße Tamara.«
    »Ja«, antwortete sie und musterte mich, als hätte sie das schon längst

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