Ich sehe was, was du nicht siehst
hatte.
»Ich schulde weder Ihnen noch Mrs McKinley einen Gefallen, vor allem wenn man bedenkt, wie lange Sie mich angelogen haben. Ich werde wegen keinem von Ihnen meinen Job aufs Spiel setzen, solange ich keinen Beweis gegen Damon McKinley in der Hand habe. Das FBI wird den Fall nun übernehmen und herausfinden müssen, ob sie genug haben, um ihn anzuklagen. Nichtsdestotrotz habe ich meinen Männern den Befehl gegeben, Mr McKinley zu beschatten. Sobald Casey genug Beweise für einen Haftbefehl hat, schaffe ich McKinley aufs Revier. Aber keine Minute vorher.«
»Aber Sie haben hinreichende Verdachtsmomente für eine ganze Reihe von Verbrechen.«
»Ich kann ihn trotzdem nur für vierundzwanzig Stunden festhalten. Wenn ich bis dahin keine Beweise habe, die vor einem Gericht standhalten, ist er frei.«
»Das ist er ja ohnehin schon.«
»Wenn Sie möchten, dass ich ihn festhalte, dann helfen Sie mir. Erklären Sie mir, wie ein Querschnittsgelähmter Mrs McKinley entführt und in einen Kofferraum gehievt haben soll. Ein Rollstuhl kam in ihrer Geschichte nicht vor.«
Pierce fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Ich kann es mir nicht anders erklären, als dass er nur vorgibt, gelähmt zu sein.«
»Warum? Und wie?«
»Das W
ie
kann ich Ihnen nicht erklären. Zumindest jetzt noch nicht. Aber für das
Warum
bekommen wir sicherlich eine Erklärung, wenn wir mit Madison reden und herausfinden, was Damon von ihr wollte.« Er ging an Hamilton vorbei, riss die Tür auf und ging hinein. Nachdem er die Zentrale betreten hatte, brauchte er nicht lange, um festzustellen, dass Madison nicht dort war. Er blieb vor dem Schreibtisch des Polizisten stehen, dessen Brieföffner Damon vorhin benutzt hatte.
»Wo ist Mrs McKinley?«
»Sie hat gesagt, sie hätte noch etwas zu erledigen.«
»Und Sie haben sie gehen lassen? Obwohl Sie wissen, dass Damon McKinley frei herumläuft?«
Der Polizist machte große Augen. »Hätte ich sie aufhalten sollen?«
Pierce fluchte und sprintete durch die Zentrale zum Fahrstuhl. Was hatte Madison diesmal vor? Er betete, dass er sie in die Finger bekam – und zwar bevor
sie
Damon in die Finger bekam.
25
Als Madison die Bank verließ und Pierce sah, der lässig gegen die Seite seines illegal geparkten Wagens lehnte, blieb sie abrupt stehen. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah aus, als würde er sie am liebsten erwürgen.
»Erklär’s mir«, sagte er nur. Seine Stimme klang rau.
Sie umklammerte ihre Handtasche und blieb vor ihm stehen. »Ich musste unbedingt da raus, um einen klaren Kopf zu bekommen. Und dann ist mir eingefallen, dass ich bei dem ganzen Durcheinander vergessen habe, meine monatliche Hypothekenrate zu bezahlen.«
Er sah in den Himmel, als würde er um göttlichen Beistand beten. »Na klar, du bist zur Bank gefahren, um deine Hypothekenrate zu bezahlen. Erwartest du ernsthaft von mir, dass ich dir das glaube?«
»Natürlich. Das ist die Wahrheit.«
Er streckte die Hand aus. »Gib mir deine Tasche.«
»Wie bitte?«
Er zog eine Augenbraue hoch. »Wenn du nur hergekommen bist, um die Hypothekenrate zu zahlen, hast du nichts zu verbergen.«
»Wenn du sie unbedingt haben willst, bitte.« Sie knallte ihm die Tasche hin. »Aber sie passt farblich nicht besonders gut zu deinem Outfit.«
Er verdrehte die Augen und ließ die Tasche auf seine Motorhaube fallen. Er musterte Madison überrascht, als er in der Tasche tatsächlich die Quittung für die Hypothekenzahlung fand. Doch als sie die Hand ausstreckte, um die Tasche wieder entgegenzunehmen, ignorierte er sie und beendete seine Suche in aller Ruhe.
Als er fertig war, schob er alle Utensilien zurück in ihre Handtasche und hielt sie ihr hin. »Mein Fehler. Ich dachte, Damon hätte Geld von dir gefordert und du hättest einen Scheck für ihn besorgt. »Wollte er denn Geld von dir?«
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Ja. Er will eine Million Dollar, aber ich werde sie ihm nicht geben. Ich gebe dem Mann, der meinen Vater getötet hat, kein Geld. Nicht einen Cent bekommt er von mir.«
Sein verärgerter Gesichtsausdruck wich einer Miene, aus der Zustimmung und Erleichterung sprachen. Er nickte kurz. »Das ist gut zu wissen. Mit Leuten wie ihm kann man nicht verhandeln. Egal, welche Vereinbarung ihr trefft, er würde sich nicht daran halten. Er ist gefährlich. Das Einzige, was bei ihm hilft, ist, ihn zu überführen und einzusperren. Da ich gerade davon spreche – Logan hat angerufen. Er ist in Montana und hat
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