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Ich soll nicht töten

Ich soll nicht töten

Titel: Ich soll nicht töten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Lyga
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Schwäche vor Dear Old Dad gezeigt hatte.
    Die Wachen setzten Billy auf den Stuhl und schlossen seine Handgelenkskette an den Tisch. Billy faltete die Hände.
    Und dann war Jazz allein mit seinem Vater, und die beiden sahen einander über den Tisch hinweg an, nur getrennt durch einen knappen Meter leeren Raum und einen imaginären Zaun.
    » Ist schon wieder Vatertag?«, fragte Billy jovial, als wäre keine Zeit vergangen, als wäre es nicht vier Jahre her.
    Jazz wog seine Worte sorgfältig ab. Billy Dent machte gern den Eindruck eines Bauernlümmels oder Hinterwäldlers, aber nichts konnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Sein IQ lag oberhalb des messbaren Bereichs, er hatte zwei Psychiater– einen vom FBI , einen von einer Interessenvertretung der Opfer– zur Aufgabe ihres Berufs getrieben. Er war Genie und pure Schlechtigkeit in einem, und wehe, man vergaß es, wenn man mit ihm sprach.
    » Du findest das also alles lustig?«, fragte Jazz in gleichgültigem Ton. » Du amüsierst dich?«
    Billy reckte den Hals nach links, dann nach rechts, bis es hörbar knackte. » Das Leben amüsiert mich, Jasper. Bis es mich nicht mehr amüsiert.« Er grinste. » Wenn du ein glücklicher Mensch bist, findest du an allen möglichen Orten dein Vergnügen. Selbst hier drin.«
    » Im Fernsehen war einmal ein Psychiater«, sagte Jazz kühl. » Der meinte, du würdest dich im Gefängnis wahrscheinlich umbringen.«
    Billy lachte. » Mich umbringen? Und das alles hier kaputt machen?« Er konnte mit seinen gefesselten Händen nicht gestikulieren, deshalb deutete er mit einem Nicken in den Raum.
    » Trotzdem überrascht es mich, dass du so gesund und munter bist. Ich dachte, es gibt eine Hackordnung im Gefängnis.«
    » Natürlich gibt es die!« Billy lehnte sich zurück und lachte auf. » Und was für eine Hackordnung es hier gibt! Und in der steht dein guter alter Vater ganz oben. Wenn du eine dreistellige Zahl neben deinem Namen stehen hast, machen sie dich hier zu so einer Art König. Wie beim Damespiel, verstehst du?«
    » Ich dachte, jemand würde dich mit einem selbst gebastelten Messer abstechen. Beweisen, was für eine große Nummer er ist, indem er Billy Dent erledigt.«
    » Nun ja…«, Billys träge Sprechweise wurde noch gedehnter, » …ich behaupte nicht, dass es keine… Auseinandersetzungen gegeben hätte in den letzten Jahren. Es gab zweifellos so etwas wie… eine Einarbeitungszeit, würde ich es mal nennen.«
    Er setzte ein Lächeln auf, das für jeden anderen warmherzig ausgesehen hätte. Jazz erinnerte sich aus der Nacht an dieses Lächeln, in der er ihm beigebracht hatte, wie man ein Kniegelenk in weniger als fünf Minuten durchsägt. Erst musst du unter die Kniescheibe kommen, zu dem, was die Ärzte die Patellasehne nennen, ja?
    » Aber jetzt komme ich mit den Leuten hier drin prima aus. Sie haben mich verstanden und ich sie. Das Gefängnis ist kein so schlechter Ort für Leute wie uns, Jasper.«
    Zu spät versuchte Jazz, bei der Bemerkung nicht zusammenzuzucken. Er hatte bereits reagiert, und Billy hatte es gesehen, er hatte gesehen, dass es ihm unter die Haut gegangen war. Jazz verkniff sich die erwartete Erwiderung– Ich bin nicht wie du! –, weil er wusste, dass Billy bereits einen Gegenangriff parat hatte.
    » Freut mich, dass es dir gut geht«, sagte er stattdessen und tat, als würde er es so meinen.
    Billy zögerte und überlegte, ob er ihm glauben sollte oder nicht. » Du solltest dir meinen Tod sowieso nicht wünschen. Weißt du, was mich dazu veranlasst hat, auf die Pirsch zu gehen? Der Tod meines eigenen Vaters. Gott, wie ich diesen Mann geliebt habe. Als er starb, bin ich einfach hergegangen und habe getan, wozu ich Lust hatte. Geht vielen von uns so: Gein, Speck, de Rais. Und mir. Und vielleicht dir. Was hältst du davon? Wäre das nicht ein Knaller, wenn dein Wunsch in Erfüllung ginge und ich sterbe würde, und alles, was es bewirkt, ist…« Er sprach nicht zu Ende und starrte ins Leere. » Aber genug von diesem morbiden Gerede.« Er lächelte. » Wenn ein Mann sein Lebenswerk vollendet hat– und es gut gemacht hat, Jasper–, kann er glücklich und zufrieden in den Ruhestand gehen.«
    Jazz lachte spöttisch. Billy konnte so viel von » Ruhestand« faseln, wie er wollte, sie wussten beide, der Alte wäre draußen tausendmal glücklicher. Auf der Pirsch.
    » Das hier soll also dein Ruhestand sein? Kam ein bisschen früher als erwartet, oder?«
    Billy lächelte wieder dieses warme

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