Ich sehe was, was du nicht siehst
hatte sie ihre Bluse aufgeknöpft und sich vor Damon hin- und hergedreht. Danach hatte sie die Knöpfe wieder geschlossen und sich auf die Bank gesetzt.
Pierce, Lieutenant Hamilton und ein halbes Dutzend Polizisten überwachten das Geschehen aus zehn Metern Entfernung. Damon hob die gefesselten Handgelenke, die durch eine Kette mit dem Rollstuhl verbunden waren.
»Dein Liebster ist ein bisschen paranoid, findest du nicht?«
Pierce verhielt sich definitiv paranoid. Er hatte nichts dem Zufall überlassen. Nicht nur, dass er Damons Hände und Füße an den Rollstuhl gefesselt hatte, er hatte auch Madisons Hände mit Handschellen an der Bank fixiert.
Aber als sie den Mann anstarrte, der ihr so vieles genommen hatte, musste sie sich eingestehen, dass Pierce klug gehandelt hatte. Denn in diesem Moment wünschte sie sich nichts sehnlicher, als sich auf ihren früheren Ehemann zu stürzen und ihm den Hals umzudrehen.
Das Sonnenlicht glitzerte auf dem Ring, den Damon an der linken Hand trug, und Madison zuckte überrascht zusammen. Es war ein Ehering – der Ehering, den sie selbst ihm angesteckt hatte.
Er bemerkte ihr Interesse und hob die Hand mit einem sardonischen Grinsen.
»Warum?«, fragte sie.
»Ich nehme unser Eheversprechen ernst.« Er beugte sich ein wenig vor. »Bis dass der Tod uns scheidet. Und bis jetzt leben wir noch – alle beide.«
Sie warf Pierce, der in zehn Metern Entfernung hinter Damon stand, einen fragenden Blick zu. Er nickte ihr beruhigend zu. Sie holte tief Luft. »Warum hast du meinen Vater ermordet?«
Damon zog die Brauen hoch. »Warum sollte ich wohl meinen geschätzten Schwiegervater umbringen? Schäm dich, so etwas auch nur zu denken.«
Sie hob die Faust, doch die Kette hinderte sie daran, sich mehr als ein paar Zentimeter zu bewegen.
Er lachte. »Du hast immer noch nicht gelernt, dein Temperament zu zügeln. Das wird dich eines Tages noch umbringen.«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Bei all den Pistolen, die gerade auf mich gerichtet sind? Natürlich nicht. Dafür habe ich mich viel zu gut im Griff.«
»Du wolltest reden. Also rede.«
Das Lächeln auf seinen Lippen erstarb, während er sich so weit vorbeugte, wie es die Ketten erlaubten. »Du willst, dass ich zur Sache komme? Na schön. Ich habe dir eine Million Dollar hinterlassen. Ehrlich gesagt hatte ich damals noch andere Ressourcen und dachte, dass du das Geld vielleicht brauchst – zumindest, bis du deinen Anteil aus dem Erbe deines Vaters ausgezahlt bekommst. Aber jetzt liegen die Dinge anders. Ich will das Geld zurück.« Er sprach leise, so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.
Sie beugte sich ebenfalls vor. »Von mir bekommst du keinen Cent. Der Mörder meines Vaters bekommt von mir kein Geld.«
Er warf einen Blick auf die Polizisten, die sie beobachteten. »Wenn ich du wäre, würde ich leiser sprechen, meine Süße, und vor allem würde ich aufpassen, was ich sage. Ich wäre nicht in meinem Rollstuhl hier hereingerollt, wenn ich mir nicht sicher wäre, alle Trümpfe in der Hand zu halten. Was hast du denn gedacht, was all die Fotos in dem Raum bedeutet haben, in dem ich dich gefangengehalten habe?«
Verzweifelt rang sie die Hände im Schoß. Damon gab offen zu, sie entführt zu haben, doch niemand hörte es. »Du kannst meiner Familie nichts tun. Sie sind alle in Schutzgewahrsam.«
»Wie geht es denn eigentlich meiner wunderbaren Schwiegermutter?«, fragte er. »Und meiner neuen Schwägerin. Sie heißt Amanda, nicht wahr? Sie ist eine ziemliche Wucht – aber natürlich nur, wenn man sie von links betrachtet.« Er schnitt eine Grimasse. »Diese schartige Narbe auf ihrer rechten Gesichtshälfte ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich schätze, nach einer Weile könnte ich mich auch damit anfreunden.«
Madison riss an ihren Fesseln. »Was willst du?«, zischte sie.
»Eine Million Dollar.«
»Der Mörder meines Vaters bekommt von mir kein Geld«, wiederholte sie.
»Entweder du zahlst, oder deine Mutter ist so gut wie tot, zusammen mit ihrem neuen Ehemann. Als Nächstes kommt Amanda. Und dann, zu guter Letzt, ist dein geliebter Bruder an der Reihe. Sie können nicht alle den Rest ihres Lebens in Schutzgewahrsam verbringen.« Er lächelte. »Aber vielleicht doch. Sobald sie den Gewahrsam nämlich verlassen, sind sie tot. Es sei denn, du zahlst.«
»Warum machst du das? Warum hast du ausgerechnet mich zur Zielscheibe erkoren? Hast du dir überhaupt jemals etwas aus mir gemacht?«
»Als ich dich
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