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Ich schreib dir morgen wieder

Titel: Ich schreib dir morgen wieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecilia Ahern
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sie lieber alleine essen möchte.«
    »Was soll das denn?«, rief ich und warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Was ist denn mit euch los? Warum legt ihr solchen Wert darauf, sie zu isolieren und einzusperren?«
    »Niemand will sie einsperren.«
    »Warum gehst du nicht hoch und redest mal mit ihr?«
    »Ich?«
    »Ja, du. Schließlich bist du ihr Bruder, du kannst doch wenigstens versuchen, sie zu uns zurückzuholen.«
    Er hielt sich abrupt die Hand vor den Mund und schaute in die andere Richtung.
    »Arthur, du musst mit ihr sprechen. Sie braucht ihre Familie.«
    »Tamara, sei still«, zischte er, was mich ziemlich schockierte.
    Einen Moment wirkte er gekränkt. Dann sah ich eine tiefe Traurigkeit in seinen Augen aufflackern. Doch auf einmal fasste er sich doch ein Herz, schaute kurz zur Küchentür, wandte sich dann wieder mir zu und flüsterte: »Tamara, hör zu …«
    »Na, da wären wir! Es geht ihr großartig.« Atemlos kam Rosaleen wieder in die Küche getrippelt. Arthur ließ sie nicht aus den Augen, bis sie auf ihrem Stuhl saß.
    »Was?«, fragte ich Arthur. Vor Spannung war ich auf die Stuhlkante vorgerutscht. Was wollte er mir sagen?
    Wie ein Radar, der ein Signal aufgenommen hat, drehte sich Rosaleens Kopf in meine Richtung.
    »Worüber redet ihr denn?«
    Ausnahmsweise fand ich Arthurs Schleimschnauben angebracht, denn es reichte als Antwort auf Rosaleens Frage vollkommen aus.
    »Greift zu«, trällerte sie weiter und hantierte munter mit Vorleglöffeln und Gemüseschüsseln.
    Es dauerte eine Weile, bis Arthur zu essen begann. Und er aß nicht viel.
    In der Nacht saß ich lange da, starrte in das Tagebuch, das aufgeschlagen auf meinem Schoß lag, und wartete darauf, dass Wörter erschienen. Leider hielt ich nicht bis Mitternacht durch, doch als ich um eins wieder erwachte, lag das Tagebuch immer noch genauso auf meinem Schoß, und sämtliche Zeilen waren in meiner Handschrift beschrieben. Die Vorhersage von gestern war verschwunden, dafür gab es jetzt einen neuen Eintrag, einen Eintrag für morgen.
    Sonntag,
5
. Juli
    Ich hätte Weseley nichts von Dad erzählen sollen.
    Ich las den ersten Satz noch ein paarmal. Wer in aller Welt war Weseley?

Kapitel 12
    Das Menetekel
    Vermutlich war es unvermeidlich, dass ich in der Nacht diesen Traum hatte.
    Nachdem ich den neuen Eintrag zur Kenntnis genommen hatte, konnte ich ironischerweise nicht mehr einschlafen. Hellwach lag ich im Bett, und meine Gedanken kreisten unaufhörlich um den Tagebucheintrag, den ich am Nachmittag im Schloss gelesen hatte. Zum Glück hatte ich die Zeilen so oft gelesen, dass ich sie fast auswendig konnte, bevor der Text wieder verschwunden war. Und heute war alles wahr geworden. Ob sich die Prophezeiungen für den morgigen Tag wohl ebenso erfüllen würden? Oder war alles doch nur ein schlechter Scherz? Vielleicht hatte ja auch Schwester Ignatius recht, und es handelte sich um belanglose schlafwandlerische Kritzeleien, die zufällig mit der Wirklichkeit übereinstimmten.
    Anscheinend machten Menschen im Schlaf ja wirklich die seltsamsten Dinge. Ich hatte schon von Schlafepilepsie, sonderbaren sexuellen Praktiken, somnambulem Putzen und sogar von Morden gehört, die angeblich im Schlaf begangen worden waren. In zwei ziemlich bekannten Fällen waren die Täter in die Psychiatrie eingeliefert worden, wo sie die Nächte von nun an allein und hinter verschlossenen Türen verbringen mussten. Ob ich das in einer der Dokumentationen gesehen hatte, die Mae sich so gern im Fernsehen anschaute, oder ob es eine Folge von Perry Mason gewesen war –
Perry Mason und die Nichte des Schlafwandlers
 –, wusste ich allerdings nicht mehr genau. Aber egal – wenn das alles möglich war, dann war sicher nicht auszuschließen, dass ich im Schlaf Tagebuch geschrieben und beim Schreiben die Zukunft vorausgeahnt hatte.
    Aber ehrlich gesagt konnte ich eher daran glauben, dass man im Schlaf fähig war zu morden.
    Da ich wusste, was ich träumen würde – zumindest, wenn es stimmte, was die Tamara von morgen aufgeschrieben hatte –, versuchte ich, mir Methoden auszudenken, wie ich den Traum verändern und vielleicht verhindern konnte, dass Dad sich in meinen Englischlehrer verwandelte. Ich wollte lieber, dass er bei mir blieb und wir die Chance hatten, uns ein bisschen zu unterhalten. Ich versuchte mir irgendeinen Code auszudenken, etwas, was nur Dad verstand – vielleicht war es möglich, ihn damit aus dem Totenreich herbeizurufen und mit ihm

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