Ich sehe dich
sträubte sich gegen diesen Verdacht. Vielleicht, weil sie diese taffe Frau mochte. Sie wollte, dass sie unschuldig war
»Möchtest du lieber allein dorthin?«
Sie schaute ihn dankbar an. »Nein! Es wäre toll, wenn du mitkommst, aber … Ich meine, klar, Valeska wusste über alles Bescheid, sogar, wo Tini wohnt. Aber warum sollte sie die Frauen aus einem Gefängnis befreien, nur um sie in ein anderes hineinzumanövrieren?«
»Vielleicht hat sie das nicht vor. Vielleicht plant sie, sich zu bekennen und unterzutauchen. Aber damit sie weiter töten kann, muss sie die Schuld auf die anderen lenken.«
»Eine Rachegöttin?«
»Eine von Hass getriebene Psychopathin.« Er nahm zwei Kekse aus der Keramikschale auf dem Couchtisch, gab Sara einen davon und steckte sich den anderen in den Mund. »Immerhin hat Valeska die Folterkammer ins Leben gerufen. Sie hätte das von langer Hand planen können. Bereits das Forum könnte Teil des Plans gewesen sein.«
»Ich finde, sie ist eine tolle Frau«, sagte Sara. »Irgendwie möchte ich nicht glauben, dass sie die Täterin sein könnte. Aber du hast natürlich Recht, es spricht vieles dafür.«
Sie seufzte laut und fuhr fort. »Und bei den meisten Serienmördern fallen die Nachbarn und Freunde aus allen Wolken, wenn es herauskommt.«
»Das stimmt. Allerdings gibt es praktisch keine Serienmörder innen .« Er angelte sich noch einen Keks aus der Schale. »Und wenn, dann bringen sie meist ihre eigenen Männer um, wie die schwarze Witwe von Göttingen, oder töten ihre Kinder.«
»Und Dr. Rosen? Sie hatte Tini, Kathi und Anja in Therapie und kennt die Folterkammer.«
Er sah sie fragend an. »Motiv?«
»Psychopathin mit Männerhass?«
Er schüttelte den Kopf. »Mir fehlt der emotionale Bezug.«
»Wer bleibt dann noch? Marie? Petra? Oder jemand anderes aus dem Forum? Vielleicht jemand, der nicht bei der Gesprächsrunde dabei ist?«
»Halte ich nur für valide, wenn zügig weitere Morde verübt werden. Also, wenn jemand von sich ablenken will. Ich sehe sonst die Motivation einer geprügelten Frau nicht, andere zu befreien und selbst in der Hölle zu verharren.« Er legte seinen Block weg und stand auf. »Was hältst du von einer Kleinigkeit zu essen? Ich gehöre zu den Menschen, die mit vollem Magen deutlich besser denken können.«
62
Scheppernd flog die Bierdose durch die stille Nacht. Vier schnelle Schritte, dann krachte sie gegen sein nächstes Ziel. Die entgegenkommende Passantin wechselte schnell den Bürgersteig, hielt sich dicht bei den Häuserreihen, als sie auf seiner Höhe war. Hab ruhig Angst, wollte er ihr zubrüllen, alle sollt ihr Angst vor mir haben, ihr Luder, alle seid ihr Luder.
Wie diese Sara.
Zwei Mal hast du meine Pläne durchkreuzt. An einem Tag.
Dabei wirkte sie so unschuldig. Typisch Frau. Falsch und hinterlistig wie eine Schlange.
Du hast mich angelogen und mir dabei ins Gesicht gelächelt. Wie Lydia. Genau wie sie. Genauso verlogen und berechnend. Du hast gewusst, dass du in der Falle steckst. Ich konnte deine Anspannung spüren, als ich mit dir die Straße überquerte. Dabei hattest du mich erst auf die Idee gebracht, dich in diesen dicht bewachsenen Vorgarten zu schleppen.
Es wäre perfekt gewesen. Noch zwei Meter. Dann mit einer schnellen Bewegung hinter den Busch, die Hände um den Hals.
Weißt du, dass du nicht mehr schreien kannst, wenn meine Hände sich einmal um deinen Hals gelegt haben? Wenn dein Kehlkopf eingedrückt, und dein Zungenbein gebrochen ist?
Dein Mann hat dich heute nochmal gerettet.
Heute. Heute hattest du Glück.
Aber morgen, morgen ist ein neuer Tag.
Vergiss nicht, es sind meine Spielregeln.
Wieder trat er gegen die Bierdose. Eiernd schepperte sie über den Gehsteig, fiel vom Rinnstein und verschwand unter einem geparkten Opel.
63
Sara leckte sich die Tomatensauce von den Fingern, als sie bemerkte, dass Michael sie versonnen beobachtete. Sie nahm die Serviette vom Tisch und putzte sich Mund und Hände ab.
»Das hat gutgetan!« Sie rieb sich ihren Bauch. »Danke.«
»Dein Tag schrie nach Pizza.« Er nahm die Teller und trug sie in die Küche.
»Die Figur auf dem Flügel ist schön«, bemerkte sie, als er wieder ins Wohnzimmer trat. »Dr. Rosen hat eine ähnliche. Du weißt, die Psychologin, die Tini dir empfohlen hatte. Dort waren wir heute. Zur Eheberatung.«
Er beugte sich über den Tisch und schenkte Wein ein. Mit dem Fuß schaltete er den Stecker der Stereoanlage an und setzte sich zu ihr. Aus den
Weitere Kostenlose Bücher